Haben Sie in den 90er- oder 2000er-Jahren einen Prämiensparvertrag abgeschlossen? Dann sollten Sie hellhörig werden. Vielen Kunden der Sparkasse und Volksbanken steht wegen unwirksamer Klauseln teils nachträglich Geld zu.

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Seit Jahren streiten Verbraucherschützer mit Sparkassen und Volksbanken vor Gericht über Nachzahlungen wegen unwirksamer Zinsklauseln bei Prämiensparverträgen. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat nun in einem Urteil erstmals einen Referenzzins für die Nachberechnung der Zinsen bestätigt. Konkret ging es um zwei Entscheidungen der Oberlandesgerichte Naumburg und Dresden, die eine Zinsberechnung auf Grundlage der Umlaufrendite börsennotierter Bundesanleihen mit 8 bis 15 Jahren Restlaufzeit festgelegt hatten. Der Referenzzinssatz habe der Überprüfung des BGH standgehalten, so der Senat.

Bei Prämiensparverträgen erhalten Sparerinnen und Sparer zusätzlich zum variablen Zins eine meist nach Vertragslaufzeit gestaffelte Prämie. Je länger regelmäßige Sparbeiträge eingehen, umso höher fällt die Prämie aus. Solche Sparverträge wurden in den 1990er- und Anfang der 2000er-Jahre vertrieben – vor allem von Sparkassen ("Vorsorgesparen", "Vermögensplan"), aber auch von Volks- und Raiffeisenbanken ("Bonusplan", "VRZukunft").

Sollten Sie einen dieser Verträge haben, sollten Sie jetzt aktiv werden und die Zinsen nachrechnen lassen. Dafür können Sie den Musterbrief der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen verwenden.

Geld zurück – aber wie viel kann man erwarten?

Viele dieser Verträge enthalten dabei Klauseln, die Geldhäusern einseitig das Recht einräumen, die zugesicherte Verzinsung nach Belieben zu ändern. Die Bank konnte den Zins so zum eigenen Vorteil anpassen, also verringern. Der BGH erklärte das bereits vor 20 Jahren für rechtswidrig. Wie die Zinsen für diese Produkte stattdessen zu berechnen sind, war bisher aber nicht höchstrichterlich geklärt.

Das wollten die Verbraucherzentralen ändern. Da der von den Oberlandesgerichten festgelegte Referenzzinssatz ihnen nicht ausreichte, legten sie gegen die entsprechenden Entscheidungen Revision ein. Sie wollten vom BGH stattdessen feststellen lassen, dass die Zinsen auf Basis der letzten zehn Jahre von Umlaufrenditen inländischer Hypothekenpfandbriefe mit einer garantierten Restlaufzeit von 10 Jahren berechnet werden. Sie forderten zudem gleitende Durchschnittswerte. Der BGH lehnte dies wie schon die Vorinstanzen am Dienstag ab.

Der Elfte Zivilsenat in Karlsruhe fand keinen Grund, den von den Oberlandesgerichten herangezogenen Referenzzinssatz zu beanstanden. Die Umlaufrendite börsennotierter Bundeswertpapiere mit 8 bis 15 Jahren Restlaufzeit als Grundlage entspreche den Anforderungen an Referenzzinssätze, erklärte der Vorsitzende Richter, Jürgen Ellenberger. Der Zinssatz begünstige weder Sparer noch die beklagten Sparkassen. Er spiegele zudem die jeweils aktuellen Zinsen am risikolosen Kapitalmarkt wider.

Verbraucherschützer sind positiv gestimmt

Trotz der zurückgewiesenen Revision zeigten sich die Verbraucherverbände nach dem Urteil positiv gestimmt. Es sei ein guter Tag für geprellte Prämiensparer, kommentierte die Vorständin des Verbraucherzentrale-Bundesverbands, Ramona Pop. "Der Bundesgerichtshof hat einen Maßstab festgelegt, wie Sparkassen falsch berechnete Verträge neu berechnen müssen." Nun müssten die Sparkassen tätig werden und Entschädigungen in die Wege leiten.

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Die Verbraucherzentralen sind der Auffassung, dass betroffene Bankkunden im Schnitt 1.000 bis 2.000 Euro an Zinsen zu wenig erhalten haben. Auch die BGH-Urteile bekräftigen das. Die Höhe der Nachzahlungszinsen hängt vom regelmäßigen Sparbeitrag, der Vertragslaufzeit und dem Referenzzinssatz der Sparkasse ab.

Auch die Finanzaufsicht Bafin begrüßte das BGH-Urteil. "Die endgültigen Entscheidungen des Bundesgerichtshofs sind eine wichtige Klarstellung für den kollektiven Verbraucherschutz", sagte Bafin-Exekutivdirektor Thorsten Pötzsch. "Wir werden jetzt die Urteilsgründe auswerten und prüfen, ob wir als Aufsicht weitere Maßnahmen ergreifen."

Bindend ist das Urteil im juristischen Sinn nur für die beiden beklagten Sparkassen. Da es sich aber um Standardprodukte der Sparkassen handelt, könnten die Festlegungen des Gerichts aus Sicht der Verbraucherzentrale inhaltlich auch für Prämiensparverträge anderer Sparkassen gelten. Der Bundesgerichtshof ließ offen, ob auch andere Referenzzinssätze für die Zinsanpassungen infrage kämen. (dpa/mak)

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