Berlin/Hamburg - Es ist eine Frage, die sich wohl der eine oder andere schon mal gestellt hat: Brauche ich eine Rechtsschutzversicherung? Die unbefriedigende Antwort: Das kommt darauf an.
Laut Anja Käfer-Rohrbach vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) hängt es insbesondere davon ab, "wie hoch das Risiko ist, in einem bestimmten Lebensbereich in einen Rechtsstreit verwickelt zu werden". Wir klären offene Fragen.
Welche Lebensbereiche deckt die Rechtsschutzversicherung ab?
Eine Rechtsschutzversicherung, die alle Lebensbereiche abdeckt, gibt es nicht. Die Versicherung funktioniert nach einem Baukastenprinzip.
"Versichert sind nur die ausdrücklich vereinbarten Leistungsarten", sagt Julia Alice Böhne von der Verbraucherschutzorganisation Bund der Versicherten. Es gibt Leistungsbausteine in den Bereichen Verkehrs-, Arbeits-, Privat-, Vertrags- oder Wohnungs- und Grundstücks-Rechtsschutz.
Welche verschiedenen Rechtsschutzpakete gibt es?
"Die Rechtsschutzversicherung kann mit verschiedenen Leistungsbausteinen an den persönlichen Bedarf angepasst werden", so Anja Käfer-Rohrbach. Zum Beispiel lässt sich der Versicherungsschutz auf Streitigkeiten rund ums Fahrzeug beschränken.
Selbstständige können je nach individueller Situation nur den beruflichen, nur den privaten oder beide Bereiche versichern. Nichtselbstständige haben die Möglichkeit, zwischen einem "großen" und einem "kleinen" Versicherungspaket zu wählen, sich zusätzlich in Miet- und Grundstückssachen zu versichern oder als älterer Mensch den beruflichen Bereich auszuschließen.
Konkret: Welche Leistungsbausteine gibt es?
- Privat-Rechtsschutz: Die Versicherung übernimmt die Kosten bei rechtlichen Auseinandersetzungen im privaten Bereich. "Das umfasst beispielsweise Konflikte mit Nachbarn, Streitigkeiten aus Kaufverträgen oder Schadensersatzansprüche", so Böhne.
- Arbeits-Rechtsschutz: Die Versicherung zahlt Anwalts- und Gerichtskosten rund um das Arbeitsverhältnis, etwa wenn einem gekündigt wird oder der Arbeitgeber einem Geld schuldet.
- Wohnungs- und Grundstücks-Rechtsschutz: Die Versicherung kommt dafür auf, wenn man seine Interessen als Haus-, Wohnungs- und Grundstückseigentümer oder Mieterin oder Mieter behaupten muss - zum Beispiel bei Mieterhöhungen, Kündigungen oder bei Streit um Betriebskostenabrechnungen.
- Verkehrs-Rechtsschutz: Die Versicherung übernimmt die Kosten, wenn beispielsweise unklar ist, wer einen Unfall verursacht hat und man einen Anwalt einschalten oder gar vor Gericht ziehen muss.
- Schadenersatz-Rechtsschutz: Die Versicherung zahlt die Kosten für die Durchsetzung eines Schadenersatzanspruchs, etwa nach einem Verkehrsunfall.
- Steuer-Rechtsschutz: Bei diesem Leistungsbaustein übernimmt die Versicherung die Kosten, wenn man wegen der Steuer oder anderer Abgaben, etwa Gebühren oder Zölle, vor Gericht zieht. "Zum Beispiel, weil das Finanzamt die Einkommensteuererklärung nicht anerkennen will", so Käfer-Rohrbach.
- Sozialgerichts-Rechtsschutz: Hier gilt der Rechtsschutz bei Prozessen vor einem deutschen Sozialgericht, etwa, wenn die gesetzliche Kranken-, Renten- oder Unfallversicherung oder die Arbeitslosenversicherung nicht angemessen leistet.
Für welche Kosten kommt die Rechtsschutzversicherung auf?
"Die Rechtsschutzversicherung übernimmt die Kosten für die Wahrnehmung der rechtlichen Interessen", sagt Böhne. Dazu zählen beispielsweise
- die Kosten einer rechtsanwaltlichen Vertretung bis zur Höhe der gesetzlichen Vergütung,
- die Entschädigung für Zeuginnen und Zeugen,
- Gebühren für Sachverständige, die das Gericht zurate zieht,
- Kosten der Gegenseite, soweit sie zu erstatten sind,
- Kosten außergerichtlicher Streitschlichtungsverfahren,
- und Strafverfolgungskaution im Ausland.
Die Versicherung übernimmt die Kosten bis zur Höhe der vereinbarten Versicherungssumme. Verbraucherschützer raten, bei Abschluss eines Vertrags mindestens 300.000 Euro als Versicherungssumme zu vereinbaren.
Was kostet eine Rechtsschutzversicherung?
Wie hoch der jeweilige Beitrag ist, hängt vom gewählten Leistungsumfang ab. Allerdings gibt es mitunter von Anbieter zu Anbieter Preisunterschiede – trotz gleichwertigen Versicherungsumfangs. "Wichtig ist daher, mehrere Angebote zu vergleichen und zu checken, welche Leistungsbausteine man wirklich braucht", so Böhne.
Eine Police, die die Bereiche "Privat", "Beruf" und "Verkehr" umfasst, kostet nach Angaben der Stiftung Warentest je nach Anbieter zwischen 204 und 646 Euro jährlich - bei einer Selbstbeteiligung im Schadensfall von 150 Euro.
In welchen Fällen kann man auf den Abschluss verzichten?
Es gibt so manche Fälle, in denen Verbraucherinnen und Verbraucher auch auf andere Weise rechtlichen Beistand bekommen: "Die Privathaftpflichtversicherung bietet schon eine grundlegende Absicherung, indem sie berechtigte Schadensersatzansprüche Dritter reguliert und unberechtigte Ansprüche abwehrt", sagt Böhne.
Ferner kann eine Forderungsausfalldeckung in der Privathaftpflichtversicherung die Kosten der Rechtsverfolgung übernehmen, wenn man selbst geschädigt wurde und der Schädiger nicht zahlen kann oder nicht versichert ist.
Zudem können Gewerkschaftsmitglieder Böhne zufolge kostenlos den Rechtsschutz der Gewerkschaften nutzen. Das umfasst meist die Rechtsberatung und –hilfe sowie die Prozessvertretung bei Streitfällen, die aus dem Eintreten der Mitglieder für ihre Gewerkschaftsrechte sowie bei Streik und Aussperrung entstehen.
Auf den Rechtsschutz der Gewerkschaften können Mitglieder auch bei Streitigkeiten aus dem Arbeitsverhältnis oder bei Ansprüchen aus dem Bereich Sozialversicherung zurückgreifen. "Gewerkschaftsmitglieder sollten daher prüfen, ob sie überhaupt einen Bedarf zur weiteren Absicherung sehen", so Böhne.
Und: Wer im Besitz einer Immobilie ist, bekommt als Mitglied eines Grundeigentümervereins fundierte rechtliche Beratung rund ums eigene Haus oder um die Eigentumswohnung. Mieterinnen und Mieter erhalten diesen Service beim Mieterbund – sofern sie Mitglied sind. © Deutsche Presse-Agentur
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