Restaurants, die einen Stern besitzen, gehören zur Oberklasse. Wurde eines gleich mit drei Sternen ausgezeichnet, ist es weltbekannt. Doch wie kommen die Gourmet-Tempel an die beliebten Auszeichnungen und warum verleiht sie ausgerechnet ein Reifenhersteller?
Wer Anfang des 20. Jahrhunderts mit seinem Auto unterwegs war, brauchte nicht nur gute Reifen, sondern musste auch wissen, wo es die wenigen Werkstätten gibt, die unterwegs bei Pannen helfen können.
Das dachten sich zumindest die Brüder André und Edouard Michelin bei der Gründung ihrer Reifenfirma im Jahr 1889 in Clermont-Ferrand.
Sie veröffentlichten ein Jahr später die erste Version des "Guide Michelin", der dem Autofahrer die Infrastruktur aufzeigte. Diese war vor über Hundert Jahren nicht so ausgebaut, wie heute.
Vom Reiseführer zur Gourmet-Bibel
Die große Änderung kam erst 1923: Aus einem Helfer für Autofahrer wurde langsam aber sicher ein Restaurantführer. Denn in diesem Jahr erschien die erste Auflage mit Einkehrmöglichkeiten, zu denen der "Guide Michelin" Bewertungen abgab.
Das bekannte Drei-Sterne-System etablierte die Verlagsabteilung des Reifenherstellers erst circa zehn Jahre später. Noch heute erinnert die grobe Beschreibung der einzelnen Sterne an die Wurzeln des Guide Michelin.
Restaurants mit einem Stern sind einen Halt wert, für zwei Sterne kann man einen Umweg in Kauf nehmen und wer in den Genuss eines Drei-Sterne-Restaurants kommen will, kann durchaus auch mal eine Reise dorthin planen.
Das ist auch der Grund, warum der "Guide Michelin" nicht die Küchenchefs mit den Sternen auszeichnet, sondern stattdessen die Restaurants. Schließlich bleibt das Lokal an seinem festen Platz, während der Chefkoch weiterziehen kann. Doch wie kommen die Restaurants an die beliebte Bewertung?
Nimmersatt und anonym - die Tester des "Guide Michelin"
Etwa 400 Leute sind bei der französischen Firma für den "Guide Michelin" verantwortlich. Die Restauranttester sind nicht bekannt und arbeiten anonym.
Sie weisen sich in den Lokalitäten auch nicht als Jury aus, sondern kommen und gehen wie normale Restaurantbesucher, die ihr Essen selbst bezahlen.
Und diese Besuche sind ihr täglich Brot: Nach Aussagen der Firma sollen die Tester zwei Restaurants pro Tag ins Visier nehmen - was nicht unbedingt immer ein einfacher Job ist.
Da die Tester unentdeckt arbeiten, gibt es natürlich viele Spekulationen und Mythen. Aber der verschrobene Mittfünfziger, der einsam am Tisch seine Notizen macht, ist nicht der typische Restauranttester.
Es soll vielmehr ein bunter Durchschnitt der Gesellschaft sein: Von jüngeren Damen über ältere Herren bis hin zu Paaren.
Viele der Tester sollen aus dem Hotel- und Gastgewerbe kommen, die ein besonderes Gespür für Geschmack, hochwertige Zutaten und eine herausragende Zubereitung haben.
Eine Reise wert: Drei-Sterne-Tempel
Denn genau um diese Kriterien geht es bei der Bewertung. Wer mit einem Stern ausgezeichnet werden möchte, muss eine ausgezeichnete Finesse auf den Teller zaubern.
Den zweiten Stern verdient man sich für eine inspirierende und außergewöhnliche Küche. Wer mit drei Sternen in den Olymp der Köche aufgenommen werden möchte, muss aus herausragenden Produkten pure Aromen und einen intensiven Geschmack heraus kitzeln.
Was sehr subjektiv klingt, schließlich sind Geschmäcker verschieden, hat dennoch einen klaren Ansatz.
Die Köche sollen schlichtweg das Beste aus den Zutaten herausholen - und dafür braucht ein Küchenchef natürlich hohe handwerkliche Fähigkeiten. Von denen es hierzulande gar nicht so wenige gibt.
Baiersbronn - das deutsche Sternedorf
Denn gerade Deutschland wird immer wichtiger auf der Gourmet-Karte. 292 Restaurants wurden 2017 mit Sternen ausgezeichnet. Der Europa-Park in Rust ist weltweit der einzige Freizeitpark, der zwei Sterne des renommierten Gourmetführers tragen darf.
Und auch wenn man bei Hochburgen der Sternerestaurants eher an Frankreich, Spanien oder Japan denkt, kann sich der baden-württembergische Ort Baiersbronn durchaus sehen lassen.
Auf 15.000 Einwohner verteilen sich hier insgesamt acht Sterne - gleich zwei Restaurants brutzeln auf Drei-Sterne-Niveau. Baiersbronn ist für Feinschmecker also definitiv eine Reise wert.
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