(cfl) - Wenn Staaten, Provinzen oder Kommunen Geld brauchen, erheben sie Steuern. Um öffentliche Einnahmen zu erhöhen, ziehen die Behörden auch skurrile Gründe heran.
Willkommen im Land der aberwitzigen Steuern: Bis 1993 mussten die Deutschen zum Beispiel die Leuchtmittel-Steuer beim Kauf von Glühkörpern und Glühlampen entrichten. Das Gesetz aus dem Jahr 1909 ging auf Vorschriften aus dem Mittelalter über Kerzenwachs-Gebühren zurück. Die Abgabe war über die Jahrhunderte weitergegeben worden, ohne sie zu überprüfen. 1993 schaffte der Staat die Einnahmequelle wegen der europäischen Harmonisierung ab.
Gehen Sie mit uns auf einen Abstecher in die Welt der skurrilen Steuern.
Illegale-Drogen-Steuer
Am 01. Januar 2005 führte Tennessee als 23. US-Bundesstaat die Steuer auf illegale Drogen ein. Wer also in Tennessee gesetzeswidrige Drogen wie etwa Marihuana, Kokain oder LSD kauft, muss sie innerhalb von 48 Stunden versteuern. Vom Finanzamt bekommt der treue Bürger dann Gebührenmarken, die er als Nachweis auf die Substanzen kleben soll.
Vor Strafverfolgung müssen sich die Abgabenzahler trotzdem nicht fürchten, denn den Beamten ist es untersagt, die Klienten anzuzeigen. Im Nachbarstaat North Carolina gibt es diese Steuer schon seit 1990. In den ersten 15 Jahren meldeten nur 72 Bürger ihre Drogen freiwillig an, doch das dortige Finanzamt nahm in dem Zeitraum trotzdem gut 78 Millionen Dollar ein. Das meiste Geld trieb das Finanzamt in Gefängnissen von Inhaftierten ein, die ohne Marken erwischt wurden.
Sex-Steuer
Köln ist die bekannteste deutsche Kommune, wenn es um die Sex-Steuer geht. Seit Dezember 2003 zahlen Prostituierte, die an weniger als 25 Tagen im Monat arbeiten, dort sechs Euro pro Arbeitstag an die Stadt. "Den Fall von mehr als 25 Tagen gibt es offiziell nicht. Die müssen ja auch mal irgendwann frei haben", erläuterte der Leiter des Kölner Kassen- und Steueramts, Josef-Rainer Frantzen, dem "Spiegel".
Außerdem müssen Betreiber von Bordellen, in denen die Besucher Eintritt bezahlen, täglich drei Euro pro zehn Quadratmeter Fläche entrichten. Diese Praxis ist seit Juli 2007 auch rechtlich voll abgeklärt: Damals urteilte das Verwaltungsgericht Köln nach Klagen von vier Sex-Veranstaltern, dass die Vergnügungssteuer weder gegen Europarecht noch gegen das Grundgesetz oder gegen Bestimmungen des nordrhein-westfälischen Kommunalabgabengesetzes verstoße.
Köln ist mittlerweile nicht mehr die einzige Stadt mit einer Abgabe für das horizontale Gewerbe. Frankfurt, Gelsenkirchen und Marburg halten wie viele andere Gemeinden die Hand auf. Durch die Finanzkrise müssten die Einnahmen aber deutlich gesunken sein, denn laut der Wochenzeitung "Die Zeit" haben Prostituierte gerade wenige Kunden.
Vergnügungs-Steuer
Was die Deutschen können, dazu sind auch die Amerikaner fähig: Im Juli 2004 führte der Bundesstaat Utah eine Sex-Steuer für "Nackte oder teilweise Nackte, die irgendeine Dienstleistung anbieten" ein. Die Gebühr in Höhe von zehn Prozent wird auch auf Eintrittsgelder, Merchandise-Artikel und Nahrung erhoben.
Utah erwartet durch die Abgabe keine großen Einnahmen, gilt doch der Bundesstaat als sehr konservativ. Nur ein bis zwei Etablissements sind laut Insidern wild genug, um für die Steuer in Frage zu kommen.
Eine ergiebigere Geldquelle ist da sicherlich die "Amusement Tax", die viele amerikanische Städte und Staaten erheben. Organisatoren müssen bei Veranstaltungsorten mit mehr als 750 Sitzplätzen (in anderen Fällen erst ab 1.000) pro verkauftem Ticket eine Gebühr bezahlen.
Flugticket-Steuer für Afrika
2006 gründeten Brasilien und Frankreich den Fond "Unitaid" mit einer außergewöhnlichen Aufgabe: Der Fond soll Steuergelder einsammeln, mit denen Hilfsprojekte in Afrika finanziert werden sollen. Seitdem gibt es in beiden Ländern eine Abgabe auf Flugtickets, von der ungefähr 85 Prozent an "Unitaid" gehen.
Bisher funktioniert die zweckgebunde Verwendung offenbar: 2007 stockten die Länder den Fond um 300 Millionen Dollar auf. In diesem Jahr sollen sogar 500 Millionen Dollar zusammenkommen. Finanzklamme Regierungen neigen aber dazu, die Steuern erst einmal einzusammeln und dann später über mögliche Ausgaben zu entscheiden. Wie bei vielen anderen gutgemeinten Abgaben zuvor, ist es also gut möglich, dass die Flugticket-Steuer irgednwann einfach komplett im jeweiligen Staatssäckel verschwindet.
In Europa haben sich dem Fond bisher Großbritannien, Norwegen und Luxemburg angeschlossen. Deutschland ist nicht dabei.
Nachthemden-Zoll
Wer schon einmal Kontakt mit dem Zoll hatte, kennt das: Bei der Behörde muss der Importeur - ob privat oder gewerblich - ein Formular über den eingeführten Gegenstand ausfüllen. Dabei macht der Einführende auch Angaben zur Art des Produkts, die über die Steuerhöhe entscheiden. Das wurde laut "Focus" einem deutschen Geschäftsmann zum Verhängnis, der "Kleidungsstücke aus Gewirken zur Bedeckung des Oberkörpers" importierte.
Der Mann wollte die niedrigeren Abgaben für Nachthemden zahlen. Das zuständige Hauptzollamt verlangte die Gebühren für Kleider. Der Streit kam vor Gericht und erreichte schließlich den Bundesfinanzhof, der sich aber außer Stande sah, ein Urteil zu fällen. Deswegen leitete diese juristische Instanz die Entscheidung an den europäischen Gerichtshof (EuGh) nach Luxemburg weiter.
Doch auch die Europa-Richter hielten sich vornehm mit einer Definition von Nachthemden zurück. Eine endgültige Festlegung sei Aufgabe der Nationalstaaten: "Es ist Sache des nationalen Gerichts zu prüfen, ob die fraglichen Kleidungsstücke mit Rücksicht auf die Entwicklung der Mode im betreffenden Mitgliedstaat solche objektiven Merkmale aufweisen oder ob sie unterschiedslos im Bett oder an bestimmten anderen Orten getragen werden können."
Wie die Geschichte ausging, ist leider nicht bekannt.
Feuerwerks-Steuer
Für Bewohner von West Virginia ist der Nationalfeiertag am 4. Juli ein teures Vergnügen. Auch hier würden die Bewohner am Abend wie in den anderen US-Bundesstaaten gerne Feuerwerke abbrennen. Doch in West Virginia ist längst nicht jeder Knallkörper erlaubt und für die harmloseren Produkte hält das Finanzamt die Hand auf: Sechs Prozent beträgt der Aufschlag für die "Sparkler and Novelties Tax".
Was unter diese Steuer-Bestimmung fällt, ist im Gegensatz zu europäischen Nachthemden genau definiert: Wunderkerzen, Schlangen- und Glühwürmer, Krachmacher und verschiedene funkensprühende Produkte. Alle anderen Feuerwerk-Artikel sind untersagt, besonders wenn sie explodieren können. Das Finanzamt zählt dazu unter anderem Böller, Luftraketen, bengalische Feuer und Torpedos.
Wir fassen zusammen: In West Virginia dürfen teure, aber sehr harmlose Feuerwerk-Artikel am 4. Juli entzündet werden. Alles was explodiert und vielen Leuten Spaß macht, ist aber untersagt.
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.