Die Uhr für die Steuererklärung tickt noch leise, aber sie tickt. Die erste Entscheidung steht an: Mache ich die Erklärung dieses Jahr wieder mit einer Steuersoftware oder versuche ich es gratis über das Elster-Portal der Finanzämter? Ich habe den Praxistest gemacht.
An steigende Preise haben wir uns schon irgendwie gewöhnt, wenn auch murrend. Aber manchmal empört es mich dann doch, wie stark Firmen aufschlagen. Die Steuersoftware, die ich seit Jahren benutze, um meine Steuererklärung zu machen, will dieses Jahr zehn Euro mehr für ihr Programm.
Klar, bisher hat sich die Investition für mich immer gelohnt: Meistens bekam ich Geld zurück, das ich ohne die hilfreiche Unterstützung des Programms vielleicht verschenkt hätte. Doch selbst wenn das Geld sinnvoll angelegt ist – zwischen 20 und 45 Euro kosten Programme, die bei "Finanztest" gut oder sehr gut abgeschnitten haben, dann eben doch. Das Geld kann ich mir eventuell sparen.
Daher hat mich dieses Jahr der sportliche Ehrgeiz gepackt. Vielleicht ist es gar nicht so schwer, kostenlos über das Elster-Portal der Finanzämter die Steuererklärung zu machen?
Zu meinem Glück habe ich bei meinem Praxistest Unterstützung. Eine Freundin gibt ihre Steuererklärung jedes Jahr via Elster ab und berät mich bei dem Versuch, umzusteigen. Leichter wird es für mich, weil ich im vorigen Jahr ein Steuerprogramm benutzt habe. Da sich meine Lebensverhältnisse seitdem nur wenig verändert haben, dient mir meine Steuererklärung vom Vorjahr als Vorlage.
Registrierung bei Elster
Etwas schwieriger wäre der Elster-Einstieg, wenn ich jobbedingt umgezogen wäre, Elternzeit genommen oder Kurzarbeitergeld bezogen hätte. Dann müsste ich an mehreren Stellen andere Felder ausfüllen. Und Elster gibt – anders als die kostenpflichtigen Programme – keine Steuertipps: Man muss schon selbst wissen, an welchen Stellen man Einnahmen und (steuersenkende) Ausgaben eintragen muss.
Hier lauert gleich die erste Hürde: Wer noch nicht bei Elster registriert ist, muss erst seine Identität nachweisen. Dafür sollten Sie etwa zwei Wochen Zeit einrechnen, denn ein Teil der Zugangsdaten wird per Post an die Meldeadresse geschickt. Schneller geht es mit der Online-Ausweisfunktion des Personalausweises: Haben Sie diese Funktion bereits aktiviert und ihre Zugangs-Pin zur Hand, können Sie die Registrierung sofort abschließen.
Alle, die schon registriert sind – so wie ich glücklicherweise –, melden sich einfach an. Dafür gibt es mehrere sichere Verfahren: mit einer Zertifikatsdatei, die auf dem Computer gespeichert ist, per Handy-App "Elster Secure" oder mit dem E-Personalausweis. Nach dem Anmelden kann man im Hauptmenü auswählen, was man tun will. In meinem Fall ist das klar: eine Einkommensteuererklärung abgeben.
Vorausgefüllte Steuererklärung verwenden
Die meisten Steuersoftwares können es und Elster sowieso: Die Daten aus der Lohnsteuerjahresbescheinigung, die dem Finanzamt elektronisch vorliegt, automatisch in die Steuererklärung übertragen. "Vorausgefüllte Steuererklärung" ist der Fachbegriff und dieser Punkt funktioniert bei Elster genauso gut – teils sogar etwas einfacher - wie bei den meisten kostenpflichtigen Programmen.
Während ich mich bei meiner Steuersoftware an dieser Stelle erst einmal einloggen muss, bin ich bei Elster schon drin. Nachdem ich angefangen habe, meine Einkommensteuererklärung fürs vergangene Jahr zu machen, kann ich meine Lohnsteuerdaten und meine Riester-Bescheinigung direkt in die richtigen Formulare laden.
Steuersparende Ausgaben eintragen
Jetzt kommt die Königsdisziplin der Steuererklärung: Ausgaben und Lebensumstände so eintragen, dass sie sich steuersparend auswirken. Kinder in Ausbildung, Kitakosten, Werbungskosten wie die Entfernungspauschale für Berufspendler oder die Homeoffice-Pauschale – es gibt einiges zu bedenken. Keine zwei Steuererklärungen sind gleich.
Ein gutes kostenpflichtiges Steuerprogramm fragt an dieser Stelle Punkt für Punkt die verschiedenen Lebensbereiche ab: "Haben Sie volljährige Kinder unter 25, die sich noch in Ausbildung befinden?". Elster dagegen schweigt und wartet, was ich eintrage - etwa den Ausbildungsfreibetrag für das Kind, das in einer anderen Stadt studiert (Anlage Kind, Zeilen 51 bis 54) oder die Homeoffice-Pauschale (Anlage N, Zeile 61 oder 62).
Mit dem Steuer-Spezial-Heft von "Finanztest" neben mir und ein paar gezielten Google-Suchen ist das kein Problem – aber eindeutig aufwendiger und weniger komfortabel als mit einem Steuerprogramm, das für mich mitdenkt.
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Ähnlich sieht es bei anderen Punkten aus – ich schreibe im Wesentlichen die Steuererklärung vom Vorjahr ab und trage nur die aktuellen Zahlen ein. Aber ob ich eventuell etwas Wichtiges vergessen habe, werde ich nie erfahren.
Mein Fazit: Wer sich mit Steuern auskennt oder einfach die Erklärung vom Vorjahr als Vorlage nehmen kann, ist mit Elster gut bedient. Die Bedienung ist einigermaßen übersichtlich, man kann die Lohnsteuerdaten und andere elektronische Bescheinigungen automatisch übernehmen und man kann Belege direkt im Elster-Portal hochladen, falls das Finanzamt später Unterlagen nachfordern sollte.
Einfacher und komfortabler allerdings geht es mit der Unterstützung einer guten Software. Wer sich nicht so gut auskennt, wer Steuerformulare ohnehin mit Grauen betrachtet oder gern erfahren würde, was man alles von der Steuer absetzen kann, wird hier an die Hand genommen und durch den ganzen Prozess geleitet. In diesem Fall sind die 20 bis 45 Euro gut angelegtes Geld – die man übrigens von der Steuer absetzen kann.
Über die Autorin
- Ulrike Sosalla ist stellvertretende Chefredakteurin von "Finanztest" und damit ausgewiesene Fachfrau für Finanzfragen.
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Verwendete Quellen
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