Aufgeräumtes Zuhause, Ordnung im Kopf: Psychologen bringen Aufräumen und Psyche direkt miteinander in Verbindung. Warum das so ist und welche simplen Tipps helfen, eine Grundordnung zu schaffen und einzuhalten.
Ordnung ist für viele Menschen mehr als nur ein ästhetisches Bedürfnis. Sie kann sich auch signifikant auf das innere Wohlbefinden auswirken. Darauf weisen die Experten der Oberberg Kliniken für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie hin.
Aufräumen kann ein Mittel sein, um innere Unruhe zu bekämpfen. Wer sich innerlich durcheinander fühlt, greift oft intuitiv zum Putzlappen oder beginnt, den Schreibtisch aufzuräumen.
"Dieser äußere Ordnungsprozess kann dazu beitragen, die Gedanken zu sortieren und ein Gefühl von Struktur und Übersichtlichkeit zu schaffen", erklären die Fachleute. Gerade in Phasen von Unsicherheit könne das Schaffen von Ordnung eine Art meditativer Prozess sein, der hilft, die Kontrolle über die eigenen Gedanken und Gefühle zurückzugewinnen.
Streit in der Partnerschaft über (fehlende) Ordnung? Ursache liegt meist tiefer
In Partnerschaften kann das Thema Ordnung zu Konflikten führen. Oft stehen hinter Streitigkeiten über liegengebliebene Socken oder die unaufgeräumte Küche allerdings tiefere Probleme wie eine unausgeglichene Aufgabenverteilung oder unterschiedliche Erwartungen.
"Wenn das Ordnungsbedürfnis eines Partners ständig zu Reibungen führt, lohnt es sich, die zugrundeliegenden Konflikte genauer zu betrachten", raten die Expertinnen und Experten der Oberberg Kliniken. Ihr Tipp: Statt Vorwürfe zu machen, könne es hilfreich sein, klare Wünsche und Bedürfnisse zu formulieren und Kompromisse zu finden.
Nur ein Genie beherrscht das Chaos?
Das Bild des "chaotischen Genies" ist verbreitet - aber nicht immer zutreffend. In der Tat könne ein gewisses Maß an Unordnung zwar kreativitätsfördernd wirken, sagen die Fachleute. Doch wenn das Chaos überhandnimmt und den Alltag beherrscht, könne es schnell das Gegenteil bewirken und zu einem Gefühl des Stillstands führen.
Mit diesen Tipps halten Sie langfristig Ordnung
Die Schweizer Ordnungs-Influencerin Dagmar Schäfer empfiehlt die Philosophie "Alles hat seinen Platz" als Grundpfeiler für dauerhafte Ordnung. Folgende Regeln helfen dabei:
- Jeder Gegenstand sollte nah bei dem Ort sein, wo er genutzt wird: Post beim Eingang und Bücher in der Leseecke zum Beispiel.
- Jeder Gegenstand sollte mühelos herausgenommen und zurückgelegt werden können, denn das erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass man ihn auch wieder wegräumt.
- Jeder Gegenstand sollte zusammen mit anderen Dingen derselben Kategorie aufbewahrt werden.
- Alle Familienmitglieder oder Mitbewohnerinnen sollten wissen, wo etwas ist.
Am besten gehe man jeden Raum systematisch durch, um zu entscheiden, wo jeder Gegenstand am besten aufgehoben ist, sagt Schäfer.
Ordnungs-Routinen für morgens und abends
Sie empfiehlt außerdem Start- und Endroutinen für jeden Tag: "Diese Routinen dienen als Rahmen für deinen Tag und helfen dabei, grobe Unordnung gar nicht erst entstehen zu lassen", erklärt sie.
Morgendliche Routinen könnten das Bettenmachen, das Lüften, das Einräumen des Frühstücksgeschirrs in den Geschirrspüler und eine kurze Aufräumrunde im Wohnbereich umfassen. "Indem du den Tag ordentlich beginnst, setzt du einen positiven Ton für die verbleibenden Stunden." Und man verringere das Gefühl der Überforderung, das oft entstehe, wenn man nach einem langen Tag nach Hause kommt.
Abendliche Routinen seien genauso wichtig, wenn nicht sogar wichtiger. Dazu gehört das Aufräumen der Küche, vielleicht das Frühstück schon vorzubereiten und die Kleidung für den nächsten Tag herauszulegen. Außerdem effektiv: eine 10- bis 15-minütige Blitz-Aufräumrunde durch alle Zimmer, um herumliegende Dinge an ihren Platz zu bringen. Das schaffe einen produktiven Tagesabschluss und mehr innere Ruhe.
"Wenn man bisher die Dinge nie gleich weggeräumt und sich somit daran gewöhnt hat, alles erstmal einfach irgendwohin abzulegen, dann muss man sich zunächst aktiv umgewöhnen, bis die neue Gewohnheit zum Automatismus wird", erklärt die Expertin. Man müsse sich also eine Weile bewusst dazu zwingen. "Aber es lohnt sich!"
Wann Ordnung zum Zwang wird
Aber Vorsicht: Ordnungsdrang kann auch ungesunde Ausmaße annehmen, wenn das Bedürfnis nach Sauberkeit und Ordnung den Alltag bestimmt, Ängste hervorruft oder das tägliche Leben stark einschränkt.
Etwa, wenn Unordnung oder asymmetrische Arrangements unangenehme Gefühle bis hin zu starken Ängsten auslösen, sagen die Fachleute der Oberberg Kliniken. In solchen Fällen sei es ratsam, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. (dpa/bearbeitet von sob)
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