In Deutschlands Großstädten ist der Wohnraum knapp und die Konkurrenz groß. Wie kann man seine Chancen, eine passende Wohnung zu finden, erhöhen?
Wohnungen in deutschen Großstädten wie Berlin, Hamburg, München, Köln oder Stuttgart sind rar, oft überteuert und vor allem: heiß umkämpft. Eine Studie im Auftrag der Hans-Böckler-Stiftung kommt zu dem Schluss, dass in den 77 deutschen Großstädten gut 1,9 Millionen bezahlbare Wohnungen fehlen, darunter etwa 1,4 Millionen günstige Apartments unter 45 Quadratmetern für Einpersonenhaushalte.
Vor allem die Wohnungssuche in München ist besonders schwierig. Laut einer aktuellen Markt-Analyse von immowelt.de sind die Preise hier am höchsten. Allein zwischen 2008 und 2018 sei der Kaufpreis in der bayerischen Stadt um 141 Prozent gestiegen.
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Tipp 1: Früh mit der Suche beginnen
Im Idealfall sollte die Suche möglichst früh beginnen. Vor allem in Städten beziehungsweise Stadtteilen, wo die Nachfrage sehr hoch ist, müssen sich Wochnungssuchende darauf einstellen, dass es mit der neuen Wohnung etwas länger dauern kann.
"Wenn ich ein sogenannter gefragter Mieter bin - also über ein gutes Einkommen, ein stabiles Arbeitsverhältnis oder Vermögen verfüge -, dann brauche ich für die Wohnungssuche weniger Zeit als jemand, der diese Voraussetzungen nicht hat", sagt der Münchner Immobilienmakler Sven Keussen im Gespräch mit unserer Redaktion.
Für nicht gefragte Mieter könne die Suche bis zu einem Jahr dauern. Auch potentiellen Mietern mit entsprechender Bonität rät der Makler, reichlich Zeit einzukalkulieren. "Spätestens ein halbes Jahr vorher würde ich in diesem Fall mit der Suche beginnen", so der Experte.
Tipp 2: Strategisch suchen
Keussen empfiehlt, sich per Suchprofil auf Immobilienportalen vormerken zu lassen. So erhalten Wohnungssuchende gezielte Angebote.
In den Sozialen Medien zu suchen, kann ebenfalls zielführend sein. Auf Facebook etwa gibt es entsprechende Gruppen. Dort können die User Wohnungen suchen oder anbieten.
Etwas oldschool aber in vielen Fällen hilfreich ist ein Blick in die regionalen Zeitungen. Gerade ältere Vermieter inserieren hier oder lesen Gesuche. Daher kann sich eine eigene Zeitungsannonce lohnen.
Auch Mund-zu-Mund-Propaganda hat schon dem ein oder anderen eine nette Bleibe verschafft. Der Mieterverein Köln etwa rät, Gesuche in Geschäften und Cafés auszuhängen. Hilfreich seien zudem Anfragen direkt an Hausverwaltungen, Wohnungsunternehmen und Makler.
"Man kann eine kurze Bewerbung erstellen und sie da, wo es erlaubt ist, in den Briefkasten werfen. Vielleicht sucht der ein oder andere einen Nachmieter. Mit Hausmeistern in Kontakt zu treten ist, kann sich lohnen, denn diese wissen oft als Erste, wann und wo eine Wohnung frei wird", rät Keussen.
Wer knapp bei Kasse ist beziehungsweise wenig verdient, kann sich zudem beim Amt für Wohnungswesen, Vergabestelle für geförderten Wohnraum, für eine Sozialwohnung bewerben.
Tipp 3: Kompromisse machen
Wer in sehr nachgefragten Städten sucht, sollte überlegen, was ihm bei der Wohnung mehr wert ist: eine gute Lage, das Extra-Zimmer, der Balkon, die Wohnküche oder eine super Verkehrsanbindung. Viele Wohnungssuchende scheitern allein an überzogenen Erwartungen. Zudem treiben viele Extras den Mietpreis in die Höhe.
Überlegen Sie sich also, wo Sie Abstriche machen können und wo nicht.
Tipp 4: Wohnung zum Tausch
Viele Suchende wollen vielleicht gar nicht in eine andere Stadt oder sogar ein anderes Viertel ziehen. Da die alte Wohnung erst gekündigt wird, wenn eine neue gefunden ist, bietet sich vielleicht ein Wohnungstausch an. Im Internet gibt es spezielle Tauschbörsen. Aber: Fragen Sie vorher den Vermieter, ob er damit einverstanden wäre.
Tipp 5: Mitglied in einer Genossenschaft
Wohnungen von Genossenschaften sind meist bezahlbar und liegen oft in guten Stadtvierteln. Ein Tipp ist daher, sich auf entsprechende Wartelisten setzen zu lassen. Da die mitunter sehr lang sein können, kann es mit der Suche dauern.
Tipp 6: Persönliche Bewerbungsmappe
In Städten wie München ist es mittlerweile normal, dem Vermieter eine Bewerbungsmappe vorzulegen. Welche Angaben genau diese beinhalten sollte, darüber herrscht nach wie vor Unklarheit.
"Der Vermieter möchte pünktlich seine Miete. Das heißt, die Unterlagen sollten so gestaltet sein, dass ich nachweisen kann, dass ich einen Job habe und über das entsprechende Einkommen verfüge oder dass jemand für die Miete bürgt", so Keussen.
Der Makler rät daher, einen Überblick über das Arbeitsverhältnis und das Einkommensniveau zu erstellen. Makler und Vermieter verlangen oft auch eine Schufa-Auskunft.
Allerdings sollte man es mit den Unterlagen nicht übertreiben. Sie sollten so gestaltet sein, dass Vermieter und/ oder Makler sie relativ zügig durcharbeiten können, empfiehlt der Experte.
Lange Schreiben und Familienfotos seien eher hinderlich. Besser sei es, die Fakten auf den Punkt zu bringen und eigene Vorzüge zu betonen. Wenn man zum Beispiel handwerklich geschickt sei, dann könne man das dazu schreiben.
Bedenken, dass die persönlichen Angaben gespeichert würden, müsse niemand haben. "Wir sind dazu verpflichtet, die Unterlagen zu löschen. Das gibt der Datenschutz vor", so der Experte.
Die Frage ist nun noch: Wann händigt man die Unterlagen am besten aus? "Ob ich die Bewerbungsunterlagen erst dann, bei der Vorstellung bringe, ist eine Strategiefrage. Ich würde sie vorher schicken und sie bei der Besichtigung zur Erinnerung dabeihaben", so Keussen.
Tipp 7: Geheimtipp vom Experten
Ein großer Pluspunkt ist eine Vorvermieterbestätigung, in der der ehemalige Vermieter die Mietschuldenfreiheit bestätigt. Außerdem könne darin vermerkt werden, dass man sich während der Mietzeit und bei Wohnungsauszug als zuverlässig erwiesen hat, sagt Keussen. Dies könne ein großer Vorteil gegenüber der Konkurrenz sein.
"Man könnte auch schreiben, dass der neue Vermieter den vorherigen gerne für Nachfragen anrufen kann. In den meisten Fällen macht man es nicht, aber es zeigt eine gewisse Offenheit und Transparenz." Mustervorlagen für eine Vorvermieterbestätigung gibt es im Internet.
Tipp 8: Eindruck schinden bei der Besichtigung
Hat man es erst einmal zur Wohnungsbesichtigung geschafft, heißt es: Eindruck schinden. Pünktlichkeit ist oberstes Gebot. Makler und Vermieter schätzen es, wenn der potentielle Mieter sich zuverlässig zeigt.
Ein gepflegtes und höfliches Auftreten sei das A und O. Denn das zeige, ob der Wohnungssuchende in die Hausgemeinschaft passt. Kein Vermieter wolle jemanden, der den Hausfrieden stört.
Auch wer sich aufrichtig, ehrlich und transparent zeige, kann seine Chancen erhöhen. Bei heiklen Nachfragen, wie etwa der Frage ob man rauche, Haustiere habe oder ein Musikinstrument spiele, plädiert der Immoblienwirt generell für Ehrlichkeit. "Als Mieter sollte man sich kompromissbereit zeigen. Etwa indem man ein Hobby offen anspricht und signalisiert, dass man bereit ist, das Hobby der Hausordnung unterzuordnen, sollte es zu Schwierigkeiten kommen, die andere beeinträchtigen."
Messinstrumente zu einer Besichtigung mitzunehmen, sieht Keussen eher kritisch. "Stellen Sie sich mal vor, Sie sind Vermieter und dann kommt jemand mit dem Zollstock daher um nachzumessen, ob die Quadratmeter stimmen. Natürlich ist es aber verständlich, wenn es um die Möbel geht."
(fab)
Verwendete Quellen:
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