Seit Januar durften Tierheilpraktiker ihren tierischen Patienten keine Globuli mehr verschreiben. Jetzt entschied das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe: Doch, sie dürfen die Tiere homöopathisch behandeln. Bei der Entscheidung ging es darum, ob Globuli für die Tiere gefährlich sind – nicht darum, ob sie wirken.
Am 24. Juni 2021 beschloss der Bundestag das Tierarzneimittelgesetz. Und das hat es in sich – aus Sicht der Tierheilpraktiker. Denn die Folge war: Seit Januar 2022 dürfen Tierheilpraktiker ihren tierischen Patienten keine apothekenpflichtigen und frei verkäuflichen Humanarzneimittel ohne eine tierärztliche Verordnung verabreichen. Kurz: Wer seinem Pferd Globuli und Co. geben will, braucht eine Verordnung von einem Tierarzt mit homöopathischer Zusatzausbildung. Laut Berufsverband klassischer Tierhomöopathen Deutschlands e.V. besitzen jedoch nur 70 Tierärzte diese Ausbildung.
Dazu besagte das Gesetz: Wer als Tierheilpraktiker seitdem weiter Globuli für Tiere anwendet, begeht eine Ordnungswidrigkeit. Betroffen waren aber auch die Tierhalter. Sie durften ihrem Pferd, Hund und Co. seitdem in der Apotheke zum Beispiel kein Arnikaglobuli für schnellere Wundheilung kaufen, wenn es für Menschen zugelassen ist. Nur speziell für Tiere zugelassene Globuli durften weiter gekauft werden.
Globuli: Berufsfreiheit – oder Gefahr für den Tierschutz?
Entsprechend laut war der Aufschrei beim Berufsverband klassischer Tierhomöopathen Deutschlands e.V.. Die Verantwortlichen sprachen von einem teilweisen Berufsverbot. Sie waren sicher: Das Gesetz sei verfassungswidrig. Deshalb sammelten Tierhalter und Tierheilpraktiker für eine Petition über 50.000 Unterschriften, um den Bundesrat noch umzustimmen – allerdings ohne Erfolg. Deshalb zogen schließlich drei Tierheilpraktikerinnen beziehungsweise -homöopathinnen vor das Bundesverfassungsgericht. Sie sahen sich durch diesen Tierarztvorbehalt in ihrer Berufsfreiheit verletzt. Eine der Frauen sah sich als Tierhalterin in ihrer allgemeinen Handlungsfreiheit verletzt.
Einen Eilantrag wiesen die Karlsruher Richter noch ab. Doch jetzt ist die endgültige Entscheidung da. Darin geben die Richter den Frauen Recht. "Dieser in § 50 Abs. 2 TAMG angeordnete Tierarztvorbehalt verletzt die Beschwerdeführerinnen in ihrer Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) und – im Falle einer der Beschwerdeführerinnen, die zugleich Tierhalterin ist – in ihrer allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG), soweit die Vorschrift einen Tierarztvorbehalt auch für die Anwendung nicht verschreibungspflichtiger Humanhomöopathika vorsieht", heißt es in einer Pressemitteilung des Gerichts. "Der damit verbundene Grundrechtseingriff ist nicht verhältnismäßig", teilt das Gericht weiter mit.
Vor allem, so die Richter, weil zum Beispiel die Pflanzenheilkunde nicht unter Tierarztvorbehalt gestellt wird. Sie dürfe also weiter von Tierheilpraktikern genutzt werden. Gleichzeitig bestätigten die Richter die Idee hinter dem Gesetz – nämlich den Schutz der Tiere. "Dass mit einer Heilbehandlung durch Tierheilpraktiker und Tierhomöopathen gewisse Gefahren für den Tierschutz und die Gesundheit von Tier und Mensch einhergehen, weil nicht approbierte Personen nicht die gleiche Gewähr für eine hohe Qualität von Diagnostik und Therapie bieten können wie ein Tierarzt, ist keine Besonderheit der Anwendung von Humanhomöopathika bei Tieren."
Daher geben die Richter den Tierheilpraktikern einen Wunsch beziehungsweise eine Mahnung mit auf den Weg. Danach sollte die bislang ungeschützte Berufsbezeichnung des Tierheilpraktikers künftig mit einer geregelten Qualifizierung und einer abschließenden Prüfung durch den Fachverband aufgewertet werden. © Pferde.de
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.