Der Afrikanische Elefant ist das größte heute lebende Landtier. Und die Größe hat viele Vorteile. So trauen sich nur wenige Feinde, diese mächtigen Kolosse anzugreifen. Doch wie sieht es aus, wenn Nachwuchs da ist? Forscher untersuchten Elefantenherden – und stellten Überraschendes fest.
Elefanten sind sozial? Das stimmt – zumindest halb. Denn tatsächlich sind die mächtigen Elefantenmänner oft alleine unterwegs. Und der Grund ist ihre Größe. Ein erwachsener Bulle kann bis zu 170 Kilo an einem Tag futtern. Daher streift er umher, um ausreichend Nahrung zu finden. Seine Artgenossinnen leben dagegen in Elefantenherden mit jungen Männchen und Kälbern. Unter der Leitung einer "Chef-Elefantin" haben die Gruppen meist etwa zehn Mitglieder. Nahrung und Wasser für eine so große Truppe zu beschaffen, kann eine Herausforderung sein…
Denn die Ressourcen in der Umgebung sind bald erschöpft. Die Herde muss daher weiterziehen. Und dabei immer zusammenbleiben. Denn die Gruppe ist ihr bester Schutz: Vor allem Elefantenbabys sind in Herden relativ sicher. Ihre Mutter und andere Weibchen, insbesondere Tanten, passen auf sie auf. Sie kommen einem Jungen zu Hilfe, der Schwierigkeiten in Sümpfen oder bei unwegsamem Gelände hat.
Werden Elefantenherden mit Babys langsamer?
Doch welchen Mechanismus haben Elefantenherden, um ihren Nachwuchs zu schützen? Das wollten Verhaltensforscher der Universität Oxford in Zusammenarbeit mit Save the Elephants (STE), einer gemeinnützigen Organisation mit Sitz in Kenia, wissen. Eine Idee: Die sogenannte Synchronisation der Geburten. Heißt: Alle Weibchen werden gleichzeitig schwanger, dadurch wäre nur ein längerer Stopp für den Nachwuchs nötig.
Doch dieses System gibt es bei Elefanten nicht. Sie bekommen ihren Nachwuchs eher nach dem Zufallsprinzip. Das heißt aber auch; jederzeit kann sich ein Neugeborenes in den Elefantenherden befinden. Wie also kommen Neugeborene und ihre Mütter zurecht? Werden Herden langsamer, um kleinen Babys zu helfen, Schritt zu halten?
Neugeborene müssen sofort laufen können
Um diese Frage zu beantworten, befestigten die Forscher im Norden Kenias an 23 trächtigen Elefanten GPS-Halsbänder. Hauptautorin der Studie, Lucy Taylor, vermutete, dass die Elefantenherden nach der Geburt langsamer werden – oder sogar ganz stoppen. Doch das geschieht nicht. Im Gegenteil: Ein neugeborenes Kalb ist innerhalb weniger Minuten auf den Beinen und kann laufen. Sowohl Mutter als auch ihr Baby, so zeigten die Tracking-Daten, sind sofort mobil und bewegen sich mit der Herde.
Mutter und Kind sind sogar in der Lage, mit der Herde Schritt zu halten, fanden die Forscher heraus. – "Abgesehen von einem kleinen Rückgang der Geschwindigkeit am Tag der Geburt selbst", sagt Taylor. Das bedeutet: Elefantenherden müssen nicht langsamer werden, um Neugeborenen zu helfen.
Lange Schwangerschaft ist ein Sicherheitssystem
"Eigentlich ist es unglaublich", so Taylor gegenüber dem Discover-Magazin. "Diese Elefanten bringen ein 100-Kilogramm-Baby zur Welt, und machen dann einfach weiter", sagt die Forscherin. "Es ist eine bemerkenswerte, große Leistung an Belastbarkeit."
Taylor und andere Forscher glauben, dass dieses Verhalten erkläre, warum Elefanten eine 22 Monate lange Tragzeit haben. Zum Vergleich: Die Schwangerschaft eines Blauwals, der bis zu 25-mal schwerer als ein Afrikanischer Elefant sein kann, dauert hingegen nur zwölf Monate. Die Elefantentragzeit, so vermuten die Forscher jetzt, ermögliche es dem Baby, sich im Mutterleib ausreichend zu entwickeln. Dadurch könne es direkt nach Geburt neben seiner Mutter laufen.
Somit ist die verlängerte Schwangerschaft eine Art natürlicher Transport- und Sicherheitsmechanismus. Babys sind in ihren Müttern sicher, bis sie aus eigener Kraft mit der Herde laufen können. Und damit haben sie "erhebliche Vorteile, wie zum Beispiel den Schutz vor Raubtieren", sagt Taylor. "Bei der Geburt kommt ziemlich viel Blut heraus, das Raubtiere anziehen könnte. Dadurch ist das Baby ziemlich verwundbar. Wenn sie aufstehen und gehen können, ist das also eine Frage der Sicherheit. Sie können ihren Geburtsplatz sofort verlassen – und so wird es sicherer für sie", erklärt die Wissenschaftlerin.
Andere Weibchen sind "Babysitter"
Auch das Füttern des Dickhäuter-Babys ist wichtig. Eine Elefantenmutter braucht Nahrung und Wasser, um ihre Kälber zu ernähren. "Es ist wirklich wichtig, sofort weiterziehen zu können und Lebensmittel und Wasser zu holen. Besonders wenn man bedenkt, dass zum Beispiel in Afrika nicht überall Wasser ist", so die Forscherin. Dies lässt Herden mehrere Kilometer reisen, um eine Wasserquelle und Nahrung zu finden. "Sie sind nicht sehr effizient darin, ihre Nahrung zu verdauen, also müssen sie viel essen", sagt Taylor.
Übrigens bringt die Herde nicht nur Sicherheit – sondern auch ein soziales System. Während eine Matriarchin die Herde zu Wasser und Nahrung führt, übernehmen andere Weibchen die Aufsicht über die jungen Elefanten. – Eine Art Elefanten-Kindergarten also. So haben die Mütter auch mal eine Auszeit. Über ihre Forschung sagt Taylor, dass sie "unser Verständnis von Elefanten und Sozialverhalten verbessert und die phänomenalen Fähigkeiten von Elefanten demonstriert". © Deine Tierwelt
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