Mit zwei Jahren saß Hermann Buthe zum ersten Mal auf einem Pferd. Seitdem hat ihn die Reiter-Leidenschaft gepackt. Mittlerweile ist er 90 Jahre alt – und sitzt immer noch jeden Tag im Sattel.pferde.de sprach mit ihm und seiner Familie über eine Liebe, die nie aufhört, und warum er nichts ans Aufhören denkt.

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Der Pferdevirus wurde ihm in die Wiege gelegt. Sein Vater war Reitlehrer im Vestischen Reitverein. Und so war es für ihn ganz normal, dass er seinen Sohn Hermann schon früh aufs Pferd setzt. Genauer: auf den Rücken eines Fohlens. Da war Hermann Buthe gerade zwei Jahre alt. Doch auf den ersten Reitunterricht musste er warten. "Mein Vater war der Meinung, dass ein Kind erst ab acht Jahren Unterricht nehmen sollte", so Buthe. Doch der Zufall half ihm. Oder besser gesagt: ein Reitschüler mit wenig Zeit…

Dieser Reitschüler nahm das Reiten nicht wirklich ernst. "Er wurde zum Stall chauffiert und setzte sich dann aufs gesattelte Pferd", erinnert sich Buthe. Nach 30 Minuten stieg er wieder ab und ging – ohne sich weiter um das Pferd zu kümmern. "Mein Vater konnte die Gruppe nicht weiter unterrichten, während er ein Pferd am Strick neben sich hatte", so Buthe. Das war sein Glück, schließlich stand der damals Fünfjährige am Rand und sah zu. Also ließ sein Vater ihn aufs Pferd. "Und das hat gut funktioniert."

Für die Ausbildung stieg er aus dem Sattel

Seitdem nutzte er jede Chance, um aufs Pferd zu kommen. Doch beruflich ging er andere Wege – und machte eine Ausbildung zum Goldschmied. Eine Entscheidung, die Konsequenzen hatte: Sein Lehrmeister wollte, dass er mit dem Reiten aufhörte. "Er war der Meinung, dass ich mich auf die Lehre konzentrieren sollte. Und mit meinem Hobby hat er mich aufgezogen", so Buthe. Also stieg er aus dem Sattel – aber nur für drei Jahre.

Buthe im Sattel – Pferde sind sein Leben.
Buthe im Sattel – Pferde sind sein Leben. © Foto: Privat

Denn kaum hatte er seine Lehre beendet, kaufte er seinem Onkel die Stute Komtesse ab. Ihr verdankt er auch den einzigen schwereren Unfall, den er je mit Pferden hatte. "Von ihr habe ich den Huf ins Gesicht bekommen", erzählt Buthe. An seiner Liebe zu Pferden änderte das nichts. Im Gegenteil: Sie gehörten zu seinem Leben einfach immer dazu.

Beim Ausritt fand Buthe die Liebe

Und natürlich war auch ein Pferd dabei, als er seine Frau kennenlernte. Hermann Buthe hatte sein Pferd damals im Stall seines Reitlehrers in Oer-Erkenschwick untergebracht. "Während eines Ausrittes fiel mir ein Mädchen auf. Sie pflückte Brombeeren – und war ganz erschrocken, als da auf einmal ein Pferd auf sie zukam", erinnert sich Buthe lachend. Aus der kurzen Begegnung entstand eine Lebensliebe. Das Paar heiratete, bekam zwei Kinder. "Und wir mussten natürlich auch aufs Pferd", erinnert sich Tochter Nicole Daumann-Schäfer.

Überhaupt drehte sich im Familienleben fast alles um die Tiere. "Dabei war es immer die Leidenschaft meines Vaters. Meine Mutter war zwar auch immer aktiv – aber aufs Pferd stieg sie nicht." Sie tanzte viel lieber, ließ ihrem Mann seinen Stall und zeigte dabei sehr viel Geduld. "An Heiligabend war die Gans schon im Ofen, der Baum noch nicht geschmückt und mein Vater saß noch auf dem Pferd", erinnert sich Daumann-Schäfer.

Herrmann Buthe liebt das Reiten.
Herrmann Buthe liebt das Reiten. © Foto: Privat

Der Pferdevirus blieb in der Familie

Sie ist überzeugt, dass ihr Vater am liebsten Reitlehrer geworden wäre. "Aber für die Familie hat er sich für den sicheren Beruf entschieden." Aber er gab die Liebe zu Pferden weiter – zumindest an seinen Sohn André. "Mein Bruder war erfolgreicher Vielseitigkeitsreiter", erzählt Daumann-Schäfer. Und er blieb auch beruflich den Pferden treu: Er studierte Tiermedizin, hat heute eine erfolgreiche Pferdeklinik in England.

Daumann-Schäfer dagegen hat das Halfter an den Nagel gehängt. "Mit 15 habe ich die Lust verloren", gibt sie zu. Stattdessen wurde sie Goldschmiedin, ließ sich von ihrem Vater ausbilden. Doch ganz ohne Stallluft geht es für sie nicht. "Mein Vater hat seinen eigenen Stall und macht auch heute noch alles selbst – bis zum Heu und Stroh. Da packt dann natürlich die Familie mit an und hilft."

Buthe: Bis heute jeden Tag im Stall

Und bis heute ist Hermann Buthe Mitglied im Ländlichen Reit- und Fahrverein Recklinghausen, dazu war er Initiator und Gründungsmitglied der sogenannten Rosengartengemeinschaft. Doch vor allem kümmert sich der mittlerweile 90-Jährige um seinen Wallach Ruby und seine Stute Pila. Jeden Tag fährt er morgens um 10 Uhr zum Stall. Und nach einer Mittagspause geht es weiter. Oft kommt er erst gegen 20 Uhr wieder zurück. Warum? "Die Liebe zum Pferd ist einfach schön", sagt er. Und das Reiten hält ihn fit. Zwar nutzt er eine kleine Trittleiter zum Aufsteigen, aber wenn er im Sattel sitzt, merkt man ihm sein Alter nicht an. Wenn er mit seinem Schimmel über den Platz reitet, gehören auch schwere Dressurlektionen ganz selbstverständlich dazu. Denn Reiten ist für ihn nicht nur ein Sport. "Er hat auch Ehrgeiz, bis heute", so seine Tochter.

Zu Beginn der Rente fing er mit einer Zucht an.
Zu Beginn der Rente fing er mit einer Zucht an. © Foto: Privat

Nur einmal hat die Familie ihm einen Strich durch seine Pferde-Rechnung gemacht. Nachdem Buthe in Rente gegangen war, fing er mit einer kleinen Zucht an. "Das ganze Leben dreht sich um Pferde, aber da wurde es dann doch zu viel. Da hat meine Mutter irgendwann die Reißleine gezogen", so Daumann-Schäfer lachend.

Pferde sind sein Lebenselixier

Dass Buthe jeden Tag zum Stall fährt, ist für die Familie selbstverständlich. "Pferde sind sein Lebenselixier", so Daumann-Schäfer. Zwar würden sie es gut finden, wenn er eine Smartwatch nutzen würde, über die er im Notfall Hilfe holen könnte. Doch damit kann Buthe nichts anfangen. Die Pferde und die Arbeit mit ihnen hält ihn fit, davon ist er überzeugt.

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Hat er schon mal ans Aufhören gedacht? Buthe schüttelt den Kopf: "Daran habe ich noch nicht einmal gedacht." Denn ohne Pferde – das geht einfach nicht. Für ihn gilt, in Anlehnung an ein Zitat des Humoristen Loriot: Ein Leben ohne Pferde ist möglich – aber sinnlos…  © Pferde.de

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