Stell Dir vor, Du bemerkst im Sommer einen Hund in einem geparkten Fahrzeug. Um das Leben des Tieres zu retten und den Hund zu befreien, würdest Du vielleicht sogar die Autoscheibe einschlagen. Aber darfst Du das? Welche Konsequenzen drohen?
Man liest es immer wieder: "Hund aus Hitze-Auto gerettet", "Polizei schlägt Scheibe ein" – noch immer scheinen einige Hundehalter nicht verstanden zu haben, dass sie Gesundheit und Leben ihrer Tiere gefährden, wenn sie sie gerade im Sommer alleine im Auto lassen. Für den Sommer 2022 vermeldet die Tierschutzorganisation "Tasso" mindestens 50 Hunde, die aus überhitzten Autos gerettet werden mussten.
Dann kann das schnelle Handeln von Passanten buchstäblich Leben retten. Im ersten Schritt sollten sie immer 110 oder 112 wählen. Polizei und/oder Feuerwehr rücken dann aus, um den Vierbeiner aus seiner Todesfalle zu befreien. Ist das Leben des Tieres akut bedroht, kann die Rettungsleitstelle auch die Freigabe geben, die Autoscheibe einzuschlagen.
Gerade wenn ein Hund schon bewegungslos im Auto liege, sei es erlaubt und "gerechtfertigt, eine Sachbeschädigung vorzunehmen, um eben das Tier zu retten", erklärt Heiko Hecht, Rechtsanwalt aus Hamburg, im DeineTierwelt-Podcast "Pet-Talks: Klartext". "Das heißt, dass man dann auch die Scheibe einschlagen dürfte."
Autoscheibe einschlagen um Hund zu retten: Droht dann eine Anzeige?
Aber würden einem Tierretter, der die Fahrzeugscheibe eingeschlagen hat, auch Konsequenzen drohen? Dazu müsse es erst zu einer Strafanzeige kommen, so Hecht. "Ich glaube, hier wird der Tierhalter natürlich glücklich sein, dass es seinem Hund gut geht."
Trotzdem könnten Tierhalter die Retter anzeigen, wenn sie der Meinung seien, man habe überreagiert. Gegebenenfalls würde aber eine Haftpflichtversicherung den Schaden übernehmen, so Hecht.
Wichtig sei auch, erst die Polizei und Feuerwehr zu alarmieren. Außerdem rät der Anwalt, Zeugen dazu zu holen. Dafür kann man zum Beispiel umstehende Personen ansprechen und ihnen die Situation schildern. "Denn es gibt dann am Ende eine Abwägung, ob die Sachbeschädigung – Einschlagen einer Scheibe – möglicherweise gerechtfertigt ist." Dann hilft es, wenn auch andere Menschen bezeugen können, dass der Schritt notwendig war, um das Leben des Hundes zu retten.
Wann sollte man die Autoscheibe einschlagen?
Ausrückezeiten der Feuerwehr liegen dem Anwalt zufolge im Schnitt bei acht Minuten. Nach dieser Zeit sollten Einsatzkräfte vor Ort sein. Vor diesem Hintergrund müsse man wahrscheinlich acht Minuten abwarten, bevor man selbst einschreite. Eine lange Zeit, wenn man hilflos einem Tier zusieht, wie es im heißen Auto leidet.
Sollte nach acht bis neun Minuten niemand da sein oder die Rettungsleitstelle das Go fürs Eingreifen geben, würde der Anwalt die Scheibe einschlagen.
Erste Hilfe für gerettete Hunde
Wichtig ist dann: Das Tier in den Schatten bringen und sein Fell mit – nicht zu kaltem – Wasser komplett zu durchnässen. Dabei beginnt man am besten bei den Pfoten und arbeitet sich dann langsam zu Brust, Rücken und Nacken vor. Außerdem sollte ein Hund bei einem Hitzschlag immer auch zum Tierarzt gebracht werden, am besten in einem kühlen Fahrzeug.
Hund niemals im Auto zurücklassen
Wer seinen Hund alleine im Auto lässt und so dessen Gesundheit oder sogar Leben riskiert, verstößt gegen das Tierschutzgesetz. Das besagt, dass niemand einem Tier "ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen" darf.
Wie kommt es, dass trotzdem jeden Sommer immer wieder solche Fälle in den Schlagzeilen landen? "Was fehlt, ist eine Sensibilisierung", so Heiko Hecht. "Dass Menschen sich einfach Gedanken machen, dass sie nicht alleine auf der Welt sind." Aufgrund einer gewissen "Vereinsamungstendenz" seien viele Leute stark ich-bezogen, so der Anwalt.
"Wenn man ein bisschen aufmerksamer durchs Leben geht und sich vielleicht nicht so stark ablenken lässt, dann denkt man vielleicht auch mal an den Hund als Lebewesen und vergisst ihn eben nicht auf dem Rücksitz oder auf der Rückbank oder im Kofferraum."
An fehlenden Kontrollen oder strenger Strafverfolgung mangele es dagegen nicht, so Heiko Hecht. Den Haltern droht bei solchen Verstößen gegen das Tierschutzgesetz meist eine Geldbuße. Einige Tierschützer fordern allerdings ein höheres Strafmaß – und ein Tierhaltungsverbot. © Deine Tierwelt
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