Immer wieder sprechen sich nationale und internationale Tierschutzorganisationen gegen Qualzuchten aus. Die britische Organisation "ICECDogs" hat jetzt zehn körperliche Qualzucht-Merkmale veröffentlicht, auf die zukünftige Hunde-Eltern unbedingt achten sollten.

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Die Fellnasen röcheln und schnarchen. Ihre Augen tränen. Ihre Gelenke sind lebenslang geschädigt — die Rede ist von Qualzuchten. Viele Tierhalter denken sich jedoch noch immer nichts dabei, wenn ein Mops so "niedlich schnarcht" oder ein Dackel mit seinen kurzen Beinen so lustig "durch die Gegend wackelt". Doch die Beschwerden der Tiere sind keineswegs harmlos. Irrationale Zuchtziele, einseitige Filmchen in den sozialen Netzwerken, Wettbewerbe oder durch die Werbung gelenkte Meinung haben mittlerweile nicht nur bei Hunden zu völlig deformierten Körpern geführt, unter denen sie ihr Leben lang leiden.

Seit langem fordern nationale und internationale Tierschutzorganisationen ein Verbot dieser Qualzuchten. Nicht nur bei Hunden sind die Auswirkungen extremer Körperformen auf Gesundheit und Wohlergehen zu einem drängenden Thema geworden. So warnen Experten zum Beispiel immer wieder vor Rassen mit extrem verkürztem Gesichtsschädel, die den Tieren aufgrund des beliebten "Kindchen-Schemas" angezüchtet wurden. Dieses sogenannte "brachyzephale Syndrom" führt zu ständiger Atemnot. Die Tiere sind dadurch den Anforderungen eines normalen Alltages häufig nicht mehr gewachsen. Ausdauernde Spaziergänge oder körperliche Spiele geraten so schnell zu einer lebensgefährlichen Angelegenheit. Doch neben der "Brachyzephalie" gibt es noch weitere körperliche Merkmale, die auf Qualzuchten bei Fellnasen hinweisen.

Aussehen der Hunde hat sich in den letzten 100 Jahren verändert

Jetzt spricht die britische "International Collaborative on Extrem Conformations in Dogs" (ICECDogs) zukünftige Hundebesitzer direkt an und erklärt die natürlichen, körperlichen Merkmale, auf die sie bei einem potenziellen Kauf achten sollten. Gleichzeit sensibilisiert die Organisation auch für Qualzuchten, die anhand bestimmter, extremer Körperformen schnell zu erkennen sind.

Dr. Dan O´Neill, Mitbegründer von "ICECDogs" weist darauf hin, dass der zukünftige Hundebesitzer mit dem Kauf eines Vierbeiners mit extremen Körperformen damit eben nicht seine "Liebe" zu dem Tier zeigt. Ganz im Gegenteil — mit dem Kauf rechtfertigt er zukünftige Qualzuchten.

Ein flaches Gesicht ist ein Merkmal dafür.
Ein flaches Gesicht ist ein Merkmal dafür. © Foto: unsplash.com/Anima Visual (Symbolfoto)

Der Professor will damit erreichen, dass es "jetzt die breite Öffentlichkeit ist, die kontrolliert, wie Hunde zukünftig aussehen". Der Professor für Haustierepidemiologie am "Royal Veterinary College" in London ergänzt, dass sich das historische Aussehen von Hunden innerhalb der letzten 100 Jahre deutlich geändert hat. Waren die Vierbeiner früher in erster Linie für das Apportieren oder Bewachen zuständig, sind sie heutzutage vermehrt ausschließlich zu Haustieren geworden. Anhand der Zucht sind dabei vielen Hunderassen natürliche und wichtige Fähigkeiten wie problemloses Atmen oder schmerzfreie Bewegungsabläufe "entfernt" worden.

Auf für Bill Lambert, Sprecher des britischen "Kennel Club", einer international tätigen Schutzorganisation, die sich der Gesundheit, dem Wohlergehen und der Ausbildung von Hunden widmet, müssen ungesunde Übertreibungen in der Zucht zukünftig unbedingt vermieden werden. Außerdem nimmt auch der "Kennel Club" zukünftige Hundeeltern in die Pflicht. Sie sollten gründlich recherchieren, welche Gesundheitsprogramme und Instrumente der Züchter verwendet hat und auf den Kauf von Fellnasen mit extremen körperlichen Merkmalen verzichten.

Hund: Körperliche Merkmale für Qualzuchten

Zu den zehn Merkmalen, die laut "ICECDogs" wichtigste Indikatoren für Qualzuchten sind, gehören:

  • flaches Gesicht
  • große und hervorstehende Augen
  • verkürzte und/oder verdrehte Beine
  • Hautfalten im Gesicht oder am Körper
  • fehlender Schwanz
  • deutlich ausgeprägter Kiefer
  • unverhältnismäßig breiter Kopf und Schultern
  • Augenlider nach innen oder außen gedreht
  • gewölbter Schädel
  • abgeschrägter Rücken mit einem zu niedrigen Hinterteil und übermäßig gekrümmten Hinterbeinen

Dr. Dan O´Neill beruhigt Kritiker an den Leitlinien der "ICECDogs": "Es geht nicht darum zu sagen, dass sie niemals, niemals, niemals eine Französische Bulldogge oder einen Dackel kaufen sollen. Es geht darum, eine Französische Bulldogge zu kaufen, aber eine mit einem Schwanz. Mit einer Wirbelsäule, die sich biegt. Mit einer Schnauze, durch die der Hund atmen kann. Mit anderen Worten, es geht darum, Hunde mit ihrer angeborenen Gesundheit zu kaufen. Die aufgrund ihrer Körperform dazu in der Lage sind, frei zu atmen, sich zu frei bewegen, sich selbst zu pflegen, effektiv zu schlafen und sich ohne Hilfe fortpflanzen können."

Hilf dabei, die Qualzuchten abzuschaffen

Zwar gilt in Deutschland seit 2022 zumindest ein Ausstellungsverbot für Haustiere mit Qualzucht-Merkmalen. Trotzdem wird die Zucht hierzulande weiterhin noch billigend in Kauf genommen. Anders als zum Beispiel in den Niederlanden, wo die Zucht kurzköpfiger Rassen bereits mittlerweile verboten ist, steht ein Verbot von Qualzuchten hierzulande nach der vor wenigen Wochen beschlossenen Reformierung des deutschen Tierschutzgesetzes erst in der Planungsphase.

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Hundefreunde können deshalb ganz aktiv dazu beitragen, die Nachfrage ach Qualzuchtrassen und damit die Zucht kranker Hunde zu reduzieren – indem sie über die gesundheitlichen Folgen der Qualzucht aufgeklärt sind und keine Hunde mit diesen Merkmalen kaufen.  © Deine Tierwelt

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