Die Naturschutzbehörde des Rhein-Neckar-Kreises verhängt zum zweiten Mal eine Ausgangssperre für Katzen im Süden der Kleinstadt Walldorf. Mehrere Monate dürfen die Miezen nicht raus. Viele Anwohner sind empört über die strikte Maßnahme.
Wir müssen leider drinnen bleiben: Im Baden-Württemberigschen Walldorf dürfen Katzen den ganzen Sommer über das Haus nicht verlassen. Die drastische Maßnahme soll dabei helfen, eine seltene Vogelart zu beschützen – sorgt bei einigen Haltern aber für Empörung. Schon im vergangenen Jahr stellte die Naturschutzbehörde des Rhein-Neckar-Kreises die Katzen in Walldorf-Süd unter Hausarrest, um die vom Aussterben bedrohte Haubenlerche zu schützen.
Ab dem 1. April tritt die Allgemeinverfügung zum Schutz des Singvogels wieder in Kraft – wenn die Brutsaison beginnt. Die Maßnahme sei zwar umstritten, aber effektiv gewesen, wie Landrat Stefan Dallinger von der CDU argumentierte. Die Verordnung habe sich als "wirksames Instrument zum Erhalt der Vogelart erwiesen". Im vergangenen Jahr überstanden nach Angaben der Naturschutzbehörde acht Haubenlerchen die kritische Phase und wurden flügge. Zuvor hätten trotz erfolgreicher Bruten nur wenige Jungvögel überlebt.
Bußgelder bis zu 50.000 Euro drohen
"Die Freigänger-Katzen sind im Hinblick auf die Problematik der Haubenlerche einer von mehreren Faktoren, aber in Walldorf aufgrund der Siedlungsnähe kein unwesentlicher Faktor, weshalb auch bezüglich der Katzen Maßnahmen notwendig sind", begründet die Naturschutzbehörde ihre Allgemeinverfügung.
Wie im Vorjahr betrifft der Katzen-Lockdown nur den südlichen Teil der Stadt. Die Samtpfoten dürfen vom 1. April bis einschließlich 31. August das Haus prinzipiell nicht verlassen. Eine Ausnahmegenehmigung ist möglich, wenn die Halter via GPS-Tracking nachweisen können, dass ihr Tier sich nicht im Gefahrenbereich der Haubenlerche aufhält. Wer seine Katze trotz der Verordnung rauslässt, muss mit empfindlichen Strafen rechnen. Wird eine Haubenlerche verletzt oder getötet, drohen Bußgelder von 500 Euro bis 50.000 Euro.
Anwohner sind verärgert über harte Regel
Bei den Katzenhaltern der Stadt kommt die Allgemeinverfügung überhaupt nicht gut an. Schon 2022 legten 40 Tierfreunde Einspruch ein – ohne Erfolg. Viele halten die Maßnahme für übertrieben. Die 45-jährige Marina Vetter klagte gegenüber der "Bild": "Die Ausgangssperre war für meine drei Katzen schon im letzten Jahr eine richtige Katastrophe. Sie gingen die Wände hoch, wurden unsauber und völlig depressiv. Diese Regelung ist Tierquälerei und völlig unverhältnismäßig." Auch Anton Fazaa (22) ärgert der erneute Katzen-Lockdown: "Mein Kater Tschaikowski stammt von einem Bauernhof. Er versteht die Welt nicht mehr, wenn ich ihn nicht rauslasse. Er jammert den ganzen Tag und ist unsagbar unglücklich. Das ist doch kein lebenswerter Zustand."
Die Kritiker schlagen eine Umzäunung des Brutgebiets vor und fordern Lockerungen der Ausgangssperre, da längst nicht alle Katzen Vögel jagen. "Es muss doch ein Kompromiss gefunden werden, damit beide Tierarten zu ihrem Recht kommen", so Marina Vetter. Die Behörde argumentiert hingegen, dass angesichts der stark rückläufigen Brutzahlen der vergangenen Jahre weiterführende Maßnahmen unabdingbar seien. Die ursprünglich in Baden-Württemberg weit verbreitete Vogelart ist extrem zurückgegangen und kommt den Angaben nach fast nur noch in der nordbadischen Oberrheinebene vor. 2022 wurden 74 Reviere gezählt, 1988 waren es noch 670. © Deine Tierwelt
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