Alhambra war ihr Seelenpferd. Doch dann musste Megan Grochowski sich von ihr trennen. Mehr als zehn Jahre später findet sie die Stute wieder. Und erfährt: Ihr geliebtes Pferd soll zum Schlachter. Die 29-Jährige kann sie in letzter Sekunde retten. pferde.de sprach mit ihr über eine Liebe, die man nie vergisst, neue Hoffnung – und ihr tierisches Happy End.
Als sie die Württemberger-Stute sah, war es sofort um Megan Grochowski geschehen: "Es war Liebe auf den ersten Blick", erinnert sie sich. Alhambra war damals das neue Schulpferd in ihrem Reitstall und sie wollte nur eins: Dass sie für immer zusammenbleiben. "Ich habe zuhause dann ständig gebettelt. Schließlich sagte mein Stiefvater: ‚Okay, wenn Du beim nächsten Hofturnier den ersten Platz mit ihr machst – dann bekommst Du sie.‘"
Für die damals 17-Jährige eine Herausforderung: "Ich habe nächtelang geübt. Und als ich dann tatsächlich den ersten Platz machte, war ich überglücklich. Ich habe so gezittert vor Freude, dass ich sogar den Pokal fallen ließ", erinnert sie sich lachend.
Weil sie noch nicht volljährig war, unterschrieb ihre Mutter den Kaufvertrag. "Ich habe mir damals darüber keine Gedanken gemacht." Doch kurz danach erfuhr sie, was das bedeutete. Denn: Ihre Mutter trennte sich, zog weg – und nahm Alhambra mit. "Ich war am Boden zerstört. Alhambra war meine große Pferdeliebe. Danach wollte ich nichts mehr mit Pferden zu haben, saß nie wieder auf einem Pferd."
Wo ist Alhambra?
Megan Grochowski machte ihre Ausbildung zur Krankenschwester, arbeitete, wurde Mutter. Doch die Erinnerung an Alhambra blieb. "Ich habe immer wieder nach ihr gefragt", erzählt sie. "Und immer hieß es: Ihr geht es gut." Und sie wollte das glauben: "Meine Mutter hatte mir beigebracht, dass man niemals böse zu Tieren sein darf. Daher war ich sicher, dass Alhambra alles hat, was sie braucht."
Doch irgendwann reichten ihr die Beteuerungen nicht mehr. Und die heute 29-Jährige hatte Glück. Endlich bekam sie einen Hinweis: "Ich erfuhr, dass sie irgendwo bei Leipzig steht. Also habe ich gefühlt 20 Ställe in und um Leipzig angerufen – und habe ich sie dann auch gefunden." Und sie erfuhr: Alhambra stand seit zwei Jahren auf der Koppel, "niemand kümmerte sich um sie. Sie hat in der Zeit auch keinen Tierarzt gesehen."
Ihr Pferd sollte zum Schlachter
Dann der Schock. "Ich erfuhr, dass die letzten sechs Monate die Boxenmiete nicht gezahlt wurde. Alhambra wurde beschlagnahmt – und sollte zum Schlachter." Verzweifelt sprach Megan Grochowski mit ihrem Mann Sven (40). "Er war begeistert und hat gesagt: Das schaffen wir. Und so haben wir dann die offenen Rechnungen Stück für Stück abbezahlt." So retteten sie das Pferd vorm Schlachter. Für sie war klar, dass Alhambra irgendwann zu ihr kommen würde. "Aber ich dachte, ich hätte Zeit, um mich um alles zu kümmern."
Stattdessen kam ein Anruf: "Diesmal hieß es, dass sie Ende des Monats die Box brauchen." Also organisierte Grochowski den Transport von Leipzig nach Rottweil. "Als sie dann aus dem Hänger kam, konnte ich es nicht fassen. Sie war komplett verwurmt, abgemagert, jede Rippe konnte man sehen. Dazu hatte sie einen Rechtsdrang beim Laufen. Und ihre Augen waren total leer."
Die ganze Familie wurde zu Pferdemenschen
Für die Mutter der schlimmste Moment. "Ich dachte nur: Jetzt habe ich sie endlich wieder – und nun schafft sie es nicht mehr und muss eingeschläfert werden." Dazu hatte sie ein schlechtes Gewissen. "Für den Transport habe ich die Urlaubskasse aufgebraucht. Ich dachte, ich habe meine Familie in den Ruin getrieben – für ein todkrankes Pferd."
Doch aufgeben wollte sie nicht. "Der Tierarzt kam, hat sie untersucht. Und dann erst einmal ihre Zähne gemacht. Drei Stunden brauchte er, um alles einigermaßen zu beheben." Seitdem kümmert sich nicht nur Megan Grochowski jeden Tag um die Stute. "Die ganze Familie wurde zu Pferdemenschen", sagt sie lachend. Sogar ihr Mann, der eigentlich Angst vor Pferden hatte, ist immer dabei.
Für die Kinder ist Alhambra die beste Therapie
Und für die Söhne Liam (4) und Luis (10) ist Alhambra ein besonderes Geschenk. Liam hat ADHS, Luis das Asperger-Syndrom. "Für sie ist Ali ein Therapie-Pferd. Wenn sie bei ihr sind, werden sie viel ruhiger und entspannter."
Damit die Familie Alhambra finanzieren kann, ist Megan beruflich wieder voll eingestiegen, arbeitet als Krankenschwester in der Nachtschicht. "Das ist zwar anstrengend, aber Ali ist es hundert Mal wert", sagt sie. "Sie ist so lieb, so dankbar. Und es geht ihr wirklich immer besser." Sie hat zugelegt – und galoppiert schon wieder fröhlich über die Weide. "Das sind die Momente, die ich am meisten genieße. Dann weiß ich: Wir haben das Richtige gemacht."
Was sie sich wünscht? "Noch ein paar schöne Jahre mit Alhambra, in der sie ganz viel Liebe bekommt." Und eins steht für Megan fest: "Mein Pferd gebe ich nie wieder her!" © Pferde.de
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