Ihr Leben im engen Zirkuswagen haben die Löwen King und Ngala mit einem neuen Zuhause an der Costa Blanca getauscht. Der niederländischen Stiftung "AAP” und Frankreichs neuer Tierschutz-Gesetze sei Dank. Leider konnte Ngala jedoch die neue Freiheit nicht lange genießen.

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Die Zirkus-Löwen King und Ngala boten der niederländischen Tierrettungs-Stiftung "Animal Advocacy and Protection" (AAP) einen traurigen Anblick. Über 20 Jahre lebten die Löwen in einem nur 2,5 mal acht Meter kleinen Zirkuswagen, mit nur ein wenig Kies-Auslauf und keinerlei Grün. Die Zirkus-Tortur mit strengem Training und Fahrten von Stadt zu Stadt in den zu kleinen Käfig-Wagen sah man den Großkatzen an. Sie verhielten sich unterwürfig und versuchten, nicht aufzufallen. Auch fraßen sie sehr langsam, was eher untypisch für Löwen ist. King hatte zudem keine für die Löwen-Männchen charakteristische Mähne. Kastration und der daraus resultierende Testosteronmangel war der Grund dafür. Von ehemals "stolzen Löwen" war nichts mehr geblieben.

Doch mit diesem traurigen Dasein war dank "AAP” Anfang September 2023 Schluss. Die niederländischen Tierrettungs-Stiftung ließ die beiden ehemaligen Zirkus-Löwen in Frankreich abholen und an die spanische Costa Blanca transportieren. Denn in Villena in der spanischen Provinz Alicante betreibt die Stiftung mit "Primadomus" eine Auffangstation für gerettete Tiere und bietet diesen ein möglichst artgerechtes Leben in Sicherheit. Seit 2009 zuerst nur für Affen, ermöglicht "AAP” seit 2016 auch Großkatzen einen würdigen Lebensabend – jetzt auch für King und Ngala.

Bereits im letzten Jahr machte "AAP” auch in Deutschland mit einer spektakulären Aktion auf den Tierschutz aufmerksam. Die Website "WYLD" warb mit dem legalen Verkauf von exotischen Tieren und kündigte außerdem einen Showroom in Berlin an. Doch auf die zahlreichen Interessenten und Medienvertreter wartete am Eröffnungstag eine besondere Überraschung: David van Gennep, Geschäftsführer "AAP” machte mit dieser Aktion auf die ungenügende Gesetzgebung hinsichtlich des Kaufs von exotischen Tieren in Deutschland aufmerksam.

20 Jahre lang ein Leben als Zirkus-Löwen

King und Ngala wurden in einem französischen Zoo geboren. Im Alter von nur zwei Monaten übernahm sie ein Ex-Dompteur, der das Geschwisterpaar zusammen mit anderen Löwen für Auftritte in Filmen und im Zirkus in Frankreich, Ost-Europa und Russland anbot. Nachdem der Dompteur betrogen wurde und einen Großteil seiner Raubkatzen verloren hatte, kehrte er nur noch mit drei Löwen nach Süd-Frankreich zurück. Doch schon bald konnte er den Unterhalt für die Tiere nicht mehr leisten. Der jüngste Löwe — ein seltener weißer Löwe — kam in Belgien unter, King und Ngala hingegen sollten dank "AAP” von nun an ein Leben in der Auffangstation "Primadomus" an der Costa Blanca führen, so artgerecht wie für nicht ausbilderbare Löwen eben möglich.

King und Ngala waren in einem schrecklichen Zustand

Wenigstens wurden den beiden Raubkatze nicht — wie sonst in Zirkussen üblich — die Krallen gezogen und die Tatzen bis zum ersten Knochen verstümmelt. "Aber der Gesundheitszustand von King und Ngala ist dennoch besorgniserregend", sagte damals Pablo Delgado, der bei "AAP” für die großen Raubkatzen in Spanien zuständig ist. "Ihr fortgeschrittenes Alter lässt wahrscheinlich Nieren- und Stoffwechselprobleme auftreten. Ihr psychischer Zustand durch jahrelanges Eingesperrtsein führt dazu, dass ihre Muskulatur sehr schwach ist. Ihre Knie und Ellenbogen sind voller Narben, weil sie lange Zeit auf Zement oder hartem Boden lagen." Außerdem waren die Löwen stark unterernährt, King fehlte ein Stück seines Schwanzes – vermutlich hatte er sich diesen aufgrund eines Traumas selbst abgebissen — und Ngala war auf einem Auge blind.

Raubkatzen-Experte Delgado fasste die tierschutzgerechte Philosophie von "AAP” in Spanien zusammen: "Aber wir tun unser Möglichstes, um ihnen in unserem Zentrum an der Costa Blanca in ihren letzten Lebensjahren die beste Pflege zu geben." Doch leider konnte Ngala die neue Freiheit nicht lange genießen. Bei einer tierärztlichen Untersuchung zeigte sich, dass sie einen "metastasierenden Tumor" in ihrem Körper hatte. Schnell wurde klar, dass man nichts Weiteres für sie könne, als sie gehen zu lassen.

Seitdem war King alleine und wurde umso mehr vom Pflege-Team umsorgt. Mit Erfolg: Das Männchen erholte sich langsam, fraß gut und wurde täglich stärker. Auch traute er sich endlich, ins Außengehege zu gehen und seine neue Freiheit in sicherer Natur zu genießen. Der ehemalige Zirkus-Löwe fing an, sich zu Hause zu fühlen.

Frankreich und Spanien verschärften Tierschutz-Gesetze

Wahrscheinlich haben aber nicht nur wirtschaftliche Gründe den Halter der Löwen bewogen, seine Tiere abzugeben. Frankreich hat neue Tierschutz-Gesetzte verabschiedet, die — nach einer Anpassungszeit bis 2028 — Zirkusshows oder Manegenspektakel mit Wildtieren komplett verbietet und damit Zirkusunternehmen endlich das nicht artgerechte Halten auch von Großkatzen untersagt. Denn laut dem "AAP”-Bericht "The Darkness behind the Spotlight" (deutsch: "Die Dunkelheit hinter dem Rampenlicht"), beruhend auf der Untersuchung von geretteten Zirkustieren zwischen 2015 und 2019, leiden 89 Prozent der Zirkustiere unter psychischen oder mentalen Problemen.

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Für Marta Machán von "AAP Spanien” ein Schritt in die richtige Richtung: "Wir von ‚AAP‘ begrüßen es sehr, dass sich dank der Gesetzesänderungen immer mehr Zirkusunternehmen dazu entscheiden, einen geeigneten Rückzugsort für ihre Tiere zu suchen. Und wir sind hier, um Lösungen anzubieten, sei es in unseren eigenen Zentren wie hier an der Costa Blanca oder in Partnerorganisationen."

Übrigens – "Primadomus" liegt weniger als 90 Minuten von den meisten sonnigen Sandständen der Costa Blanca entfernt und freut sich darauf, interessierten Besuchern den Ort zu zeigen, an dem jahrelang misshandelte Tiere einen würdigen Lebensabend verbringen dürfen.   © Deine Tierwelt

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