Ein Hund kann bis zu 165 Worte der menschlichen Sprache erlernen. Aber ist es dem Vierbeiner auch möglich, verschiedene Sprachen zu unterscheiden? Eine Studie liefert mithilfe der Erzählung "Der kleine Prinz" eine eindeutige Antwort darauf.
Immer wieder erstaunt es uns, wie schlau unsere Fellnasen doch sind. Nicht nur verstehen sie Kommandos wie "Sitz", "Platz", "Bleib" oder "bei Fuß". Verhaltensbiologen der "Eötvös-Loránd-Universität" (ELTE) in Budapest haben sogar nachgewiesen, dass manche Hunde — vor allem Border Collies — dazu in der Lage sind, in nur einer Woche bis zu zwölf neue Worte zu verstehen und sich diese anschließend monatelang merken zu können. Allgemein wird davon ausgegangen, dass eine Fellnase bis zu 165 Begriffe der menschlichen Sprache im Laufe ihres Lebens verstehen kann. "Vierbeinige Einsteins" schaffen sogar mehr als 200 Worte. Voraussetzung dafür ist natürlich, dass mit dem vierbeinigen Freund nicht auf "Nobelpreis-Niveau", sondern in einfacher Sprache kommuniziert wird.
Unsere tierischen Mitbewohner hören vielleicht nicht immer auf das, was wir ihnen sagen. Doch sie hören auf jeden Fall zu. Aber was passiert eigentlich, wenn mit dem Vierbeiner in unterschiedlichen Sprachen gesprochen wird? Sind sie bilingual veranlagt und können sie die verschiedenen Sprachen voneinander unterscheiden? Dieser Frage ging Wissenschaftlerin Laura V. Cuaya nach ihrem Umzug von Mexiko nach Ungarn nach. Zusammen mit ihren Kollegen der "Eötvös-Loránd-Universität" veröffentlichte die Biologin nun in der wissenschaftlichen Fachzeitschrift "NeuroImage" die erstaunliche Antwort auf diese Frage.
Umzug mit der Fellnase von Mexiko nach Ungarn
"Das kommt mir jetzt aber spanisch vor" — so oder so ähnlich dürfte ihr Border Collie namens Kun-Kun gedacht haben, als er mit Frauchen von seiner spanisch sprechenden Familie aus Mexiko nach Budapest in Ungarn umgezogen war. Denn hier sollte Hunde-Mama Laura als Postdoktorandin am Department für Verhaltensforschung an der "Eötvös-Loránd-Universität" arbeiten. Auch Frauchen Laura stellte sich die Frage, ob ihrer Fellnase auffiel, dass das neue Umfeld jetzt vermehrt eine andere Sprache sprach.
Es ist bekannt, dass sogar Säuglinge solche Unterschiede bereits bemerken, aber beschäftigt das überhaupt unsere pelzigen Mitbewohner? Um das herauszufinden, trainierte ein Team von Verhaltensforschern Border Collie Kun-Kun und weitere 17 Hunde zunächst darauf, regungslos in einem Hirnscanner liegenzubleiben.
Hunde hörten "Der kleine Prinz" auf Spanisch und Ungarisch
Danach analysierten die Forscher, wie die Gehirne der Vierbeine jeweils auf eine vertraute und auf eine unbekannte Sprache reagierten und ob sich beim Anhören unterschiedliche "Aktivitätsmuster" zeigten. Denn die beteiligten Versuchshunde kannten eine der beiden Sprachen, die andere hatten sie hingegen noch nie gehört.
Dazu spielten die Wissenschaftler den Vierbeinern im Hirnscanner über Kopfhörer Auszüge aus der Erzählung "Der kleine Prinz" vor. Zur Kontrolle hatten die Wissenschaftler den Hunden zusätzlich eine rückwärts abgespielte Version in beiden Sprachen vorgespielt, deren Klang gar nicht an die "natürliche Sprachmelodie" erinnert. "So haben wir getestet, ob die Hunde den Unterschied zwischen Sprache und Nichtsprache überhaupt erkennen", erklärt die Erst-Autorin der Studie Laura V. Cuaya die ungewöhnliche Vorgehensweise.
Das Ergebnis der Studie
Bei den Hunden zeigten sich in der "sekundären Hörrinde, einem Kortexareal im Temporallappen des Gehirns, unterschiedliche Aktivitätsmuster. Diese waren abhängig davon, ob sie eine bekannte oder unbekannte Sprache hörten", erklärt Forscherin Laura V. Cuaya. Erstaunlich war auch, "je älter der Hund war, desto deutlicher ließen sich die Unterschiede erkennen. Es scheint also ein gewisser Lerneffekt einzutreten."
In den Aktivitätsmustern der Gehirne zeigte sich außerdem, dass die Fellnasen erkannten, ob es sich bei der vorgespielten Sprache überhaupt um eine richtige Sprache handelte oder um die rückwärts gespielte Version. Denn dieses Kauderwelsch wurde in der primären Hörrinde verarbeitet und dort als unverständlich eingestuft.
Hunde können sprachliche Unterschiede erkennen
Mit-Autor der Studie Raúl Hernández-Pérez erklärt: "Hundegehirne können wie menschliche Gehirne zwischen Sprache und Nichtsprache unterscheiden." Aber es gibt einen bedeutenden Unterschied: "Während das menschliche Gehirn speziell auf Sprache eingestellt ist, kann das Hundegehirn einfach die Natürlichkeit des Klangs erkennen."
Somit hat diese Studie aus Ungarn zum ersten Mal gezeigt, dass auch nicht-menschliche Gehirne dazu in der Lage sind, zwischen zwei menschlichen Sprachen zu unterscheiden. Atilla Andics, Leiter der Studie, fasst das Ergebnis wie folgt zusammen: "Es ist in der Tat möglich, dass Hunde durch ihr Zusammenleben mit dem Menschen über Jahrtausende zu besseren Sprach-Hörern geworden sind."
Für Fellnase Kun-Kun ist es also kein Problem zu verstehen, wenn Frauchen Laura nach Hause kommt und im spanisch-ungarischen Mix ruft: "Ven aqui, mi peque ña querida — nagyon hiányoztal" (deutsch: Komm her mein kleiner Liebling — ich habe Dich sehr vermisst). © Deine Tierwelt
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