Eine kanadische Studie zeigt: Wenn Pferde vor einer herausfordernden oder stressigen Situation stehen, dann blinzeln sie anders. Nämlich erst einmal deutlich weniger. Im Gegensatz zu uns Menschen, wir blinzeln dann häufiger…
Wenn es um Stress geht, gibt es bei uns Menschen ein deutliches Anzeichen: unsere "Blinzel-Rate". Heißt: Wenn wir Stress empfinden, blinzeln wir häufiger. Aber wie ist das bei Pferden? Blinzeln sie in einer stressigen Situation anders? Das wollten britische und kanadische Forscher wissen. Denn: Herkömmliche Methoden zur Quantifizierung von Stress (Messung des Cortisolspiegels oder der Herzfrequenz) erfordern eine spezielle Ausrüstung und sind nicht sofort verfügbar, so die Forscher.
Die Ergebnisse der beiden Studien sind auf den ersten Blick verwirrend. Denn die britischen Forscher fanden heraus, dass Pferde in einem Stress-Moment deutlich häufiger blinzelten. Für ihre Studie hatten sie 33 Pferde (21 Wallache und zwölf Stuten), die alle als Reitschulpferde im Einsatz waren, beobachtet. Für die Untersuchung hörten und sahen die Pferde eine Haarschneidemaschine. Ergebnis: Im ersten Moment gab es eine "Schockreaktion", die Pferde blinzelten deutlich weniger. Danach war die Blinzelrate deutlich erhöht.
33 Pferde in drei Stress-Situationen
Dagegen sagen die kanadischen Forscher: Pferde blinzeln weniger! Für ihre Studie nahmen sie ebenfalls 33 Pferde, die sie drei unterschiedlichen Stress-Situationen aussetzten:
- Trennung von Herdenkameraden,
- keine Möglichkeit des Futterzugangs und
- Erschrecken durch ein neues Objekt.
Als Grundlage wurden die Lidschlagrate und die Anzahl der Augenzuckungen gemessen, wenn die Pferde mit einem tierischen Artgenossen auf der gewohnten Koppel stand. Dieses Ergebnis wurde als Vergleichswert genommen. Ergebnis: Im Durchschnitt führten Pferde ohne Stress acht- bis neunmal pro Minute volles Blinzeln durch. Wenn Stressauslöser präsentiert wurden, sank diese Rate auf fünfmaliges Blinzeln pro Minute. Aber: Halbes Blinzeln nahm unter Stresssituationen zu– vor allem, wenn die Pferde nicht ans Futter kamen. Auch das Zucken der Augenlider nahm unter Stress zu: von zweimal zucken pro Minute im Normalzustand stieg es auf sechsmal pro Minute während der Futtereinschränkung.
Bei Stress: Weniger Blinzeln, mehr Zucken – oder?
"Unsere Ergebnisse zeigten eine Zunahme von Augenlidzuckungen während des Futterentzugs, was die Pferde als Stress empfanden. Umgekehrt führten die Trennung von Artgenossen und der Schrecktest nicht zu einer Zunahme des Augenlidzuckens. Das deutet darauf hin, dass das Augenlidzucken häufiger in Stresssituationen auftritt, da die Pferde diese beiden letzteren Situationen anscheinend nicht als Stress empfanden", so das Fazit der Forscher.
Für die unterschiedlichen Ergebnisse hatten sie auch eine Erklärung: Sie nahmen einen Mittelwert über einen Zeitraum von drei Minuten. Dagegen beobachteten die britischen Forscher die Pferde zehn Minuten lang. Diesen zeitlichen Unterschied betonen auch die britischen Forscher: "Wir haben gezeigt, dass die spontane Blinzel-Rate ein gültiges, schnelles, alternatives Maß für Stress bei Pferden ist", betonen sie.
Aber: "Die anfängliche ‚Erschrecken’-Reaktion muss berücksichtigt werden, wenn dieser Parameter als Maß für Stress bei Tieren verwendet wird." Dabei gibt es übrigens Unterschiede: Ist die Situation nicht zu stressig für Pferde, sinkt die Blinzel-Rate teilweise über eine Minute, bis sie ansteigt. Steht das Pferd deutlich unter Stress, sinkt die Blinzel-Rate dagegen nur einige Sekunden. © Pferde.de
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.