Es sind vier Sekunden, die fassungslos machen: Ein Pferd läuft im Kreis, dabei ist der Kopf mit dem Schweif so verbunden, dass der Kopf extrem nach innen gezogen wird. Gezeigt wurde die Tierquälerei bei RTL. Seitdem diskutiert die Bundesrepublik: Wie pferdefreundlich ist Deutschland?
Der Bericht lief bei RTL. 30 Minuten ging es um die Reiterszene in Deutschland. Im Mittelpunkt: Der Vorwurf der Tierquälerei – und ein Hof im Märkischen Kreis. Dort arbeiten Mutter und Tochter seit Jahren mit Pferden. "Wir möchten unser Wissen und unsere Kenntnisse in den Dienst Ihres Pferdes stellen", werben sie auf ihrer Homepage im Internet. Die Frauen sind Pferdewirtschaftsmeisterinnen, die Mutter dazu Turnierrichterin und Tierheilpraktikerin, wie sie schreibt. Das klingt hochkompetent. Doch wie sieht es wirklich dort aus?
In Deutschlands Dressurhallen werden Pferde misshandelt, schreibt RTL zu dem Beitrag. Der Sender zeigt dann die vier Sekunden, die nur schwer zu ertragen sind. Zu sehen ist ein Pferd, dessen Schweif durch einen Strick mit dem Trensengebiss im empfindlichen Pferdemaul zusammengebunden wurde. Dabei wird das Pferd durch die Longierhalle getrieben. "Das Ziel dieser Methode war es, das Tier zu brechen, um es gefügig zu machen", sagt eine Augenzeugin. "Die Pferde sind dabei gestürzt, gegen die Banden geknallt. Viele Pferde waren danach auch lahm", führt sie weiter aus.
Tierquälerei: Pferdesportverband stellte Anzeige
"Das ist Tierquälerei", sagt Tierärztin Kerstin Tönnies in dem Beitrag, als sie die Bilder sieht. Nein, es sei ein Therapieansatz, so die Hofbesitzerin zur RTL-Reporterin. Das Pferd hätte dabei gelernt, loszulassen und sich zu entspannen. Ganz anders sieht es eine ehemalige Einstellerin. Sie hätte ein gesundes Pferd in den Stall gebracht – und ein krankes Pferd dort wieder rausgeholt.
Auch die Reiterliche Vereinigung (FN) sieht das ganz anders als die Hofbesitzerin. "Diese Art des Trainings entspricht weder den Richtlinien für Reiten und Fahren noch unseren ethischen Grundsätzen. Diese Art des Trainings lehnen wir strikt ab. Es handelt sich definitiv nicht um eine von der FN vertretene Ausbildungsmethode", erklärte Generalsekretär und CEO Soenke Lauterbach. Der Pferdesportverband Westfalen, der für den Fall zuständig ist, hatte deshalb Anzeige bei der Staatsanwaltschaft Hagen erstattet und darüber hinaus ein verbandliches Verfahren eingeleitet.
Die Staatsanwaltschaft stellte das Verfahren ein
Auch das zuständige Veterinäramt wurde informiert – und winkte ab. Eine Tierärztin hätte sich die Methode zeigen lassen und entschied: Das ist nicht tierschutzrelevant. Auch die Staatsanwaltschaft scheint dieser Meinung – und stellte das Verfahren ein. Für die FN ist das Thema damit aber noch nicht vom Tisch. Das verbandliche Verfahren läuft noch.
Ob es am Ende Konsequenzen gibt? Unklar. "Grundsätzlich begrüßen wir, wenn objektiv über Missstände berichtet wird", so Lauterbach. "Wir verwehren uns aber in aller Deutlichkeit dagegen, dass die Pferdesport-Gemeinschaft durch die reißerische und voreingenommene Art der RTL-Berichterstattung unter einen Generalverdacht gestellt wird. Der RTL-Beitrag erzeugt den Eindruck, dass im Pferdesport systematisch Pferde gequält werden. Das ist schlicht falsch", sagt der FN-Geschäftsführer. © Pferde.de
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