Es war Liebe auf den ersten Blick: Bei einer Hilfsfahrt verguckte sich Tierschützerin Victoria Müller vom Verein "ddao" in die ukrainische Hündin Kiwi. Wie aus der Pflegestelle das ersehnte Zuhause für immer wurde – und warum Hunde aus Kriegsgebieten eine Chance auf ein schönes Zuhause verdient haben.
"Hunde sind meine Seelentiere", gesteht die Tierrechtsaktivistin Victoria Müller in einem Instagram-Beitrag. Die Vierbeiner haben es der Wahl-Berlinerin bereits seit ihrer Kindheit angetan. "Ich hatte ein großes Hundelexikon, mit allen Hunderassen, welches ich in meinem Kinderzimmer studiert habe. Kleine Notizzettel haben dabei meine favorisierten Hunderassen markiert", erinnert sie sich.
Als sie acht Jahre alt war, adoptierte Müllers Familie einen Hund aus dem Tierschutz, genauer gesagt aus einem Versuchslabor. "Dieser Schäferhundmischling sollte weg, hat nirgends hingehört und bis zu seinem 17. Lebensjahr in unserer Familie gelebt", Müller weiter.
"Das hat mich geprägt, denn ich habe mich zum einen von diesem Rassenthema verabschiedet (Rescued is my favourite breed) und ich habe meine Liebe zu diesen Tieren vertieft. Ein Leben ohne Hunde ist für mich nicht denkbar." Lange habe sie aktiv Tierschutzvereine unterstützt, Tiere in den USA gerettet und Tötungsstationen in Osteuropa besucht.
Tierschutz von Kindesbeinen an
Mit ihrem Tierschutzverein "ddao Tierschutz e.V." habe sie nun ihren festen Platz gefunden. Den jungen Verein gründete Müller zusammen mit Joris Olesch und Natalie Rozek, um Tieren noch effektiver im ukrainischen Kriegsgebiet zu helfen.
Regelmäßig fahren die Vorsitzende und ihre Vereinsmitglieder ins Kriegsgebiet, um gemeinsam mit lokalen Tierschützern Tiere zu evakuieren. Sie bringen außerdem LKW-Ladungen voller Futterspenden dahin, wo sie dringend benötigt werden. Wie die Rettungen genau ablaufen und vieles mehr über die Arbeit des Vereins erfährst Du in dieser Podcast-Folge.
Bei einer Fahrt, bei der die "ddao"-Mitglieder ukrainische Hunde in ein Tierheim in Ungarn gebracht haben, die dort in Quarantäne kamen, ist es dann passiert: Eine Hündin, die damals noch den Namen Böbe trug, eroberte sofort Müllers Herz. "Wir haben uns gleich gegenseitig ineinander verguckt, Kiwi und ich", schwärmt sie im Podcast.
"Ein klassischer Fall von Foster Fail"
Das sei alles recht schnell gegangen: Müller nahm Kiwi zu sich zur Pflege auf. "Ein klassischer Fall von Foster Fail", lacht sie heute. Denn Kiwi blieb bei ihr. Sie verstand sich sofort blendend mit Ladenhüter Rambo.
Der Rüde kam vor zehn Jahren aus dem Tierheim Berlin zu Müller und liebt Hündinnen. "Es passte auch vom Charakter her super", sagt Müller und resümiert: "Rambo war verliebt, die Katze war verliebt, wir waren verliebt".
Dass sich die ukrainische Straßenhündin auch mit Samtpfoten gut verträgt, ließ Müller vorab abklären. Unterstützung bekam sie von dem Verein "Notpfote Animal Rescue e.V.", der Tierschützerin Judith Pein und der Tierrechtsorganisation "Peta". Durch seine enge Zusammenarbeit mit dem Tierschutzverein "Notpfote" fand auch Malte Zierden seine ukrainische Hündin Ma.
Gewöhnung ans neue Zuhause
Doch wie bei Ma lief auch bei Kiwi nicht alles sofort reibungslos nach dem Einzug in ihr neues Zuhause. Da sie von der Straße aus dem Kriegsgebiet kommt, musste sie sich zuerst an einiges gewöhnen. Treppen traute die Fellnase zunächst gar nicht über den Weg.
Außerdem hatte sie Angst im Dunkeln und musste erst lernen, stubenrein zu werden. Das erforderte von ihren Zweibeinern Geduld, Training und viel Liebe. Inzwischen hat sich Kiwi gut eingelebt. Von Vorteil sei laut Müller gewesen, dass Kiwi prinzipiell nicht sehr ängstlich sei.
Jedes Tier aus einem Kriegsgebiet ist anders
Müller betont, dass es nicht das eine Tier aus dem Kriegsgebiet gibt. Manche bringen weniger Ängste mit und müssen vielleicht nur wenige Dinge lernen. Während andere etwas Schlimmes erlebt haben und zum Beispiel durch laute Geräusche verängstigt sind, weil sie damit etwas Traumatisches verbinden.
Oder der Vierbeiner lebte zuerst auf der Straße und muss das Leben im Haus erst lernen. Manche sind Überlebenskünstler, andere brauchen mehr Unterstützung. Manche kommen gut klar mit anderen Hunden, andere nicht. Alles eine Frage der Sozialisation.
Erfolgreiche Adoption
So hat jedes Tier individuell seine "Baustellen", an denen gearbeitet werden muss. Das sollte man als angehender Hundehalter eines Hundes aus dem Kriegsgebiet nicht unterschätzen. Doch Kiwi beweist, wie viel Potential in Hunden wie ihr steckt. Im Hause Müller ist sie richtig aufgeblüht und genießt jede Sekunde.
Sie liebt es, zusammen mit Rambo ausgelassen auf Feldern und Wiesen zu toben. Genauso gerne kuschelt sie aber auch mit ihrer Familie. Kiwi feiert demnächst ihr einjähriges Adoptions-Jubiläum. Wir gratulieren von Herzen!
Wie ihr Frauchen hat Kiwi ihren Platz gefunden. Neben Kastrationsprojekten hat Müllers Verein noch viel vor: "Wir wollen ein Tierschutzzentrum errichten mit, mit Lebenshof und Tierheimbereich". Denn eins ist sicher, die Tiere und Menschen vor Ort können jede Hilfe gebrauchen.
Die Tiere – egal, ob Haus-, Bauernhof oder Wildtiere – werden stark verletzt durch aktive Kriegshandlungen, haben Traumata oder können nicht mehr versorgt werden, weil die Menschen entweder selbst flüchten müssen oder die Infrastruktur und die Ressourcen fehlen. © Deine Tierwelt
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