Aller drei bis sechs Monate ist es für viele soweit: Wir verabreichen unseren Pferden eine Wurmkur. Oft aus purer Chemie. Einerseits, weil viele Stallbesitzer das fordern und andererseits, weil das halt schon immer so war. Doch welche Auswirkungen hat diese routinemäßige Entwurmung? Ist das wirklich für alle Pferde notwendig, oder gibt es alternative Vorgehensweisen?
Noch immer wird eine Wurmkur dem Pferd in vielen Fällen prophylaktisch verabreicht. Das heißt: Es ist gar nicht klar, ob das Tier überhaupt Würmer hat. Und nach der Verabreichung der Wurmkur an den gesamten Stallbestand gestaltet es sich schwierig herauszufinden, welches Pferd möglicherweise mit Würmern infiziert war. Denn in einer Gruppenhaltung ist es fast unmöglich festzustellen, welches Tier den befallenen Kot abgesetzt hat, da dies innerhalb eines Zeitraums von ein bis drei Tagen geschieht. Daher bleibt unklar, ob die Verabreichung der Wurmkur wirklich notwendig war, oder ob sie den Pferden möglicherweise umsonst zugemutet wurde.
Warum ist die Wurmkur für Pferde so wichtig?
Aber warum gibt man Pferden überhaupt so häufig eine Wurmkur, auch wenn unklar ist, ob sie befallen sind oder nicht? Fest steht: Die Parasiten verursachen bei unsren Partnern auf vier Hufen gravierende gesundheitliche Schäden, sowohl als Larve als auch als ausgewachsener Wurm. Sie können dem Gewebe in Blutgefäßen oder Lunge schaden und den Schleimhäuten in Magen und Darm. Dadurch kann es zu Verdauungsproblemen und Blutarmut kommen, da die Würmer sich von ihrem Wirt – in dem Fall dem Pferd – ernähren. Bei zu vielen Würmern kann der Darm sogar regelrecht verstopfen. Und: Die Wurm-Schäden im Pferdekörper können so stark sein, dass sie sogar lebensgefährlich werden können.
Deshalb ist es keine Frage, dass Pferdehalter Parasiten unbedingt bekämpfen möchten. Die Frage ist nur: Wie? Denn regelmäßige, prophylaktische Wurmkuren führen dazu, dass immer mehr Würmer resistent werden und sich durch die Kuren nicht mehr bekämpfen lassen. Daher ist eine Alternative, Pferde wirklich nur zu entwurmen, wenn sie einen akuten Befall haben.
Zeigt mein Pferd an, wenn es einen Wurm-Befall hat?
Bei einem starken Wurmbefall können Pferde auch mit körperlichen Symptomatiken reagieren, die von Abmagerung und Appetitlosigkeit über Durchfall bis hin zu Koliken reichen. Auch stumpfes Fell und Fieber können darauf hinweisen, dass Dein Pferd Würmer hat. Doch wenn das der Fall ist, ist es schon zu spät um vorzusorgen. Daher entwurmen Besitzer ihre Pferde prophylaktisch, denn ein minimaler Befall ist äußerlich meist nicht sichtbar.
Zudem wird in vielen Ställen vierteljährlich zwischen verschiedenen Wurmkuren gewechselt, da jede andere Inhaltsstoffe hat und eine andere Art der Würmer bekämpft. Dieser Wechsel soll sicherstellen, dass alle potenziellen Schädlinge erfasst werden. Allerdings steigert die breite Palette an verwendeten Präparaten auch die Resistenz der Parasiten gegen verschiedenste Wirkstoffe. Daher bleibt fraglich, ob diese Strategie effektiv ist.
Was sind häufige Parasiten beim Pferd?
- Blutwurm
- Palisdenwurm
- Spulwurm
- Bandwurm
- Magendasseln
- Pfriemenschwänze
- Zwergfadenwurm
Wurmkur ist ein Nervengift
"Das Nervengift in der Wurmkur lähmt und tötet Würmer binnen 24 Stunden." Doch dieses wirksame Mittel hat auch Auswirkungen auf unsere Tiere. Jede Wurmkur greift das Pferd ebenfalls an und kann verschiedene Nebenwirkungen wie Schmerzen, Rötungen im Maulbereich, reduzierte Futteraufnahme, oder Verhaltensänderungen verursachen. Darüber hinaus können Wurmkuren die Darmgesundheit stark beeinträchtigen und das Immunsystem schwächen.
Nichts zu unternehmen ist keine Option
Angesichts der potenziell verheerenden Auswirkungen von Wurmbefällen auf die Gesundheit unserer Pferde ist es unerlässlich, aktiv zu werden. Bestimmte Wurmarten können schwerwiegende Schäden an lebenswichtigen Organen wie Lunge, Herz oder Leber verursachen. Daher ist es entscheidend, konsequent eine angemessene Entwurmungsstrategie zu verfolgen, um das Risiko für unsere Tiere zu minimieren.
Achtung: Resistenzen durch regelmäßige Wurmkur
Durch die regelmäßige Verabreichung von Wurmkuren entwickeln Parasiten und Bakterien zunehmend Resistenzen gegen die Wirkstoffe, die wir zur Bekämpfung einsetzen. Dies kann dazu führen, dass Wurmmittel ihre Wirksamkeit verlieren und schwere Wurmbefälle nicht mehr angemessen behandelt werden können. Die Resistenzbildung stellt somit eine ernsthafte Bedrohung für die Gesundheit und das Leben unserer Pferde dar.
Deshalb rät unter anderem die Deutsche Reiterliche Vereinigung (FN), statt nach einem festgelegten Schema lieber nach Bedarf zu entwurmen. Und das heißt im Klartext: weniger Wurmkuren. Denn: "Je öfter man mittels Wurmkur die empfindlichen Würmer abtötet, desto rascher vermehren sich die unempfindlichen."
Deshalb gäbe es zwei Möglichkeiten der Entwurmung: die selektive und die strategische Entwurmung. Bei letzterer wird der Kot aller Pferde einer Gruppe mehrmals jährlich kontrolliert, um zu schauen, ob Würmer vorhanden sind und wenn ja, welcher Art. Darauf zugeschnitten wird dann entwurmt. Außerdem soll danach der Kot erneut kontrolliert werden, um den Erfolg zu überprüfen. So könne irgendwann der Turnus von vier Entwurmungen im Jahr auf nur zwei reduziert werden.
Der Nachteil: So werden noch immer Pferde entwurmt, die nur wenig oder keine Eier von Würmern ausscheiden.
Vor der Wurmkur: Pferd testen
Deshalb werden bei der selektiven Entwurmung wirklich nur diejenigen Tiere behandelt, die besonders viele Eier ausscheiden. Dazu werden die Eier in Kotproben gezählt, Pferde mit mehr als 200 Eiern pro Gramm im frischen Kot gelten demnach als "starke Ausscheider". Nur diese werden mit entsprechender Wurmkur behandelt. Das gilt allerdings nur für Strongyliden. Bei allen anderen Parasiten erfolgt die Behandlung bei jedem positiven Befund. Im ersten Jahr sollten von allen Pferden viermal Proben genommen werden, dann kann das Intervall ausgedehnt werden. Trotzdem sollen am Ende des Jahres alle Pferde einmal entwurmt werden, die bis dahin nicht behandelt wurden.
Hintergrund zur selektiven Entwurmung
"Das Ziel ist, dass nur tatsächlich behandlungsbedürftige Pferde eine Wurmkur bekommen", erklärt Dr. Marcus Menzel, Tierarzt aus Bayern, der zum Thema zeitgemäße Entwurmung am Lehrstuhl für vergleichende Tropenmedizin und Parasitologie der Veterinärmedizinischen Fakultät an der LMU München promoviert hat. Denn: Diverse Studien hätten gezeigt, dass maximal 30 Prozent aller erwachsenen Pferde auch wirklich gegen Würmer behandelt werden müssen.
Wer sein Pferd selbst auf Wurmbefall testen möchte, kann das unter anderem bei dem Berliner Unternehmen "Vetevo" tun. Durch professionelle und spezifizierte Labordiagnostik können Pferdebesitzer nun einfach und effizient feststellen, ob ihre Tiere tatsächlich unter einem Wurmbefall leiden und um welche Parasiten es sich handelt. Hierbei ist der Vorteil, dass Du die Proben, welche zur Wurm-Analyse benötigt werden, selbst entnehmen und direkt in das Labor schicken kannst. Die Zusatzkosten und der Aufwand, Deinen Tierarzt zu bemühen, sind dabei nicht nötig. Diese präzise Analyse ermöglicht eine gezielte Behandlung und trägt dazu bei, die Resistenzbildung einzudämmen. Im besten Fall kann so sogar auf eine Wurmkur verzichtet werden, wenn kein Befall vorliegt.
So schützt Du Dein Pferd vor Würmern
Neben den Wurmkuren gibt es noch andere Möglichkeiten, um die Verbreitung der Parasiten im Reitstall möglichst gering zu halten. Du solltest:
- Pferdeäpfel möglichst täglich entfernen
- Fest installierte Tränken (zum Beispiel auf der Weide) regelmäßig reinigen
- Neue Pferde, die in die Herde kommen, einige Tage vorher entwurmen oder testen
- Weiden nach Möglichkeit zwischendurch für ein bis zwei Jahre von anderen Tierarten wie Schafen beweiden lassen
- Koppeln nicht mit Pferdemist düngen
- Pferde aus Futterraufen oder Eimern füttern und nicht vom Boden
Fazit: Ein Umdenken ist absolut notwendig
Die routinemäßige Verabreichung von Wurmkuren birgt Risiken und kann langfristig zu Problemen führen. Es ist an der Zeit, die vorhandenen alternativ Methoden zu prüfen und diesen individuellen Ansatz zu verfolgen, der die Gesundheit und das Wohlbefinden unserer Pferde in den Mittelpunkt stellt. Nur so können wir langfristig die Resistenzbildung eindämmen und die Gesundheit unserer Tiere schützen. © Pferde.de
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