Bonn - Wer einen ausländischen Berufsabschluss hat und in Deutschland arbeiten möchte, muss diesen bisweilen anerkennen lassen. Pflicht ist das beispielsweise für Ärzte und Pflegefachkräfte. Aber auch in anderen Berufen kann eine Anerkennung der eigenen Qualifikationen sinnvoll sein.
Doch welche Unterlagen werden dafür eigentlich benötigt - und wie viel kostet das Verfahren? Die wichtigsten Fragen und Antworten.
Wann macht eine Anerkennung Sinn?
Seit 2012 gibt es einen Rechtsanspruch auf ein Anerkennungsverfahren für Menschen, die einen ausländischen Abschluss haben. Für sogenannte reglementierte Berufe ist eine Anerkennung Pflicht. Das gilt beispielsweise für Ärzte, Krankenpfleger, Lehrer, Architekten und Erzieher.
Wer in Deutschland lebt und einen ausländischen Abschluss in einem nicht reglementierten Beruf hat, also beispielsweise angestellter Bäcker oder Tischler ist, braucht keine Anerkennung, sagt Claudia Moravek, Leiterin des Arbeitsbereichs Anerkennung von ausländischen Berufsqualifikationen des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB). Auch dann kann sie aber sinnvoll sein.
"Sie kann dazu führen, dass ich mich beruflich weiterentwickeln kann und verbessert oft die Verdienstmöglichkeiten", so Moravek. Die Anerkennung ist der formale Nachweis, welche Qualifikationen Arbeitnehmer mitbringen. "Ansonsten sind sie davon abhängig, wie der Arbeitgeber sie einschätzt."
Natürlich müsse man abwägen, ob eine Anerkennung zielführend sei, sagt Ulrike Benzer. Sie ist wissenschaftliche Mitarbeiterin der Fachstelle Anerkennung und Qualifizierung im Förderprogramm Integration durch Qualifizierung (IQ), das beim Forschungsinstitut Betriebliche Bildung angesiedelt ist. "Was wir in der Beratung aber ganz stark mitbekommen, ist die große symbolische Wirkung. Es macht etwas mit den Personen, wenn das, was sie im Herkunftsland gemacht haben, im weiteren Wortsinn anerkannt wird."
Ob Ihr jeweiliger Beruf ein reglementierter Beruf ist oder nicht, können Sie online über den Anerkennungsfinder des BIBB erfahren.
Braucht man für die Anerkennung eine Aufenthaltserlaubnis?
Einen Antrag kann auch stellen, wer noch keine Aufenthaltserlaubnis hat oder noch nicht in Deutschland lebt.
Derzeit zu beachten: Um in Deutschland als Fachkraft arbeiten zu können, müssen Menschen aus Drittstaaten bei der Antragstellung für ein Visum nachweisen, dass ihre ausländische Berufsqualifikation durch die zuständigen deutschen Stellen einem deutschen Abschluss als gleichwertig anerkannt wurde. Und zwar unabhängig davon, ob der Beruf reglementiert ist oder nicht. Eine Ausnahme bilden aktuell IT-Fachkräfte.
Welche Nachweise braucht man?
Generell gilt: Der 2012 eingeführte Rechtsanspruch auf Anerkennung gilt nur für Menschen, die in ihrem Heimatland eine staatlich anerkannte Qualifikation erworben haben. Für das Anerkennungsverfahren werden dann verschiedene Nachweise benötigt, darunter Dokumente zur eigenen Identität, zur Berufsqualifikation - wie Urkunden und Zeugnisse - sowie Lebenslauf und Nachweise der Arbeitserfahrung.
Das bedeutet auch: "Wer beispielsweise in Syrien den Beruf des Tischlers von seinem Vater beigebracht bekommen hat, ohne eine offizielle Ausbildung zu durchlaufen, kann in Deutschland kein formales Anerkennungsverfahren durchführen. Daran ändern auch 20 Jahre Berufserfahrung nichts", sagt Claudia Moravek.
Wichtig sei, den beruflichen Werdegang möglichst gut zu dokumentieren, rät Ulrike Benzer. Im Normalfall müssten die Dokumente auf Deutsch vorliegen, aber einige Stellen akzeptieren auch Englisch oder weitere Sprachen.
Die Ausbildungsinhalte werden dann mit denen des deutschen Referenzberufs verglichen. Bei Unterschieden kann eine teilweise Gleichwertigkeit festgestellt werden. Um die volle Anerkennung zu erreichen, müssen die Unterschiede dann durch Qualifizierungen oder Prüfungen ausgeglichen werden.
Übrigens: Deutschkenntnisse spielen für das Anerkennungsverfahren selbst keine Rolle. Sie können aber eine Voraussetzung für die Berufszulassung sein, sagt Ulrike Benzer.
Was ist, wenn ich keine Dokumente habe?
Ausnahmeregelungen gibt es für Menschen, die aus nicht selbst verschuldeten Gründen keine Unterlagen vorlegen können. "Das hat eine große Relevanz für Geflüchtete aus Kriegsgebieten. Es kann sein, dass jemand auf der Flucht seine Dokumente verloren hat oder es nicht möglich ist, Zeugnisse von einer Universität nachzufordern", sagt Claudia Moravek. In solchen Fällen gibt es in einigen Berufen einen rechtlichen Anspruch auf alternative Verfahren.
Man kann dann zum Beispiel über eine Qualifikationsanalyse, einen Anpassungslehrgang oder eine Kenntnisprüfung seine Kompetenzen nachweisen, oft in Form einer Arbeitsprobe oder praktischen Prüfung. "Im Handwerk ist das in einigen Regionen beispielsweise schon recht etabliert, aber das gilt noch nicht für alle Berufe", sagt Ulrike Benzer.
Wie kann ich die Anerkennung finanzieren?
Ein Anerkennungsverfahren kann bis zu 600 Euro kosten, manchmal auch deutlich mehr. Ist man in Deutschland arbeitslos oder arbeitsuchend gemeldet, kann die Agentur für Arbeit oder das Jobcenter die Kosten für die Anerkennung übernehmen. "Ganz wichtig ist dabei, das immer zu klären, bevor man den Antrag auf Anerkennung stellt", so Benzer.
Wer bereits eine Arbeitsstelle hat, sich das Verfahren aber dennoch nicht leisten kann, kann einen Anerkennungszuschuss des Bundesministeriums für Bildung und Forschung beantragen. Auch hier ist wichtig: Sie müssen erst den Antrag auf finanzielle Förderung stellen und dann den Antrag auf Anerkennung.
An wen können sich Hilfesuchende wenden?
Welche Stelle für die Anerkennung zuständig ist, hängt vom jeweiligen Beruf und vom Arbeitsort ab.
Das Netzwerk IQ betreibt deutschlandweit Beratungsstellen für die Anerkennung. Orientierung bietet auch das Portal Anerkennung in Deutschland des BIBB.
Welche Herausforderungen gibt es?
Die Finanzierung, aber auch notwendige Qualifizierungen können Hürden darstellen. "Das ist für manche ein recht langer Weg, vor allem, wenn jemand die aktuelle Erwerbstätigkeit dafür nicht unterbrechen kann oder möchte", sagt Benzer.
Hat man alle notwendigen Dokumente bei der zuständigen Stelle eingereicht, dauert die Bearbeitung bis zu drei Monate, so das BIBB. In bestimmten Fällen könne die zuständige Stelle das Anerkennungsverfahren aber auch um einen Monat verlängern. Länger dauern könne es außerdem, wenn zum Beispiel eine Qualifikationsanalyse erfolgt, weil für die Anerkennung notwendige schriftliche Nachweise fehlen. © dpa
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