Rechtliche Fragen stellen sich jedem am Arbeitsplatz: Was darf mein Arbeitgeber und was könnte mich im schlimmsten Fall meinen Job kosten? Hier geben Expertinnen und Experten Antworten auf häufige – und manchmal auch skurrile – Fragen aus dem Arbeitsrecht.
Kündigung wegen Ermittlungsverfahren: Rechtlich zulässig?
Update vom 29. April: Stellen Sie sich vor, Sie geraten fälschlicherweise unter den Verdacht einer Straftat, die nichts mit Ihrer Arbeit zu tun hat. Oder Sie begehen in Ihrer Freizeit eine Ordnungswidrigkeit und müssen dafür Strafe zahlen. Was, wenn der Arbeitgeber davon etwas mitbekommt - darf er das Arbeitsverhältnis deswegen kündigen?
"Im Ermittlungsverfahren gilt die Unschuldsvermutung. Die Existenz eines Ermittlungsverfahrens allein ist deshalb kein Kündigungsgrund", sagt Peter Meyer, Fachanwalt für Arbeitsrecht. Hat die mutmaßliche Straftat oder Ordnungswidrigkeit nichts mit der beruflichen Tätigkeit zu tun hat, wäre eine Kündigung daher meist ungültig. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern können vor dem Arbeitsgericht dagegen vorgehen.
Wenn Sie tatsächlich eine Straftat begangen haben und dafür zum Beispiel eine längere Freiheitsstrafe verbüßen müssen, kann Arbeitnehmern rechtens gekündigt werden. Wenn Sie jedoch nur eine Geldstrafe zahlen müssen und die Straftat oder eine Ordnungswidrigkeit nichts mit Ihrer Tätigkeit zu tun hat, ist eine Kündigung in vielen Fällen laut Meyer nicht gerechtfertigt.
Gut zu wissen: Sie haben als Arbeitnehmer auch nicht die Pflicht, den Arbeitgeber über laufende Ermittlungsverfahren, verhängte Bußgelder oder Strafen zu informieren - solange sie in keinerlei Zusammenhang mit Ihrer beruflichen Tätigkeit stehen.
Rechtslage immer von Fall zu Fall unterschiedlich
Entscheidend ist laut Meyer der inhaltliche Zusammenhang zwischen der beruflichen Tätigkeit und der begangenen oder mutmaßlichen Straftat oder Ordnungswidrigkeit.
"Zum Beispiel kann ein Buchhalter, der wegen Trunkenheitsfahrt in der Freizeit seinen Führerschein verliert und verurteilt wird, weiter Buchhalter sein. Aber der Busfahrer, der wegen eines Verkehrsdelikts verurteilt wird und seinen Führerschein verliert, kann dann auch unzuverlässig für das dienstliche Führen von Fahrzeugen im öffentlichen Verkehr sein und je nach Einzelfall gekündigt werden."
Ob eine Kündigung rechtens ist, hängt also von den Umständen des Einzelfalls ab, so Meyer. Betroffene sollten sich rechtlichen Rat einholen. (ff/dpa)
+++
Feiertage im Mai: Wer an Brückentagen Urlaub bekommt
Update vom 26. April: Der Wonnemonat Mai ist fast da und bringt uns zahlreiche Feiertage: 1. Mai (der auf einen Mittwoch fällt), Christi Himmelfahrt (Donnerstag, 9. Mai), Pfingstmontag (20. Mai) und Fronleichnam (Donnerstag, 30. Mai).
Das ist eine gute Gelegenheit, sich für ein verlängertes Wochenende freizunehmen - haben Sie sich die Brückentage im Mai schon gesichert? Volker Görzel, Fachanwalt für Arbeitsrecht, erklärt, was Beschäftigte wissen müssen.
Urlaub absprechen und Antrag frühzeitig einreichen
Die besten Chancen auf einen freien Brückentag hat, wer sich schon vorab mit Kolleginnen und Kollegen im Team abspricht und den Antrag dann frühzeitig bei der Führungskraft einreicht.
Rechte kennen
Wer sich Brückentage sichern will, sollte wissen, dass Vorgesetzte einen einmal genehmigten Urlaubsantrag nicht einfach wieder zurücknehmen dürfen.
Umgekehrt ist es auch nicht so einfach möglich, dass der Chef oder die Chefin Sie dazu zwingt, an einem Brückentag Urlaub zu nehmen. Das geht nur, wenn dringende betriebliche Gründe vorliegen - und dann habe gegebenenfalls auch ein Betriebsrat mitzureden, so Görzel.
Lesen Sie auch
Wenn sich die Urlaubswünsche beißen und mehrere Teammitglieder gleichzeitig Urlaub möchten, muss der Arbeitgeber nach sozialen Gesichtspunkten entscheiden, wer den Vorzug bekommt, so der Fachanwalt weiter. Dazu gehören zum Beispiel:
- die Urlaubsmöglichkeiten des Partners und der Kinder (Schulferien)
- eine bisherige Urlaubsgewährung in besonders beliebten Zeiten
- Alter und Betriebszugehörigkeit
- die Frage, ob es sich um erstmaligen oder wiederholten Urlaub in diesem Kalenderjahr handelt
- Erholungsbedürftigkeit: Gab es einen arbeitsintensiven Einsatz in der Vergangenheit? Lag eine schwerwiegende Erkrankung vor?
Möchte sich ein Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin also Jahr für Jahr alle Brückentage sichern, kann der Arbeitgeber den Wunsch mit Bezug auf diese Kriterien auch verweigern.
Bei Streit an die Arbeitnehmervertretung wenden
Wer beim Urlaub allerdings ständig übergangen wird und sich mit dem Arbeitgeber nicht einigt, kann laut Volker Görzel im Notfall sogar klagen. Der erste Weg führt im besten Fall aber zum Betriebsrat, wenn es im Unternehmen einen gibt. "Im Übrigen ist der Betriebsrat sowieso berechtigt, zu der Verteilung von Urlaub eine Betriebsvereinbarung mit dem Arbeitgeber abzuschließen", so Görzel. (dpa/af)
+++
Darf ich meinen Arbeitgeber im Internet bewerten?
Update vom 15. April: Auf verschiedenen Plattformen können Beschäftigte deren Arbeitgeber und Unternehmen beurteilen. Die Idee dahinter: Potenzielle Bewerberinnen und Bewerbern bekommen Einblicke, die ihnen bei der Entscheidung für oder gegen ein Unternehmen weiterhelfen, der Arbeitsmarkt wird transparenter. Aber wie sieht es rechtlich aus?
"Dem Arbeitnehmer steht ein Recht auf freie Meinungsäußerung zu, das auch während des Bestehens des Arbeitsverhältnisses gilt", sagt Michael Fuhlrott, Fachanwalt für Arbeitsrecht der Deutschen Presse-Agentur. Gleichzeitig bestehen in einem Arbeitsverhältnis aber auch "wechselseitige Rücksichtnahmepflichten". Der Arbeitnehmer müsse eine gewisse Mäßigung an den Tag legen, wenn es um Äußerungen geht, die den Arbeitgeber betreffen.
Wer dagegen verstößt, muss mit rechtlichen Konsequenzen rechnen, die von einer Ermahnung, über eine Abmahnung bis hin zur (fristlosen) Kündigung reichen können. "Im laufenden Arbeitsverhältnis sollte sich der Arbeitnehmer also nur zurückhaltend äußern, wenn er Kritik öffentlich äußert", empfiehlt der Fachanwalt. Denn in extremen Fällen können auch Schadenersatzansprüche drohen.
Denkbar ist das etwa, wenn Beschäftigte wahrheitswidrig behaupten, der Arbeitgeber stehe kurz vor der Insolvenz oder verstoße gegen geltende Gesetze. Das gilt laut Fuhlrott zumindest dann, wenn andere Beschäftigte aufgrund dieser Äußerung nachweislich kündigen oder Bewerber einen Bogen um den Arbeitgeber machen.
Die Verhaltensweisen einzelner Personen zu kritisieren und deren Namen zu nennen, ist ebenfalls problematisch – "da das Persönlichkeitsrecht der genannten Person verletzt wird, die so an den Pranger gestellt wird". Auch dürfen Mitarbeiter keine Geschäftsgeheimnisse offenbaren.
Anonymität auf Plattformen ist nicht immer geschützt
In bestimmten Fällen müssen Verfasser einer Bewertung auch damit rechnen, dass ihre Anonymität offengelegt wird. Bei Straftaten, etwa der Beleidigung bestimmter Personen oder der Offenbarung von Geschäftsgeheimnissen, kann der Arbeitgeber Strafanzeige stellen. "Die Staatsanwaltschaft, die die Straftat aufklärt, wird dann vom Portalbetreiber Auskunft verlangen können, wer die Äußerung getätigt hat", sagt Fuhlrott. (dpa/sbi)
+++
Sind mehrere Minijobs gleichzeitig erlaubt?
Update vom 5. April: Grundsätzlich ist es möglich, mehrere Minijobs gleichzeitig auszuüben - allerdings nur unter bestimmten Voraussetzungen. Minijobber müssen dabei zwei Aspekte beachten:
1. Minijobber mit Hauptjob
Das ist nur möglich, wenn man keinen Hauptjob hat. Wer also eine versicherungspflichtige Hauptbeschäftigung hat, darf zusätzlich nur einen Minijob ausüben.
Wer bereits eine sozialversicherungspflichtige Hauptbeschäftigung und einen Minijob hat und einen weiteren Job annehmen will, muss außerdem wissen: Es kommt auf die zeitliche Reihenfolge an. Das bedeutet: Nur der erste Minijob bleibt bei der Minijob-Zentrale gemeldet. Ausnahme: Es handelt sich bei dem dritten Job um eine kurzfristige Beschäftigung. Dieser Job kann zusätzlich dort gemeldet werden.
Alle weiteren Jobs müssen unabhängig von der Höhe des monatlichen Verdienstes als sozialversicherungspflichtige Beschäftigung bei der gesetzlichen Krankenkasse gemeldet werden.
2. Minijobber und die Verdienstgrenze
Wollen Minijobber ohne Hauptjob mehrere Jobs ausüben, müssen sie die Verdienstgrenze einhalten. Seit Januar liegt die Grenze bei 538 Euro im Monat - so viel dürfen Minijobber höchstens als Summe aller Verdienste pro Monat erhalten.
Liegt der monatliche Verdienst darüber, werden alle Jobs sozialversicherungspflichtig. Mit der Folge, dass die Beschäftigungen nicht mehr bei der Minijob-Zentrale gemeldet werden können. Arbeitgeber müssen diese dann bei der gesetzlichen Krankenkasse angeben.
Nimmt jemand nur kurz einen Minijob an, ist die Verdienstgrenze für diese sogenannte kurzfristige Beschäftigung nicht entscheidend. Ausschlaggebend ist dann, dass innerhalb eines Kalenderjahres Zeitgrenzen eingehalten werden. Die Beschäftigung muss dann von vornherein zeitlich begrenzt sein - auf drei Monate oder 70 Arbeitstage.
Übrigens: Zusätzlich zu einem Minijob mit Verdienstgrenze darf man eine kurzfristige Beschäftigung ausüben - die beiden Verdienste werden nicht zusammengerechnet. Damit jedoch kein einheitliches Beschäftigungsverhältnis vorliegt, ist wichtig, dass man die Jobs bei unterschiedlichen Arbeitgebern ausübt. (ff/dpa)
+++
Arbeitgeber müssen Mobbing unterbinden
Update vom 4. April: Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer müssen Mobbingvorwürfe präzise und detailliert darlegen. Denn Arbeitgeberinnen und -geber müssen Mobbing unter Arbeitskollegen unterbinden, wenn sie davon wissen. Experten sprechen in diesem Zusammenhang von einer "positiven Kenntnis".
Bei Mobbingvorwürfen kommt es auf konkrete Beweise sowie detaillierte Schilderungen durch Arbeitnehmer an. Das zeigt auch eine Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Kiel (AZ: 6 Sa 48/23). Über den Fall berichtet die Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV):
- Der Fall: Eine Zahnarzthelferin hatte gegen ihren Arbeitgeber wegen angeblichen Mobbings durch Arbeitskolleginnen geklagt. Dabei berief sie sich auf ihren katholischen Glauben, ihre polnische Herkunft und ihre Entscheidung, sich nicht gegen Covid-19 impfen zu lassen. Trotz wiederholter Beteuerungen konnte sie jedoch nicht konkretisieren, wann und wie sie ihren Arbeitgeber über die Vorfälle informiert hatte.
- Das Urteil: Das Landesarbeitsgericht stellte fest, dass der Arbeitgeber ohne genaue Kenntnis nicht verpflichtet ist, konkrete Maßnahmen gegen Mobbing zu ergreifen. Eine Haftung für die behaupteten Mobbinghandlungen sei nicht begründet, da der Arbeitgeber nicht ausreichend über die konkreten Vorfälle informiert worden sei. Der Arbeitgeber verletze nur dann seine Fürsorge- oder Schutzpflicht, wenn er trotz positiver Kenntnis nicht eingreift.
(dpa/ff)
+++
Nichts zu tun auf der Arbeit: Bin ich verpflichtet, Bescheid zu geben?
Update vom 3. April: Wer auf der Arbeit gerade nichts zu tun hat, kann tatsächlich auch mal die Beine hochlegen. Denn rechtlich gesehen müssen Beschäftigte ihre Führungskraft nicht in Kenntnis setzen, wenn sie über längere Zeit nichts zu tun haben.
Es sei Aufgabe der Führungskraft, Arbeit zu organisieren, einzuteilen und zuzuweisen, sagt Nathalie Oberthür, Fachanwältin für Arbeitsrecht in Köln, der Deutschen Presse-Agentur. Streng genommen müssten sich Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer dementsprechend nur arbeitsbereit halten.
"Dennoch würde ich es für angemessen halten, dass Arbeitnehmer auf Arbeitsmangel hinweisen", rät die Arbeitsrechtsexpertin. Das sei insbesondere dann ratsam, wenn Beschäftige sehr selbstständig arbeiten und etwa ihre Arbeitszeit frei einteilen können.
Beschäftigte tun sich damit auch selbst einen Gefallen: Langfristige Unterforderung im Beruf kann negative Folgen für die Gesundheit haben, die von Müdigkeit und Lustlosigkeit bis hin zu Schlafstörungen reichen. Erst recht, wenn Beschäftigte versuchen, nach außen hin ausgelastet zu wirken. (dpa/sbi)
+++
Darf ich jetzt am Arbeitsplatz kiffen?
Update vom 2. April: Der Konsum von Cannabis ist für Volljährige mittlerweile legal. Das bedeutet jedoch nicht, dass Berufstätige im Job einfach nach der Droge greifen dürfen. Denn Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer schulden ihre ungetrübte Arbeitsleistung, erklärt Michael Fuhlrott, Fachanwalt für Arbeitsrecht vom Verband deutscher Arbeitsrechtsanwälte (VdAA). Ist das durch Cannabis nicht mehr gegeben, können arbeitsrechtliche Maßnahmen folgen - auch dann, wenn der Konsum in einem Unternehmen nicht offiziell verboten ist.
Lesen Sie auch: Was sich mit der Cannabis-Legalisierung ändert
Der Anwalt rät Unternehmen, die Legalisierung zum Anlass für eine offizielle betriebliche Regelung zu nehmen. So könne der Cannabis-Konsum auf dem kompletten Betriebsgelände verboten werden. Gleichzeitig bestehe eine Fürsorgepflicht, sagt Fuhlrott. Stehe jemand erkennbar unter Drogeneinfluss, müsse der Arbeitgeber eingreifen und Mitarbeitende nach Hause schicken.
Und was ist mit einem Joint nach Feierabend?
Was nach der Arbeit passiert, ist Sache jedes oder jeder Einzelnen. Das geht Chef oder Chefin nichts mehr an - so lange die Betroffenen am nächsten Tag wieder fit zur Arbeit erscheinen und ihre normale Leistung erbringen.
Ausnahme: Kann etwa durch Arbeitskleidung noch ein betrieblicher Bezug hergestellt werden, kann ein Unternehmen auch das verbieten. (sbi/dpa)
+++
Verwendete Quellen
- Material der Deutschen Presse-Agentur (dpa)
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.