Berlin/Frankfurt - Konflikte am Arbeitsplatz kommen immer wieder vor. Mitunter eskalieren die Streitigkeiten. Das kann sogar so weit gehen, dass ein Team oder Kunden sich gegen einen Beschäftigten stellen und sinngemäß gegenüber der Unternehmensleitung sagen: Entweder besagte Person geht, oder alternativ kündigen wir.
Womit gemeint ist: Der Arbeitgeber soll das Arbeitsverhältnis mit einem Mitarbeiter oder einer Mitarbeiterin auflösen, weil Dritte dies einfordern und davon ihre weitere Mitarbeit oder die weitere Geschäftsbeziehung abhängig machen. Die Rede ist von einer sogenannten Druckkündigung.
Aber funktioniert das Druckmittel Druckkündigung überhaupt? "Nur in den seltensten Fällen ist sie zulässig und kommt vor Gericht durch", sagt der Berliner Arbeitsrechtler Peter Meyer. Generell ist zwischen einer unechten und einer echten Druckkündigung zu unterscheiden.
Das ist eine unechte Druckkündigung
Bei einer unechten Druckkündigung gibt es einen objektiven Kündigungsgrund. Dieser geht entweder auf das Verhalten des oder der betroffenen Beschäftigten zurück oder auf die Person selbst. Dritte weisen nun den Arbeitgeber auf den Kündigungsgrund hin und drängen ihn dazu, die Person zu entlassen.
Die Entscheidung, ob nun eine Kündigung ausgesprochen wird, liegt im Ermessen des Arbeitgebers. Eine verhaltensbedingte Kündigung ist gerechtfertigt, wenn der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin schuldhaft gegen arbeitsvertragliche Pflichten verstoßen hat. "Nur in schwerwiegenden Fällen könnte der Arbeitgeber eine fristlose Kündigung aussprechen, bei leichteren Verstößen müsste er den Beschäftigten erst abmahnen", erklärt Meyer.
Bei einer personenbedingten Kündigung wird der Kündigungsgrund in mangelnder Kompetenz gesehen. Sie wird ausgesprochen, wenn der oder die Beschäftigte nicht fähig oder nicht geeignet ist, künftig der zugewiesenen Tätigkeit adäquat nachzugehen.
Das ist eine echte Druckkündigung
Hier liegt kein objektiver Kündigungsgrund vor. Eine echte Druckkündigung kommt einer betriebsbedingten Kündigung gleich. Dabei üben Dritte derart Druck auf den Arbeitgeber aus, dass ihm keine andere Wahl bleibt, als besagten Mitarbeiter zu entlassen, weil dem Unternehmen ansonsten massive wirtschaftliche Schäden drohen. Beispielsweise, weil ein Großkunde die Geschäftsbeziehung beenden will oder es zu Massenkündigungen innerhalb der Belegschaft im eigenen Betrieb kommt.
Arbeitgeber muss versuchen, Kündigungen abzuwenden
Bevor aber ein Arbeitgeber dem Druck nachgibt und die Kündigung ausspricht, hat er bestimmte Pflichten. So muss der Arbeitgeber alles versuchen, um die Kündigung abzuwenden. "Vor Gericht muss er nachweisen, dass er diese Pflichten erfüllt hat", sagt Meyer.
"Zunächst muss er sich vor seine Arbeitnehmer stellen und sie vor allem vor unberechtigten Angriffen schützen", erklärt Tjark Menssen von der DGB Rechtsschutz GmbH in Frankfurt. Das setzt voraus, dass der Arbeitgeber den Sachverhalt eingehend geprüft hat.
Dazu gehört, dass der Chef oder die Chefin dem betroffenen Beschäftigten die Gelegenheit gibt, seine Version des Vorfalls zu schildern. Der Arbeitgeber spricht aber auch mit den Personen, die Druck ausüben. Kommt er schließlich nach Abwägung aller Argumente zu dem Schluss, dass die Forderung auf Entlassung des besagten Arbeitnehmers unangemessen ist, teilt er dies der Gegenseite mit. Nun muss er versuchen, zwischen den Konfliktparteien zu vermitteln.
Arbeitsverweigerung nicht statthaft
Kommt die Forderung, einen oder eine Beschäftigte zu entlassen, aus den Reihen des Unternehmens, sind die druckausübenden Personen nicht berechtigt, ihre Arbeit zu verweigern - um so den Arbeitgeber zum Handeln nach ihrem Gusto zu zwingen. "In solchen Fällen kann der Arbeitgeber Abmahnungen aussprechen oder Gehälter kürzen", sagt Meyer.
Lassen sich die Dritten daraufhin aber nicht von ihren Drohungen abbringen und ist der angedrohte Schaden für den Arbeitgeber zu groß, muss er die Möglichkeiten ausloten. "Eine denkbare Option kann etwa eine Versetzung der betroffenen Person innerhalb des Unternehmens sein", so Meyer.
Klage und Mediation
Falls es doch zur Kündigung kommt, sollten Betroffene ihren Fall unbedingt rechtlich prüfen lassen - und gegebenenfalls entweder mithilfe von Fachanwälten für Arbeitsrecht oder von Gewerkschaften Klage erheben.
"In arbeitsgerichtlichen Verfahren wird oft auch Mediation angeboten", sagt Menssen. Das ist eine zusätzliche Möglichkeit, um Konflikte zu lösen.
Stellen sich die Vorwürfe als unzutreffend heraus oder schützt der Arbeitgeber seinen Mitarbeiter oder seine Mitarbeiterin nicht ausreichend, können Betroffene Schadenersatz geltend machen. Tjark Menssen: "Und zwar je nach Fall sowohl gegen den Arbeitgeber als auch gegen diejenigen, die Druck ausgeübt haben." © dpa
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