Es gibt nur wenige Vorgesetzte, die wirklich das Zeug zur Führungskraft haben. In vielen Firmen sieht es eher so aus: Da gibt es Chefs, die ihre Angestellten permanent kontrollieren, solche, die bei jeder Kleinigkeit in die Luft gehen und wieder andere, die ihre Mitarbeiter auspressen wie Zitronen.
Wir listen die in der Arbeitswelt verbreitetsten Schwächen der Chefs auf und geben Tipps, wie Angestellte am besten damit umgehen.
Angst vor Kontrollverlust
Manche Chefs legen einen regelrechten Kontrollwahn an den Tag und können keine Arbeit wirklich abgeben.
Da wird lieber selbst noch einmal die Abrechnung überprüft, das Anschreiben getippt oder sämtliche Ordner kontrolliert und neu sortiert. Solche Vorgesetzten wollen über jeden Schritt informiert werden und mischen sich gerne in Prozesse ein, die längst noch nicht abgeschlossen sind. Das kann ganz schön nerven, weil man viel lieber das fertige Ergebnis präsentieren und sich auf dem Weg dorthin nicht permanent über die Schulter schauen lassen will.
Um es gar nicht so weit kommen zu lassen, hält man seinen Chef mit kurzen Zwischenberichten auf dem Laufenden. Das gibt ihm das Gefühl, alles unter Kontrolle zu haben. Sobald der Vorgesetzte merkt, dass man Wert auf seine Teilnahme legt, wird er in der Regel die Zügel etwas lockerer lassen.
Chefs sollten Entscheider sein - sind sie aber leider nicht immer
Eine der Kernkompetenzen eines guten Vorgesetzten ist seine Entscheidungsfreudigkeit. Jeder Chef kommt immer wieder in Situationen, in denen er nicht genau weiß, ob seine Entscheidung nun richtig oder falsch ist. Trotzdem muss sie getroffen werden. Langes Zögern seitens des Vorgesetzen verunsichern die Angestellten unnötig - und können auf Dauer nicht nur den Arbeitsfluss stören, sondern auch ganz schön nerven.
Wer einen Chef mit Entscheidungsschwierigkeiten hat, sollte versuchen, in seinem persönlichen Bereich mehr Verantwortung zu übernehmen und seine Ideen weitgehend selbstständig zu realisieren. Informieren Sie Ihren Chef dabei regelmäßig über die geplante Vorgehensweise und geben Sie ihm Gelegenheit, Einwände oder Vorschläge einzubringen. Schließlich ist er es, der am Ende dafür gerade stehen muss.
Wenn der Chef ein Choleriker ist
Solche Chefs sind der Albtraum für jeden Angestellten. Sobald etwas nicht so läuft, wie er es sich vorgestellt hat, beginnt er so laut zu brüllen, dass man am liebsten in Deckung gehen möchte. Der erste Impuls ist aus psychologischer Sicht nicht einmal schlecht, denn Diskussionen in derart aufgeladener Stimmung führen zu nichts. Wenn der Chef eine persönliche Grenze überschreitet, ist es ratsam, das Zimmer zu verlassen, bevor man noch selbst Gefahr läuft, zurückzubrüllen. "Ich komme später wieder und dann können wir gerne in Ruhe weiter reden", wäre hier ein gutes Argument.
Generell empfiehlt es sich, gerade in "heißen Phasen" die Wut des Vorgesetzten nicht persönlich zu nehmen. Was natürlich nicht heißt, dass der Chef sich persönliche Beleidigungen herausnehmen darf. Wenn es zuviel wird, sollte man auf höfliche Art und Weise einen respektvolleren Umgang durchaus einfordern. Aber bitte erst hinterher und nicht gerade dann, wenn der Chef ohnehin schon auf 180 ist.
Wer zu zimperlich oder schnell beleidigt ist, sollte versuchsweise einen Tag in einer Sterneküche oder auf dem Bau arbeiten. Dort gehört ein rauer Umgangston zum Programm.
Kritisieren ist bitteschön Chef-Sache
Kritik ist eigentlich nichts Schlechtes, wenn sie konstruktiv ist. Das finden in der Regel auch Chefs - zumindest gilt das für die Kritik, die von ihnen kommt. Dreht man den Spieß allerdings um, sehen das viele Vorgesetzte als Gefahr für ihre Autorität und reagieren mit Gegenwehr. So könnte dann eine mögliche reaktion lauten: "Hier bestimme noch immer ich, was Sache ist oder sind Sie plötzlich der Chef?".
Dennoch kann man natürlich auch an dem Vorgesetzten Kritik üben, wenn einem etwas nicht passt - auf die Verpackung kommt es an. Äußern Sie daher eine Kritik nicht wie eine Anklage "Sie bevorzugen stets meinen Kollegen und binden mich nie ein ...", sondern schildern Sie stattdessen Ihr Empfinden "Ich fühle mich ein wenig ausgegrenzt ...". Zudem ist es ratsam, keine Forderungen an Ihren Chef zu stellen, sondern dies besser in Wünsche zu verpacken "Ich würde mir wünschen, dass Sie mich in gemeinsame Projekt mehr einbinden, damit ich Sie so bei Entscheidungen besser beraten und unterstützen kann".
Öffentliche Zurechtweisung - das geht gar nicht
Manche Chefs scheuen sich nicht davor zurück, ihre Angestellten vor versammelter Mannschaft zusammenzufalten. Man denke nur an die öffentliche Zurechtweisung des ehemaligen Pressesprechers Michael Offer durch Finanzminister Wolfgang Schäuble. Offer reagierte in diesem Moment für manche zwar unverständlich, aber durchaus richtig: Er reagierte gar nicht. In solch einer Situation Paroli zu bieten, davon ist abzuraten, denn der Chef könnte sich in seiner Führungsrolle angegriffen fühlen und zu weiteren Tiefschlägen ausholen.
Bitten Sie Ihren Vorgesetzten stattdessen um ein Vier-Augen-Gespräch, in dem Sie Ihren Unmut kundtun und die Situation klären können. Sollte die öffentliche Kritik jedoch kein Einzelfall sein, empfiehlt es sich, über eine Kündigung nachzudenken. Misstöne wie solche zeugen von einem schlechten Betriebsklima und einem gestörten Vertrauensverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Große Karrieresprünge sind in einem solchen Unternehmen meist ohnehin unmöglich.
Überstunden statt Feierabend
In vielen Unternehmen sind Extrastunden über die Regelarbeitszeit hinaus normal. Dies ist für die meisten Mitarbeiter kein Problem, solange es dafür einen Ausgleich gibt in Form einer Gehaltsanpassung, in Form von Freistunden oder der Möglichkeit, an das Wochenende hin und wieder einen freien Montag dranzuhängen.
Leider gibt es jedoch auch Vorgesetzte, die Überstunden als völlig selbstverständlich erachten und nicht daran denken, sich für den außerordentlichen Arbeitseinsatz erkenntlich zu zeigen, sondern stattdessen von ihnen sogar noch mehr verlangen, als es jeder Betriebsrat genehmigen würde.
Davon abgesehen, dass jedes Betriebsklima irgendwann darunter leidet, sichert sich der Chef auch nicht unbedingt die Loyalität seiner Mitarbeiter. Und die ist wichtig - vor allem bei Projektarbeiten, die den vollen Einsatz eines jeden erfordern. Lehnen Sie also ruhig Überstunden ab, wenn Sie für solche besonderen Einsatzzeiten nicht in irgendeiner Form entlohnt werden. Mit diesem "Nein" setzen Sie Ihrem Chef zudem eine klare Grenze und geraten nicht in den Sog dauerhafter Mehrarbeit, die irgendwann ganz alltäglich werden kann.
Ziele müssen klar definiert werden
Die meisten kennen das: Da sitzt man stundenlang in einem Meeting und trotz der vielen Worte weiß hinterher niemand so richtig, wie er jetzt vorgehen soll und was das nächste Ziel ist. Meistens steckt nur ein Kommunikationsproblem dahinter, denn oft trauen sich die Mitarbeiter einfach nicht, an den entscheidenden Stellen die richtigen Fragen zu stellen.
Natürlich kann es vorkommen, dass der Vorgesetzte genervt ist, wenn jemand ständig fragt: "Warum machen wir das?" oder "Was ist denn eigentlich das Ziel der Sache?". Aber die goldene Regel lautet noch immer: Lieber eine Frage zuviel, als zu wenig stellen. Je genauer die Anweisungen und je präziser die Ziele definiert sind, desto schneller und besser kommen die Mitarbeiter zu einem Ergebnis.
Kommt es häufiger vor, dass ein Chef nichts als Fragezeichen bei seinen Mitarbeitern hinterlässt, sollte ein Gesprächsprotokoll angefertigt und ihm vorgelegt werden. Eine Aufstellung mit den definierten Zielen und ein ungefährer Zeitrahmen helfen nicht nur Ihnen, sondern auch Ihrem Vorgesetzten. Unklarheiten können so leicht beseitigt werden.
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