Berlin (dpa/tmn) - Die Nachricht vom Tod eines Kollegen ist für viele Berufstätige ein Schock. "Die Arbeit ist ein Umfeld, in dem wir nicht damit rechnen, dass jemand stirbt", sagt Coach und Therapeutin Miriam Junge.
Ein Schicksalsschlag - sei es durch Krankheit oder durch einen Unfall - trifft Mitarbeiter dann oft besonders schwer. "Jeder wird da individuell mit Kontrollverlust, dem Gefühl von Machtlosigkeit und dem eigenen Tod konfrontiert."
Mit diesem Schock geht jeder anders um, je nach Persönlichkeit - und vielleicht auch je nachdem, wie eng die Bindung zum verstorbenen Kollegen war. Das heißt aber nicht, dass jeder für sich alleine trauern muss. "Die Bewältigung klappt in der Gruppe fast immer besser", sagt Junge. "Weil es ein geteiltes Schicksal ist, und weil es die Möglichkeit gibt, darüber zu reden."
Innerhalb dieser gemeinsamen Trauer ist dann auch Platz für einen unterschiedlichen Umgang mit dem Thema, dem Naturell jedes Kollegen entsprechend. Manche ziehen sich vielleicht zurück und wollen gar nicht groß reden, erzählt die Diplom-Psychologin. Und andere werden aktiv und wollen unbedingt etwas tun. Das sei auch gut so: "Wichtig für die Bewältigung in der Gruppe ist, dass es jemanden gibt, der das offen und ehrlich anspricht."
Oft sind das Kollegen, die schon Erfahrung mit dem Tod haben, aus der Familie zum Beispiel. Und die auch wissen, dass jeder Mensch die Phasen der Trauer in unterschiedlichen Geschwindigkeiten durchläuft. "Der oder die eine ist dann erstmal geschockt und will gar nicht darüber reden, der andere bricht in Tränen aus", sagt Junge. "Wer schon Erfahrung mit dem Tod hat, kann das oft besser einschätzen und damit besser umgehen."
Oft übernehmen diese Kollegen dann eine Art Führungsrolle bei der Trauer. "Da geht es darum, Gelegenheiten zum Austausch zu schaffen, mit einem Meeting oder auch mit einer Gedenkstunde", so Junge. Das muss gar nicht der Vorgesetzte sein, im Gegenteil. "Gerade in sehr hierarchischen Unternehmen ist es für Kollegen oft schöner, wenn es jemand aus den eigenen Reihen macht." Das Organisatorische zu klären, sei aber schon Sache der Führungskräfte - also zum Beispiel die Frage, wer die Aufgaben des Verstorbenen übernimmt.
Sind diese Voraussetzungen erfüllt, klappt die Trauer im Kollegenkreis meist ohne Probleme, sagt Junge. Reibungen kann es höchstens geben, wenn jemand mit dem Thema so gar nicht abschließen kann, also Monate später noch immer offensichtlich leidet. "Dann ist der Impuls "Jetzt reicht es auch mal" von anderen Kollegen vielleicht auch verständlich", sagt Junge. In solchen Fällen sollten sich die betroffenen Kollegen am besten professionelle Hilfe holen.
Ansonsten rät sie Teams aber, die Trauer zunächst ohne Hilfe von außen zu bewältigen - auch wenn es dafür Experten gibt. Sinnvoll sei das höchstens bei äußerst dramatischen Todesfällen oder wenn der Prozess trotz offensichtlichem Redebedarf nicht ins Laufen kommt. "Oft reicht schon eine Stunde und der Impuls, jetzt mal darüber zu reden", sagt Junge. "Die größte Schwierigkeit ist oft, diese erste Hürde zu überwinden." © dpa
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