Die Probezeit ist eine Testphase, egal ob für Arbeitnehmer oder Arbeitgeber. Wer in seinem neuen Job dauerhaft glücklich werden möchte, sollte auf einige Warnzeichen achten.
Für Arbeitnehmer wie für Arbeitgeber ist die Probezeit eine Testphase. Passen wir wirklich zusammen? Wer im neuen Job glücklich werden will, sollte diese Warnzeichen nicht ignorieren.
Häufig wollen Beschäftigte die Probezeit schlicht überstehen. Sie möchten sich nicht mehr ständig beobachtet fühlen, sondern in ein sicheres Arbeitsverhältnis übergehen. Aus dem Blick gerät dabei manchmal: Auch für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bietet die Probezeit die Möglichkeit, den Arbeitgeber zu prüfen.
Die Liste möglicher Warnsignale ist lang. Von schlechter oder fehlender Einarbeitung über unrealistische Erwartungen wie ständige Erreichbarkeit bis hin zu mangelnder Wertschätzung. Bei welchen Red Flags sollte man das Arbeitsverhältnis aber auf den Prüfstand stellen?
Hat Sie etwas gestört? Überprüfen Sie es in der Probezeit
Gab es schon im Vorstellungsgespräch Punkte, bei denen Chef oder Chefin komisch reagiert haben, sollten Sie diese auf jeden Fall in der Probezeit überprüfen, sagt Tim Verhoeven, Arbeitsmarktexperte bei Indeed. Als Beispiel nennt Verhoeven den im Bewerbungsgespräch zu spät erscheinenden Chef.
Als Pünktlichkeit liebender Mensch nimmt man ein solches Verhalten vielleicht als nicht wertschätzend wahr. Setzt sich das im Arbeitsalltag etwa in Meetings fort, lässt sich ein Muster erkennen. Wem das zu viel wird, sollte rechtzeitig die Reißleine ziehen.
Arbeitgeber stellt sich beim Urlaub quer
Anspruch auf den vollen Jahresurlaub hat man erst nach sechs Monaten, erklärt Ingo Kleinhenz, Rechtsberater bei der Arbeitnehmerkammer Bremen. Anteilig dürfe man zwar in der Probezeit Urlaub nehmen, nur vielleicht nicht gerade im ersten Monat.
Stellt sich der Arbeitgeber grundsätzlich quer und kann dafür keinen betriebsbedingten Grund wie etwa saisonale Besonderheiten angeben, sollten die Alarmglocken schrillen. "Am besten solche Fragen schon im Bewerbungsgespräch klären und nicht mit dem Urlaubsantrag bis zum letzten Tag der Probezeit warten", rät Verhoeven.
Lesen Sie auch
Mündliche Nebenabsprachen sind deutliches Warnsignal
Wie beim Urlaub sollten auch alle anderen vertraglichen Details vor Beginn des Arbeitsverhältnisses geklärt sein, so Verhoeven und rät von mündlichen Nebenabsprachen ab. "Legt der Arbeitgeber sogar Wert darauf, dass bestimmte Dinge nicht verschriftlicht werden, ist das ein deutliches Warnsignal."
Werden Punkte, die im Vertrag stehen oder versprochen wurden, nicht eingehalten, ist das für ihn der wichtigste Kündigungsgrund. Das Vertrauen sei dann weg. "Müsste ich sogar juristisch gegen den Arbeitgeber vorgehen, wäre die Grenze endgültig überschritten."
Es läuft nicht rund? Absprachen kosten unnötig Nerven
Läuft es bei der Urlaubsplanung nicht rund oder gestalten sich Absprachen schwierig, sprechen Sie das nach Möglichkeit an, um den Zustand zu ändern. Das sei aber noch kein Grund, das Unternehmen zu verlassen, meint Kleinhenz. Bekommen Sie jedoch von Kollegen mit, dass zum Beispiel Urlaubsanträge immer sehr spät oder gar nicht genehmigt werden, sollten Sie hellhörig werden.
Unzufriedenheit und Mobbing im Team
Kleinhenz rät, sich während der Probezeit auf jeden Fall umzuhören und die Stimmung im Team zu eruieren. Wird hier gar gemobbt und gegeneinander gearbeitet? Finden Sie heraus, womit das Team nicht zufrieden ist und warum, damit Sie abgleichen können, wie wichtig Ihnen selbst diese Punkte sind.
Hinterfragen Sie die Beschwerden der anderen, empfiehlt Verhoeven. "Manchmal hilft hier der neutrale Blick von außen." Gibt es triftige Gründe für die Unzufriedenheit, sprechen Sie diese an. Werden Sie selbst gemobbt, ist das die absolute Red Flag, so Kleinhenz.
Das volle Gehalt gibt's erst später
Es ist rechtlich erlaubt, das Gehalt erst nach der Probezeit auf einen bestimmten Betrag anzuheben. Der gesetzliche Mindestlohn muss natürlich stets eingehalten werden. Der Arbeitgeber könnte eine Gehaltsanpassung etwa damit rechtfertigen, dass neue Mitarbeitende in den ersten sechs Monaten eingearbeitet werden müssen und noch keine "vollwertige Arbeitskraft" sind. "Ein Unterschied von etwa zehn Prozent ist völlig legitim", sagt Verhoeven.
Abwägen: Was ist zu viel?
Grundsätzlich gilt: Wie viele Red Flags zu viele Warnzeichen sind, müssen Sie selbst für sich individuell entscheiden. Die eine Red Flag könne es nicht geben, dazu sei Arbeit und das eigene Verhältnis zur Arbeit zu individuell, sagt Verhoeven.
"Letztlich ist das immer ein Abwägungsprozess", so Kleinhenz. Viele Menschen sind auf ihre Arbeit und das Geld angewiesen, haben vielleicht monatelang nach einem Job gesucht und können es sich nicht leisten, diesen zu kündigen.
Alle anderen sollten die Warnsignale reflektieren: Stört mich das wirklich? Hat es mit meiner Arbeit zu tun? Ist das eine Momentaufnahme oder ist das immer so? Ist Ihnen ein Thema wichtig und handelt es sich nicht nur um einen momentanen Zustand, sprechen Sie es an. Häufig sind gerade langjährigen Mitarbeitenden bestimmte Strukturen oder Defizite gar nicht bewusst. Wer von außen neu dazu stößt, kann hier wichtige Impulse liefern.
Idealerweise findet nach etwa 100 Tagen oder rund drei Monaten ein erstes Feedback-Gespräch statt und dann noch einmal vor Ende der Probezeit. Eine gute Gelegenheit, erste Kritik anzubringen. Machen Sie sich bewusst: Es gibt keinen Grund, Sie während der Probezeit loswerden zu wollen, da der Arbeitgeber ohnehin unkompliziert kündigen kann.
Ändert sich auch nach einem klärenden Gespräch nichts, sollten Sie den Job kündigen, sofern es Ihre persönliche Situation erlaubt. (dpa/bearbeitet von ff)
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.