(abb) "Hallöchen lieber Professor!" Laut Sprachforscher Jan Seifert treffen Studenten in E-Mails an ihre Dozenten häufig nicht den richtigen Ton. Wann es jedoch zu persönlich wird und wie Sie peinliche Konversationen meiden, zeigen diverse Beispiele.

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Basis der Untersuchung Seiferts sind rund 500 Nachrichten, welche er selbst oder seine Kollegen als Lehrtätige an der Universität empfangen hatten. Alle erhaltenen Nachrichten waren ohne inhaltlichen Vorbezug. Sie stellten also keine Antwort auf vorangehende E-Mails dar. Darüber hinaus handelte es sich bei allen Verfassern um deutsche Muttersprachler.

Zu viel Umgangssprache

Eigentlich geht man davon aus, dass Studenten hierzulande der deutschen Sprache mächtig sind. Man würde auch meinen, dass sie wissen, wie man eine korrekte offizielle Mail schreibt. Dieses Beispiel zeigt, dass das nicht zutrifft:

[Betreff:] argh!
Guten Abend. Haben Sie von meiner Freundin die nachricht bekommen dass mein zug ausgefallen ist? Ich stand grade im wald mit dem ollen ding. Ich hoffe Sie haben mich heute nicht zu sehr vermisst ;) wenn sie brauchen kann ich ihnen einen attest besorgen.. aber eigentlich war ich nicht krank.
lg

Hier ist gleich einiges schiefgelaufen: Der Betreff ist flapsig und unverständlich, der Text der Mail umgangssprachlich, zudem strotzt er vor Fehlern. E-Mails erlauben zwar im Normalfall einen gemäßigten sprechsprachlichen Gebrauch, in diesem Fall ist er jedoch eindeutig übertrieben. Um beim Empfänger nicht auf Unverständnis zu stoßen, sollten Studenten einen solchen Ton unbedingt meiden. Sonst muss der Professor annehmen, dass der Studierende die Gepflogenheiten und sozialen Normen nicht kennt. Oder, dass er einfach keine Lust hatte, sich Mühe zu geben.

Neben allgemeinen Motivationsschwierigkeiten oder fehlendem Anstand haben die Studierenden vor allem bei der Wahl einer adäquaten Anrede- und abschließenden Grußformel erhebliche Probleme:

hallöchen!
Entschuldigen Sie die wochenendliche Störung, ich wollte mich nur für Ihre morgige Sitzung entschuldigen, krankheitsbedingte Gründe....... auf Wunsch reiche ich Ihnen selbstverständlich ein Attest nach und der versäumte Stoff wird auch nachgeholt!
MFG

Der Verfasser wählt hier nicht nur eine vertraulich-flapsige Anredeformel, auch die Gründe für die Entschuldigung lässt er mit einer selbstironischen Anspielung einfach wegfallen. Sehr fraglich, ob der Dozent eine solche Entschuldigung wohl ernst nehmen kann.

Künstlich erschaffene Intelligenz

Neben der unangemessenen Umgangssprache gibt es noch das andere Extrem - wenn sie versuchen, besonders intellektuell zu schreiben. Beispielsweise nutzen viele Studenten in ihren E-Mails den Genitiv (Endungen auf -es), Fremdwörter oder Relativpronomen (welcher, welches, welche). Übertreibt man deren Einsatz, können solche Formulierungen eher lächerlich wirken:

Unglückseeligerweise [!] bin ich mir nicht sicher, ob sich meine (An-)Teil-nahme bei erneutem Fehlen noch im Rahmen der legitimen Fehlzeiten befindet. Dennoch steht es mir nicht frei, morgen anwesend zu sein. Es wäre nett wenn sie mich schriftlich informieren, ob ich mich für das Seminar, [welches] im kommenden Semester [stattfindet], erneut anzumelden habe.

Der Verfasser wirkt durch verschiedene Wörter etwas ungeschickt und letztlich unfreiwillig komisch. Wenn Sie in Ihrer Nachricht nicht zu bemüht erscheinen wollen, sollten Sie zu viele hochsprachliche Ausdrücke sowie eine übertriebene Wortwahl eindeutig meiden. Ansonsten stellt sich Ihr Professor vielleicht bald die Frage, ob durch dieses Mittel nur versucht wird, eine gewisse Intellektualität vorzutäuschen.

So geht's richtig

Wer von seinem Professor ernst genommen werden will, sollte den richtigen Ton zwischen einer künstlich distanzierten und einer zu umgangssprachlichen Sprache treffen. E-Mails sind zwar formell gesehen nicht so streng wie Briefe einzuordnen, trotzdem wird ein gewisses Maß an Höflichkeit vorausgesetzt.

Schreiben Sie beispielsweise an Ihren Professor, machen Sie mit der Grußformel "Sehr geehrter Herr (Professor)" und der Grußformel "Mit freundlichen Grüßen" in keinem Fall etwas falsch. Auch die Varianten "Mit freundlichem Gruß/Freundlicher Gruß/Freundlich grüßend/..." sind weithin akzeptiert. Die Abschlussformel "Viele Grüße, Beste Grüße" darf jedoch nur angewendet werden, wenn der Empfänger sich dadurch nicht gestört fühlt. Die Formel "Liebe Grüße" ist in offiziellen Nachrichten hingegen zu wenig formell.

Eine Sonderposition nimmt die Begrüßung "Hallo" ein. Laut einer Umfrage ist diese Begrüßung in formellen E-Mails nicht akzeptiert und passt eher zu einer Konversation zwischen näheren Bekannten. Jüngere Mail-Verfasser nutzen diese Anrede jedoch gerne. Im Gegensatz zu den Anreden "Guten Tag/Abend" ist sie zu jeder Tageszeit einsetzbar und bleibt auch für den Empfänger stets aktuell.

Am besten machen Sie es so: Wenn Sie beispielsweise schon längeren E-Mail Kontakt zu Ihrem Dozenten pflegen, können Sie auch in dessen Sprachweise antworten. Das heißt: Sollte Ihnen Ihr Professor mit "Hallo" antworten, dürfen auch Sie in der nächsten E-Mail mit dieser Anrede beginnen. Dasselbe gilt für die Schlussformeln. Er sollte jedoch stets der Erste sein, der den Rahmen eines offiziellen Schreibens bricht.

Häufige E-Mail-Fehler, die Sie sonst noch meiden sollten:

  • Abkürzungen in der Schlussformel, wie "LG" oder "MFG"
  • Permanente Kleinschreibung
  • Flüchtigkeitsfehler, die vor allem durch das schnelle Medium E-Mail begünstigt werden
  • Emoticons wie :-) :-(
Seifert, Jan: Nähe und Distanz in Studentischen E-Mails. In: Aptrum. Zeitschrift für Sprachkritik und Sprachkultur, 8. Jahrgang 01/2012. Dr. Ute Hempen Verlag, Bremen, S. 1-25
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