50 Unternehmen in Deutschland testen gerade die Vier-Tage-Woche. Was sich erst einmal nach mehr Freizeit anhört, birgt aber auch Tücken. Ein Experte gibt Tipps, mit welchen Fragen man herausfindet, ob das Modell für einen selbst infrage kommt.

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Drei Tage Wochenende, weniger Stress, mehr Produktivität - diese Versprechen machen eine Vier-Tage-Woche für viele Beschäftigte in Deutschland attraktiv. Wie sich das Modell in der Praxis bewährt, testen seit Anfang Februar auch 50 Unternehmen in einem Pilotprojekt in Deutschland. Die Studienlage klingt dabei häufig vielversprechend. Aber ist es im Einzelnen wirklich immer so einfach?

Vier-Tage-Woche: Welche Modelle es gibt

  • die Vier-Tage-Woche mit kürzerer Arbeitszeit und weniger Gehalt
  • die Vier-Tage-Woche mit kürzerer Arbeitszeit und gleichbleibendem Gehalt

Geht das in meinem Job überhaupt?

Ob eine Vier-Tage-Woche machbar ist, ist immer abhängig von Faktoren wie der Branche, dem jeweiligen Job und mitunter auch dem Standort. "Es kommt auch immer auf die Zielgruppe, die Kunden und den Kontext an", sagt Veit Hartmann vom Institut für angewandte Arbeitswissenschaft (ifaa) in Düsseldorf. "Es geht um die Frage: Wann wird wo mit was Geld verdient?" Nur da, wo Unternehmerinnen und Unternehmer auch Einfluss auf die Tätigkeit und Kunden haben, kann eine Vier-Tage-Woche realistisch umgesetzt werden.

Laut Hartmann können Pilotprojekte oder Testphasen ohne verbindlichen Charakter im jeweiligen Betrieb helfen, hier Klarheit für den Betrieb und die Beschäftigten zu bringen.

Passt das Modell wirklich zu meinen Lebensumständen?

Hartmann rät Beschäftigten, beim Thema Vier-Tage-Woche zunächst die "rosarote Brille" abzunehmen und zu reflektieren, wo das Modell auch Nachteile bringen kann.

In vielen Fällen werde man sich zum Beispiel von der idealtypischen Vorstellung von drei Tagen Wochenende und einer Arbeitswoche, die von Montag bis Donnerstag oder von Dienstag bis Freitag dauert, verabschieden müssen. Das sei arbeitsorganisatorisch häufig nicht möglich, da das Modell von vielen Beschäftigten favorisiert werde.

Und da, wo die Arbeitszeit nicht dramatisch abgesenkt wird, bleiben die Arbeitstage unter Umständen stressig. Vielleicht steigt die persönliche Belastung sogar, weil die Arbeitstage und Arbeitswege lang sind - und sich das mit dem Sozialleben und Themen wie der Kinderbetreuung schwer vereinbaren lässt.

Bei dieser Frage sollte man besonders ehrlich zu sich selbst sein

Beschäftigte sollten sich Hartmann zufolge außerdem ehrlich fragen: Dient der Tag, den ich gewinne, wirklich zur Erholung oder bringt er anderweitig Stress? "Da kommt es ganz darauf an, wie ich diese Freikorridore nutzen kann." Wer etwa eine Weiterqualifizierung macht oder das Baby betreut, wird an diesem Tag ebenfalls ein hohes Stresslevel erleben.

Eine flächendeckende Einführung der Vier-Tage-Woche würde zudem andere Probleme aufwerfen. Wenn alle ein langes Wochenende haben und ihre Freizeit genießen wollen, wer bedient dann eigentlich die Nachfrage? (dpa/tar)

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