Welche Sicherheitsprodukte machen die Wohnung für Kinder sicherer und welche sind überflüssig?
Im Haushalt passieren die meisten Unfälle. Das gilt auch und gerade für Kinder. Viele Unfälle kann man durch diverse Sicherheitsartikel verhindern. Allerdings kann man es mit dem Anbringen von Gittern, Gummiecken und Schlössern auch übertreiben.
Spätestens mit der Geburt des Kindes machen sich viele Eltern große Gedanken darüber, wie sie ihre Wohnung sicherer machen können. Potenzielle Gefahrenquellen gibt es einige: Das Kind kann von der Wickelkommode herunter-, aus dem Bettchen heraus- oder vom Sofa fallen, es kann sich an Dingen verschlucken, an Sachen kauen, an denen es nicht kauen soll und eine Tasse vom Tisch ziehen und sich am heißen Kaffee oder Tee verbrühen.
Wie groß die Gefahr tatsächlich ist, hängt stark vom Haus oder der Wohnung ab und davon, ob die Eltern ihr Kind permanent im Blick haben wollen oder können.
Prinzipiell raten Experten jedoch dazu, sich in die Perspektive des Kindes zu begeben, um etwaige Risiken auszuloten. "Also auf Augenhöhe gehen und schauen, was für kleine Kinder interessant sein könnte, was sie erreichen, woran sie ziehen könnten", sagt der Geschäftsführer der Bundesarbeitsgemeinschaft (BAG) Mehr Sicherheit für Kinder, Andreas Kalbitz, im Gespräch mit unserer Redaktion.
Sich in die Baby-Perspektive begeben
Dabei wird man vielleicht feststellen, dass das Kabel des Wasserkochers oder des Bügeleisens herunterhängt, dass sich Reinigungs- und Putzmittel oder auch Medikamente in Schränken oder Regalen befinden, an die ein kleines Kind ran kann und dass die eine oder andere Kommode, an der es sich hochziehen könnte, wackelt.
Also: das Kabel besser verstauen, die Reinigungsmittel woandershin packen oder am Schrank ein Schloss anbringen, und die wackeligen Möbel festmachen.
Sich krabbelnd durch alle Zimmer der Wohnung zu bewegen, mag so manchem albern erscheinen, allerdings ist das aus Expertensicht der einzig sinnvolle Weg, Gefahrenquellen auszumachen. Welche das üblicherweise in Küche, Bad, Wohn- und Kinderzimmer sind, macht das Magazin "Baby und Familie" in einer Grafik auf seiner Webseite deutlich.
Föhn und Waschmittel wegsperren, Steckdosen sichern
Typische Beispiele in der Küche sind die heiß werdende Backofentür und die Besteckschublade mit spitzen Gabeln und scharfen Messern. Die eine kann man durch ein Gitter sichern, die andere durch ein Schubladenschloss.
Beim Kochen sollte man darauf achten, dass das Kind die Töpfe oder Pfannen nicht vom Herd ziehen und sich daran verbrennen kann. Im Bad sollten elektrische Geräte wie Föhn oder Rasierer und besagte Reinigungs- und auch Waschmittel unzugänglich aufbewahrt werden.
Im Kinderzimmer sollte das Bett eine Umrandung bekommen, wenn das Kind nicht eh in einem Gitterbettchen schläft. Für das Wickeln auf der Wickelkommode gilt der schon bekannte Satz: "Immer eine Hand am Kind." Einige Möbel gehören laut Experten nicht in Kinderzimmer, etwa Stehlampen, weil sie um- und auf das Kind fallen können.
Steckdosenkappen sind im Übrigen für die meisten Fachleute ein Muss, und zwar in jedem Zimmer. In jedem Zimmer mit Fenster sollte man darauf achten, dass die Kinder - eventuell mithilfe eines Hockers - nicht auf die Fensterbretter klettern und die Fenster öffnen können. Zumindest nicht in einem Alter, in dem sie noch nicht verstehen, dass das gefährlich ist.
Da der Kopf von kleinen Kindern im Vergleich zum Rest des Körpers größer ist als bei Erwachsenen, haben sie einen anderen Schwerpunkt und kippen leichter vornüber, wie Inke Ruhe von der BAG Mehr Sicherheit für Kinder in einem Interview erklärte.
Mit Zimmerpflanzen sollte man unter Umständen auch vorsichtig sein. Einige von ihnen, wie der Ritterstern, die Flamingoblume, der Weihnachtsstern, das Fensterblatt, die Beeren der Stechpalme und der Gummibaum können Übelkeit oder Schwellungen verursachen. Oder Schlimmeres - je nachdem, wie viel das Kind davon verschluckt oder in den Mund genommen hat.
"Wo ist es sinnvoll, wo egal?"
Wenn Kinder laufen lernen, kann auch ein Ecken- oder Kantenschutz an der einen oder anderen Stelle helfen. Denn gerade bei den ersten Geh- und Laufversuchen stolpern sie oft und fallen hin - da ist es schon gut, wenn einige scharfe Kanten oder spitze Ecken etwas gepolstert sind.
Von den rund 200.000 Verletzungen, wegen derer Kinder ins Krankenhaus müssen, sind die meisten Kopfverletzungen. Sie sind oft nicht schlimm und die Kinder können schnell wieder nach Hause, es sind aber auch ernstere Verletzungen darunter.
Jede Ecke abzukleben und jede Schublade zu verschließen, ist allerdings nicht nötig. Andreas Kalbitz rät: "Am besten fragt man sich: Wo läuft oder rennt das Kind lang und könnte sich böse wehtun, wenn es stolpert und gegen die Tischkante fällt? Oder im Fall der Schubladen: Welche Schubladen sollte das Kind wirklich nicht aufmachen und bei welchen ist es egal?"
Kind nicht zu sehr einschränken
Der beste Schutz sei ohnehin, das Kind immer im Blick zu haben, sagt Kalbitz. "Keine technische Schutzvorrichtung ist zu 100 Prozent sicher, da sollte man sich nicht in falscher Sicherheit wiegen."
Auch ist es für die Entwicklung des Kindes gar nicht so gut, wenn man es in seiner Bewegungsfreiheit und in seinem Erkundungsdrang zu sehr einschränkt. "Eine bessere Motorik", so Kalbitz, "verhindert ja auch Unfälle. Je geschickter ein Kind ist, desto seltener fällt es hin."
Ab einem gewissen Alter - bei manchen Kindern ab drei Jahren, bei manchen auch früher -, kann man auch erklären, warum etwas gefährlich ist und man es lieber nicht machen sollte. Zudem kann der Umgang mit den Dingen im Haushalt spielerisch beigebracht werden, etwa indem das Kind beim Kochen hilft.
Verwendete Quellen:
- Kindersicherheit.de: Haushaltsflyer 2018
- Kindersicherheit.de: Unfallstatistiken
- Baby-und-Familie.de: Risiko-Check: So machen Sie Ihr Zuhause kindersicher
- Baby-und-Familie.de: Die Wohnung kindersicher machen
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.