Hängt unsere psychische Gesundheit davon ab, was wir essen und trinken? Diesen Zusammenhang erforschen immer mehr Wissenschaftler:innen. Neueste Ergebnisse zeigen, wie wichtig gesundes Essen für unser psychisches Wohlbefinden ist. Das bestätigt auch unsere Expertin Prof. Dr. Sabrina Leal Garcia von der medizinischen Universität Graz.

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Du bist, was du isst – dieser Satz wird zwar häufiger in Bezug auf unsere körperliche Verfassung verwendet, allerdings trifft er auch auf unsere Psyche zu. Wie genau und warum Ernährung unsere Psyche beeinflusst, daran forschen Wissenschaftler:innen erst seit einigen Jahren intensiv. Wir haben dazu mit einer Expertin gesprochen: Prof. Dr. Sabrina Leal Garcia forscht und lehrt an der Universität Graz. Eines ihrer Forschungsgebiete ist die Nutritional Psychiatry, die den Zusammenhang zwischen Ernährung und Psyche untersucht.

Sie sagt:

"Das Sprichwort ‚Du bist, was du isst‘, passt perfekt, denn unsere Ernährung beeinflusst direkt die Gesundheit unseres Gehirns und damit unsere Stimmung, unser Denken und unser Verhalten."

Neurotransmitter und Darm-Mikrobiom: Warum das Gehirn bestimmte Nährstoffe braucht

Konkreter: "Bestimmte Nährstoffe wie Omega-3-Fettsäuren, Vitamine und Mineralstoffe sind essenziell für die Produktion von Neurotransmittern, die unser Wohlbefinden steuern." Denn um Neurotransmitter, wie etwa Serotonin, Dopamin oder Noradrenalin zu bilden, braucht unser Körper genügend Bausteine und sogenannte Co-Faktoren. Die wichtigsten Bausteine sind Aminosäuren, Co-Faktoren sind Spurenelemente wie zum Beispiel Magnesium, Zink oder Selen.

Eine weitere wichtige Verbindung ist die Darm-Hirn-Achse. In unserem Darm befinden sich die meisten Mikroorganismen in unserem Körper – die Schätzungen schwanken zwischen etwa 30 und 100 Billionen. Aus ihnen besteht das Darm-Mikrobiom. Über die Darm-Hirn-Achse sind unser Verdauungssystem und unser Gehirn ständig in gegenseitigem Austausch, sie können sich auch gegenseitig beeinflussen. Vereinfacht gesagt, ist ein gesundes, vielfältiges Darm-Mikrobiom gut für unsere Psyche, zum Beispiel, weil bestimmte Bakterien auch an der Bildung von Nervenbotenstoffen beteiligt sind. Und ein gesundes Darm-Mikrobiom haben wir eher, wenn wir uns gesund ernähren und viele Ballaststoffe, die den Bakterien als Nahrung dienen, zu uns nehmen.

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Gesunde Ernährung kann psychischen Erkrankungen nicht nur vorbeugen

Zahlreiche wissenschaftliche Untersuchungen legen inzwischen nahe, dass sich eine gesunde Ernährung sowohl präventiv als auch bei bereits psychisch erkrankten Menschen positiv auf die Psyche auswirkt. So haben mehrere Studien, beispielsweise aus den Jahren 2017 und 2019, gezeigt, dass ein gesunder Ernährungsstil bereits vorhandene psychische Probleme wie Depressionen positiv beeinflussen kann. Große Kohortenstudien zeigten zudem, dass eine mediterrane Diät, die reich an Obst, Gemüse, Vollkornprodukten, Fisch und gesunden Fetten ist, das Risiko an einer Depression zu erkranken um bis zu 50 Prozent reduzieren kann.

Diese Studienlage bestätigt Dr. Leal Garcia: "Es zeigt sich zunehmend, dass eine gesunde Ernährung präventiv und therapeutisch positive Effekte auf unsere Psyche hat. Bei bereits erkrankten Menschen zeigen Interventionen, dass eine Umstellung auf eine nährstoffreiche Ernährung depressive Symptome lindern kann. Besonders Ballaststoffe, Antioxidantien und Omega-3-Fettsäuren haben sich als vielversprechend erwiesen."

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Psychische Gesundheit: Welche Lebensmittel helfen?

Was sollten wir also essen, um psychischen Erkrankungen vorzubeugen oder sie zu lindern? Als zwei einfach umsetzbare, konkrete Beispiele nennt die Expertin einen bunten Salat mit Oliven, Walnüssen, Avocado und Lachs, oder Ofengemüse mit Feta und Olivenöl. Denn diese Lebensmittel liefern nicht nur die nötigen Baustoffe und Co-Faktoren für die Bildung unserer Nervenbotenstoffe, "sie fördern auch eine gesunde Darmflora und reduzieren Entzündungen im Körper, was sich positiv auf Gehirn und Stimmung auswirken kann", so Dr. Leal Garcia.

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Und welche Lebensmittel sollten wir vermeiden? Auch darauf gibt die Ärztin und Wissenschaftlerin eine klare Antwort:

"Eine Ernährung, die reich an hochverarbeiteten Lebensmitteln, Zucker, ungesunden Fetten (wie Transfetten) und raffinierten Kohlenhydraten ist, gilt als besonders schädlich für unsere Psyche. Diese Lebensmittel fördern Entzündungen im Körper, stören die Darmflora und beeinträchtigen die Produktion von Neurotransmittern wie Serotonin, was zu einer Verschlechterung der Stimmung und einem erhöhten Risiko für Depressionen und Angststörungen führen kann."

Zahlreiche Studien bestätigen das und zeigen, dass ein regelmäßiger Konsum hochverarbeiteter Lebensmittel mit einem höheren Risiko für psychische Erkrankungen verbunden ist.

"Die Ernährung kann je nach Erkrankung angepasst werden"

Je nach der Art der psychischen Erkrankung können sich die Ernährungsempfehlungen im Detail unterscheiden, so Dr. Leal Garcia: "Eine angepasste, personalisierte Ernährung macht aus meiner Sicht definitiv Sinn, um spezifische Symptome zu beeinflussen oder Nährstoffmängeln vorzubeugen."

Bei depressiver Symptomatik seien Lebensmittel mit Omega-3-Fettsäuren, B-Vitaminen und Tryptophan vorteilhaft, da sie die Neurotransmitter-Produktion unterstützen. "Bei Ängsten könnten magnesiumreiche Nüsse, beruhigende Tees wie Kamille und antioxidative Lebensmittel eingesetzt werden. Auch Probiotika und Präbiotika können über die Darm-Hirn-Verbindung helfen", so die Expertin. "Die Ernährung kann also je nach Erkrankung und individuellen Symptomen angepasst werden, um Mängel auszugleichen und die psychische Gesundheit zu fördern."

Die wichtigsten Nährstoffe für eine gesunde Psyche sind laut Leal Garcia:

  • Omega-3-Fettsäuren (zum Beispiel in fettem Fisch, Leinsamen)
  • B-Vitamine (zum Beispiel in Vollkornprodukten, grünem Blattgemüse)
  • Tryptophan (zum Beispiel in Eiern, Nüssen)
  • Magnesium (zum Beispiel in Nüssen, Spinat)
  • Antioxidantien (zum Beispiel in Beeren, dunkler Schokolade)
  • Probiotika (zum Beispiel in Joghurt, Sauerkraut)

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Worauf Veganer:innen achten sollten

Und wie sieht es mit vegetarischer oder veganer Ernährung aus? Auch Veganer:innen und Vegetarier:innen können sich definitiv so ernähren, dass es ihrer Psyche gut tut, sagt Dr. Leal Garcia.

"Aber sie sollten auf eine ausreichende Zufuhr aller für die Psyche wichtigen Nährstoffe achten. Besonders wichtig sind Omega-3-Fettsäuren, die in pflanzlichen Quellen wie Leinsamen und Chiasamen vorkommen, auch Algenöl ist eine gute Quelle. Sehr wichtig ist Vitamin B12 – hier kommt man um eine adäquate Supplementation kaum herum. Auch Eisen, Zink und Protein sollten durch pflanzliche Quellen wie Hülsenfrüchte, Nüsse und Vollkornprodukte abgedeckt werden."

Die Wissenschaftlerin gibt zu bedenken: Für Veganer:innen sei es möglicherweise etwas schwieriger, sich ausreichend mit allen wichtigen Nährstoffen zu versorgen, da die Konzentration einiger Nährstoffe, sowie die Bioverfügbarkeit von Eisen und Zink und die Aufnahme von Omega-3-Fettsäuren in pflanzlicher Form geringer seien. "Auch müssen Eiweiße in guter Kombination zugefügt werden, um alle essentiellen Aminosäuren aufzunehmen."

Sie nennt ein Beispiel: Reis enthält sehr viel Methionin, Erbsen enthalten Lysin. Ein Erbsenreis habe daher ein besseres Aminosäureprofil und sei für den Körper hochwertiger, als eines dieser Lebensmittel alleine gegessen. "Es braucht also Hintergrundwissen, Kraft und Zeit um sich vollwertig und gesund vegan zu ernähren", fasst Leal Garcia zusammen.

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Expertin empfiehlt die Mittelmeerdiät

Aber nicht nur Menschen, die vegan oder vegetarisch leben sollten auf eine nährstoffreiche Ernährung achten. Denn: "Vitamin-B12-Mangel oder Defizite bei anderen Nährstoffen wie Eisen, Zink und Omega-3-Fettsäuren betreffen auch viele Menschen, die sich omnivor ernähren. Noch dazu haben einige Menschen das Problem, Vitamine wie Vitamin B12 und Vitamin B9 nicht ausreichend in die aktiven Formen umwandeln zu können", so die Ärztin.

Sie empfiehlt als besonders gut geeignete Ernährungsform für unsere Psyche die sogenannte Mittelmeerdiät, hat dazu Ende 2023 sogar gemeinsam mit einem Profi-Koch ein Buch mit den wichtigsten Fakten und vielen Rezepten veröffentlicht. Die Ernährungsweise beinhaltet neben viel Gemüse, Hülsenfrüchten, gesunden Fetten und komplexen Kohlenhydraten auch Fisch, aus dem wir die für unsere Psyche so wichtigen Omega-3-Fettsäuren bekommen.

"Die empfohlene Menge für Omega-3-Fettsäuren aus Fisch beträgt etwa zwei Portionen fettreichen Fisch pro Woche, das entspricht rund 300-450 Gramm," so Dr. Leal Garcia. Diese Empfehlung basiert auf den Ernährungsempfehlungen, wie sie etwa die Österreichische Gesellschaft für Ernährung und die deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) geben.

Allerdings sagt die Expertin, dass Menschen, die aus ethischen oder Umweltschutzgründen keinen Fisch verzehren möchten, auf pflanzliche Alternativen wie etwa Algenöl-Kapseln zurückgreifen können: "Algenöl liefert die gleichen aktiven Omega-3-Fettsäuren (EPA und DHA) wie Fisch, jedoch ohne die ökologischen Probleme der Fischerei. Für Menschen, die Fisch meiden möchten oder den Konsum reduzieren wollen, ist Algenöl eine nachhaltige und ethisch vertretbare Option, um den Bedarf an Omega-3 zu decken."

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"Achtsames Essen" ist gesünder

Zudem betont Leal Garcia, dass für unsere Psyche nicht nur wichtig ist, was wir essen, sondern auch wie wir das tun: "Essgewohnheiten wie achtsames Essen, regelmäßige Mahlzeiten und das Vermeiden von Stress beim Essen können das Wohlbefinden positiv beeinflussen."

Achtsames Essen helfe, besser auf die eigenen Hunger- und Sättigungssignale zu achten, fördere eine bewusste Verbindung zum Essen und könne emotionales Überessen verhindern.

"Essen in entspannter Atmosphäre fördert die Verdauung und verhindert, dass Stresshormone den Körper belasten. Es geht also nicht nur um die Nährstoffe, sondern auch um eine positive und bewusste Beziehung zum Essen."

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Ernährung und Psyche: Die wichtigsten Regeln

Zusammenfassend nennt sie ihre jeweils drei wichtigsten Dos und Don’ts zum Thema Ernährung und Psyche:

Dos:

  1. Nährstoffreiche, vollwertige Lebensmittel: Viel Gemüse, gesunde Fette (z.B. Nüsse, Avocado, Olivenöl) und Proteine (z.B. Hülsenfrüchte, Fisch, Eier), Vollkornprodukte in Maßen, Verzicht auf Zucker und künstliche Süßstoffe
  2. Regelmäßige Mahlzeiten: Sie helfen, den Blutzuckerspiegel konstant zu halten und Stimmungsschwankungen zu vermeiden.
  3. Achtsames Essen praktizieren: Langsam und bewusst essen, um Überessen zu vermeiden und eine gesunde Beziehung zum Essen zu fördern.

Don’ts:

  1. Verarbeitete Lebensmittel und Zucker: Diese fördern Entzündungen und können zu Stimmungsschwankungen und psychischen Problemen beitragen.
  2. Stressessen: Emotionale Zustände wie Stress oder Langeweile sollten nicht durch unkontrolliertes Essen kompensiert werden.
  3. Nichts oder zu viel oder zu ungünstigen Zeiten essen: Unregelmäßiges Essen kann den Blutzuckerspiegel destabilisieren, was zu Reizbarkeit und Energietiefs führt.

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Zur Person: Prof. Dr. Sabrina Leal Garcia ist Fachärztin für Psychiatrie und psychotherapeutische Medizin, Ernährungsmedizinerin, Wissenschaftlerin und Dozentin an der Medizinischen Universität Graz in Österreich. Eines ihrer Spezialgebiete ist die Nutritional Psychiatry, die sich mit der Vorbeugung und Behandlung psychischer Erkrankungen durch eine gesunde Ernährung beschäftigt.

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