Das Gesetz der Anziehung besagt, dass du deine Realität mit der Kraft deiner eigenen Gedanken erschaffen kannst. Für viele Menschen stellt es ein wertvolles mentales Werkzeug dar. Jedoch warnen Psycholog:innen auch vor negativen Auswirkungen.
Heute ist ein Tag, an dem alles schiefgeht? Du hast verschlafen und bist schon mit so einem Gefühl aufgewacht, dass heute kein guter Tag wird? Und so ist es auch: Der Kaffee ist aus, das Müsli voller Motten und dein Lieblingspullover ist immer noch nicht trocken. Und dann hat dein Fahrrad auch noch einen Platten. Na toll.
Laut dem Gesetz der Anziehung sind diese Dinge nicht einfach so passiert: Du hast sie im Wesentlich selbst verursacht, und zwar durch deine negativen Gedanken. Umgekehrt hätte der Tag auch ganz anders verlaufen können – wenn du nur eine optimistischere Einstellung gehabt hättest. Das Gesetz der Anziehung ist vor allem durch Social Media bekannter geworden und funktioniert ähnlich wie das Manifestieren oder positive Affirmationen.
Das Gesetz der Anziehung und sein Ursprung
Das Gesetz der Anziehung (auch "Resonanzgesetz") wurde unter diesem Namen erstmals 1877 von der russischen Okkulistin Helena Petrovna Blavatsky formuliert, so das GEO-Magazin. Es besagt, dass es einen direkten Zusammenhang zwischen unserer inneren Gedanken- und Gefühlswelt und unseren äußeren Lebensumständen gibt.
Dabei ist das Prinzip nicht neu. So steht bereits in der Bibel: "Alles, was ihr bittet in eurem Gebet, glaubet nur, dass ihr’s empfangen werdet, so wird’s euch werden." (Bibel, Markus Kapitel 11, Vers 24). Auch Marcus Aurelius formulierte bereits den Grundsatz: "Das Glück deines Lebens hängt von der Beschaffenheit deiner Gedanken ab." Und deutet nicht auch Pippi Langstrumpfs berühmter Spruch "Ich mach‘ mir die Welt, so wie sie mir gefällt" auf das Gesetz der Anziehung hin?
Durch den Film "The Secret" aus dem Jahr 2006 erlangte das Gesetz der Anziehung, oder im englischen "Law of Attraction", einen höheren Bekanntheitsgrad. Diverse Instagrammer:innen und der allgegenwärtige Drang zur Selbstoptimierung haben ihr Übriges zu dem Boom um das sogenannte "Gesetz" beigetragen. So passt es gut in den Zeitgeist, in dem persönliche Entwicklung und Spiritualität eine große Rolle spielen. Zudem ist das Konzept leicht verständlich und vermittelt, dass wir Kontrolle über das eigene Leben haben.
Was besagt das Gesetz der Anziehung?
In seiner einfachsten Formulierung besagt das Gesetz der Anziehung laut GEO, dass Gleiches Gleiches anzieht. Deshalb geht es davon aus, dass deine Gedanken und Gefühle deine Realität bestimmen.
- Anhänger:innen des Gesetzes begreifen es als universelles Prinzip, das zu jedem Zeitpunkt, für jeden Menschen, jedes Gefühl und jeden einzelnen Gedanken gültig ist.
- Das Gesetz der Anziehung soll auf alle Bereiche des Lebens anwendbar sein, ganz egal, ob es sich um Beziehungen, unsere Freizeitgestaltung oder Finanzen handelt.
Ganz nach dem englischen Sprichwort "Thoughts become things", also "Gedanken werden zu Dingen", manifestieren sich unsere Gedanken in unserer Lebenswirklichkeit. Es wird also nicht das wahr, was du dir wünscht, sondern vielmehr das, woran du denkst.
Laut des Resonanzgesetzes erzeugt dabei jeder Gedanke eine gewisse Schwingung und soll damit wieder Gedanken und Gefühle mit ähnlicher Schwingung anziehen. Es funktioniert ganz ähnlich wie der erste Eindruck: Gehst du mit einem Lächeln auf neue Menschen zu, ist es wesentlich wahrscheinlicher, dass sie dir ebenfalls freundlich gesinnt sind.
Wie du das Gesetz der Anziehung anwenden kannst
Der große Vorteil des Gesetzes der Anziehung stellt gleichzeitig eine große Herausforderung dar: Niemand außer dir selbst ist für deine Wirklichkeit verantwortlich. Damit befreit es dich aus der Opferrolle und zieht dich dafür in die Eigenverantwortung.
Für die Anwendung des Gesetzes ist dein eigenes Bewusstsein über deine Gedanken, Gefühle und Handlungen der Schlüssel.
- Werde dir deiner Gedanken bewusst und wähle sie weise. Du bist deinen Gedanken nicht ausgeliefert – vielmehr kannst du sie lenken und damit dein Leben selbst in die Hand nehmen. Meditation kann ein wertvolles Werkzeug sein, um deine Gedanken besser erkennen zu können.
- Achte darauf, wie du deine Gedanken formulierst. Denkst du beispielsweise: "Kein Krieg", denkst du trotzdem unweigerlich an Krieg. Besser wäre es gedanklich "Kein Krieg" durch "Frieden" zu ersetzen.
- Praktiziere Dankbarkeit. Das kannst du zum Beispiel tun, in dem du jeden Tag zehn Dinge aufschreibst, für die du an diesem Tag dankbar bist.
- Versuche auch Situationen, die dir zunächst negativ erscheinen, positiv umzudeuten. Wenn du zum Beispiel gerade durch eine Trennung gehst, ist dies zwar zunächst schmerzhaft. Langfristig ist es jedoch vielleicht besser für euch, getrennte Wege zu gehen.
- Um deine Realität durch deine Gedanken zu manifestieren, kann es hilfreich sein, deine Gedanken zu visualisieren und sie aufzuschreiben. Außerdem kannst du dich Werkzeugen wie der Autosuggestion und positiven Affirmationen bedienen.
- Beginne bei dir selbst. Es ist deine Entscheidung, wie du dich selbst betrachtest. Deine Selbstwahrnehmung beeinflusst wiederum direkt, wie du auf deine Umgebung wirkst und bestimmt im Umkehrschluss, wie deine Mitmenschen auf dich reagieren.
Kritik am Gesetz der Anziehung
Ein großer Kritikpunkt am Gesetz der Anziehung ist, dass es sich wissenschaftlich nicht belegen lässt. Anhänger:innen des Gesetzes sind durch Erfolgserlebnisse überzeugt von seiner Gültigkeit. Dabei lässt sich schwer überprüfen, was in unserer Gedankenwelt vorgeht.
Die Prinzipien des Resonanzgesetzes lassen sich in einigen Fällen kaum bis gar nicht anwenden. Das betrifft etwa schwer erkrankte Menschen, Vergewaltigungsopfer oder Menschen in Kriegsgebieten. Zwar können auch diese Menschen theoretisch vom Gesetz der Anziehung profitieren – doch ließe es sich leicht behaupten, sie seien für ihr eigenes Elend verantwortlich.
Gerade auf Menschen mit psychischen Schwierigkeiten, wie Depressionen oder Angststörungen, kann sich das Gesetz der Anziehung negativ auswirken. Häufig werden Menschen mit diesen Problemen von wiederkehrenden negativen Gedanken geplagt. Die Idee, dass diese Gedanken sich in der Realität manifestieren, kann zusätzlichen Druck ausüben und die Gedankenspirale verstärken.
Zudem kann das Gesetz der Anziehung schnell in Toxic Positivity umschlagen. So könnte man aus den Prinzipien ableiten, dass es grundsätzlich schädlich ist, negativ zu denken. Dabei sind negative Gedanken ganz natürlich und können reinigend auf die Psyche wirken, so der deutsche Psychotherapeut Günther Scheich in einem Interview zu seinem Buch "Positives Denken macht krank."
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Überarbeitet von Luise Rau © UTOPIA
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