Erst die Feiertage, dann Silvester: Alkohol ist gesellschaftlich anerkannt – schadet aber ab dem ersten Schluck. Das betont der Toxikologe Carsten Schleh. Er vergleicht den Konsum mit einer "biochemischen Lotterie".
Carsten Schleh ist Toxikologe. Er setzt sich mit Giftstoffen und deren Wirkung auf den menschlichen Körper auseinander. Im Interview mit der Süddeutschen Zeitung (SZ) spricht Schleh anlässlich seines neuen Buches über sogenannte Alltagsdrogen, wozu vor allem Alkohol zählt.
Insbesondere zwei Aspekte der Substanz rückt Schleh in den Fokus: das Suchtpotenzial sowie die bewusstseinserweiternde Wirkung. Laut dem Experten sei Alkohol "alles in allem schädlicher als Cannabis", das nach Plänen der Bundesregierung teilweise legalisiert werden soll.
Zum Konsum von Alkohol halten sich noch hartnäckige Mythen
"Wer regelmäßig kifft, trägt statistisch gesehen weniger Schäden davon als eine Person, die regelmäßig Alkohol konsumiert", konstatiert Schleh im Gespräch mit der SZ. Wenngleich Cannabis wie Alkohol abhängig machen kann.
Schleh betont weiter, dass es zu Alkohol als gesellschaftlich anerkannte Droge noch immer hartnäckige Mythen gebe. Etwa, dass ein Glas Rotwein angeblich gesundheitsfördernd sei. Dabei ist diese Annahme überholt, wie auch die neue Konsum-Empfehlung der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen (DHS) zeigt. "Jeder Alkohol, den man trinkt, auch wenn es nur ein Glas ist, kann die Gesundheit schädigen", so der Toxikologe.
"Stellen Sie sich vor, es gibt eine Mund- und Rachenkrebs-Lotterie"
Er vergleicht das Trinken von Alkohol mit einer "biochemischen Lotterie": "Eine der Krankheiten, die Alkoholkonsum verursachen kann, ist Mund- und Rachenkrebs. Stellen Sie sich vor, es gibt eine Mund- und Rachenkrebs-Lotterie und jeder Mensch hat ein Los in dieser Krebslotterie. Wenn Sie nun aber jeden Tag fünf Bier trinken, dann kriegen sie fünfhundert Lose mehr als Menschen, die dies nicht tun."
Bei einem Gas Rotwein in der Woche hätten Menschen nicht ganz so viel zusätzliche Lose, allerdings sei die "Wahrscheinlichkeit, dass ihr Los in der biochemischen Lotterie gezogen wird", dennoch höher als bei Personen, die gar keinen Alkohol konsumierten.
Mit dem Tabak verhält es sich laut dem Experten ähnlich. Es handle sich schlichtweg um Glück, wenn jemand, der viel raucht, gesund bleibt. Der 90 Jahre alte Opa, der ein "kerngesunder" Kettenraucher sei, dürfte daher nicht als Beleg für einen angeblich harmlosen Konsum dienen, sagt Schleh.
Es seien aber "genau solche gefährlichen Annahmen, die Menschen immer wieder nutzen, um ihren Konsum zu rechtfertigen".
Hinweis: Die BZgA bietet ein Info-Telefon zur Suchtvorbeugung an. Es ist Mo – Do von 10 bis 22 Uhr und Fr – So von 10 bis 18 Uhr zu erreichen unter: 0221 892031. Weitere Informationen gibt es hier.
Quelle: Süddeutsche Zeitung (SZ)
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