Ein schwarzer Regenschirm reiht sich an den anderen. Nasses Laub liegt auf dem Asphalt, der Herbst kündigt sich an.

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Ein paar Dutzend Menschen stehen am Montag vor dem Eingang des muslimischen Emmaus-Friedhofs am Mariendorfer Weg, einer Seitenstraße der Hermannstraße in Berlin. Manche rauchen eine Zigarette nach der anderen. Die Menschen sind gekommen, um ihre Anteilnahme zum Ausdruck zu bringen. Die Traube von Trauernden quillt über den Bürgersteig, sodass der Bus der Linie 277 ausweichen muss.Bald macht sich die Truppe auf den Weg, dem Verstorbenen das letzte Geleit zu geben. Die meisten tragen Regenjacken, manche sogar Schals. Die Polizei ist auch vor Ort. Gegenüber vom Eingang stehen zwei Einsatzfahrzeuge, zwei Beamte beobachten das Geschehen auf dem Bürgersteig. Grund für die Polizeipräsenz ist die Todesursache des Verstorbenen. Caglar B. wurde erschossen.

Der als "Challa" bekannte deutsch-türkische Rapper war vor knapp zwei Wochen in der Bülowstraße in Berlin-Schöneberg durch Schüsse schwer verletzt worden und starb später auf dem Weg zum Krankenhaus. Der ältere Bruder des 42-Jährigen und ein unbeteiligter Passant mit brasilianischer Staatsangehörigkeit wurden ebenfalls durch die Schüsse verletzt und mussten in Kliniken gebracht, operiert und stationär aufgenommen werden. Die Täter sind flüchtig.

Familie und Kollegen aus der Sozialarbeit trauern Seite an Seite um Challa. Männer fallen sich in die Arme, Frauen lassen ihren Tränen freien Lauf.

Die Polizei Berlin erklärt nach Ende der eineinhalbstündigen Beisetzung, es habe "keine Störungen" gegeben. Eine ganz normale Beerdigung, wären nicht die dramatischen Umstände.

Am 4. September gegen 1 Uhr wurde Challa in der Bülowstraße, Ecke Potsdamer Straße aus einem vorbeifahrenden Auto erschossen. Der Rapper und sein Bruder stießen dort Medienberichten zufolge auf eine Gruppe von vier Personen in einem BMW mit bulgarischen Kennzeichen, der sie bereits früher am Tag am Mehringdamm begegnet waren.

Weitere Tathintergründe sind bislang unklar – die Pressestelle der Generalstaatsanwaltschaft teilt mit, "zum Schutz der nach wie vor andauernden Ermittlungen" würden "derzeit leider keine weiteren Informationen" mitgeteilt.

Archiv: Ein Schild verweist auf das muslimische Begräbnisfeld auf dem Emmaus-Friedhof.
Archiv: Ein Schild verweist auf das muslimische Begräbnisfeld auf dem Emmaus-Friedhof. © Britta Pedersen/dpa

Der Getötete hinterlässt seine Ehefrau und ein gemeinsames Kind. In einem Interview mit der taz im Jahr 2012 sagt Challa, seine Eltern seien als sogenannte Gastarbeiter in den 1950er-Jahren aus der Türkei nach Berlin gekommen, er selbst wurde 1982 im Urban-Krankenhaus in Kreuzberg als jüngster von drei Brüdern geboren. Als Jugendlicher sei er ein Intensivtäter gewesen, erzählt er, mehrmals kam er ins Gefängnis. Nach seiner Freilassung brachte er gemeinsam mit dem Rapper Kane zwei Alben heraus. Viele Jahre arbeitete er außerdem in einem Jugendzentrum im Bergmannkiez und bot Breakdance- und Rap-Kurse an.

In der vergangenen Woche hatten die 7. Mordkommission der Berliner Polizei und die Staatsanwaltschaft Berlin gemeinsam um Hinweise aus der Bevölkerung zu dem Tötungsdelikt gebeten.

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Hinweise bitte an die 7. Mordkommission in der Keithstraße 30 in 10787 Berlin-Tiergarten unter der Telefonnummer 030/4664-911777, per E-Mail an lka117-hinweis@polizei.berlin.de oder an jede andere Polizeidienststelle.  © Berliner Zeitung

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