Der 7. Oktober 2023 war für den Berliner Verfassungsschutz nach eigener Darstellung das "prägendste Ereignis" des vergangenen Jahres.

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Bis heute gibt es in der Hauptstadt täglich Aktionen und Demonstrationen von Judenhassern und Israelfeinden. Anlass ist der Krieg, den Israel gegen die Terrororganisation Hamas führt, die am 7. Oktober in Israel das größte Pogrom seit dem Ende der Shoah verübte.Nach jenem Tag hatte es auch in Berlin immer wieder spontane unangemeldete Demonstrationen gegeben, die zum Teil gewalttätig verliefen. Später wechselten die Organisatoren die Strategie und meldeten die Demos bei der Polizei an.

Gleichwohl ging es weiter mit Uni-Besetzungen, der Markierung von "Feinden" mit dem roten Hamas-Dreieck. Im Juli gab es einen antisemitischen Brandanschlag auf eine Schule. Bereits im April hatte die Berliner Polizei einen "Palästina-Kongress" abgebrochen. "Antisemiten und Israelfeinde versuchen, Berlin als Bühne zu missbrauchen", sagte Innenstaatssekretär Christian Hochgrebe (SPD) am Montag im Verfassungsschutzausschuss des Abgeordnetenhauses.

Antisemitismus geht laut Verfassungsschutz nicht nur von rechtsextremen, sondern auch von Gruppierungen der sogenannten dogmatischen Linken aus sowie von den rechtsextremen türkischen Grauen Wölfen. "Sie sind geprägt durch ein hohes Maß an Antisemitismus", sagte Michael Fischer, der Chef des Berliner Verfassungsschutzes. "Nach dem 7. Oktober ist dort ein größeres Potenzial sichtbar geworden."

Hoch sei auch die Bedrohung durch die islamistisch-salafistische Szene. 1100 Salafisten kennt seine Behörde allein in Berlin. Davon gelten 350 als "gewaltorientiert". Diese Szene biete den Nährboden für Hass und Gewalt, wie der verhinderte islamistische Anschlag in München und die erfolgten Anschläge auf eine Polizeiwache in Linz oder Solingen gezeigt hätten, so Fischer. "Diese Anschläge zeigen, mit welch einfachen Mitteln Personen solche Taten begehen können."

Einen Nebeneffekt hat der Krieg in Nahost auf die postautonome linke Szene. Sie schwächelt noch mehr als bisher schon – nicht nur, weil ihr in den vergangenen Jahren mehrere Treffpunkte genommen wurden. "Mit dem Thema Nahost droht der Szene Konkurrenz", sagt Fischer. "Ihr fehlt es an Nachwuchs, weil er andere attraktive Themen hat."

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Die Linkspartei kritisiert die Gliederung des diesjährigen Berliner Verfassungsschutzberichts. Erstmals widmet sich das erste Kapitel dem Islamismus und dem auslandsbezogenen Extremismus. Das Thema Rechtsextremismus folgt an Platz zwei.

Fischer verteidigte die Gliederung seines Berichtes. "Wir haben das nach vorn gezogen, weil der 7. Oktober unsere Arbeit wesentlich bestimmt hat. Wir haben versucht, das nach Wichtigkeit zu priorisieren."  © Berliner Zeitung

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