Pauline W. ist gerade im Urlaub, als ihre Mitbewohnerin ihr eine Nachricht schickt: "Unsere Brücke in Dresden ist ins Wasser gestürzt."

Mehr News aus Berlin finden Sie hier

Mit "unserer" Brücke ist jene gemeint, über die sie jeden Morgen von der Neustadt zur Universität fährt, entweder mit Fahrrad oder Straßenbahn. "Ein bisschen komisch war es schon", sagt sie, "meine Stadt überall in den Nachrichten." Am Montag steht sie an der Elbe und schaut auf die andere Seite, die Innenstadt. "Sieht von nahem schon größer aus."So wie sie kommen am Montag immer wieder Dresdner an die Königsufer-Terrassen. So heißt die schmale Grünfläche zwischen Sächsischer Staatskanzlei und Elbufer, nicht weit vom Goldenen Reiter. Majestätisch und ein ganzes Stück breiter und mächtiger als sonst fließt der Fluss Elbe an dieser Stelle durch die Stadt. Die Brücken hier sind nach drei Menschen benannt: nach Albert, dem letzten König von Sachsen, Carola, seiner Frau – und die dritte nach August dem Starken.

Die Carolabrücke in der Mitte ist in den frühen Morgenstunden des vergangenen Mittwochs teilweise eingestürzt. Das wiederum hat Auswirkungen auf die Hochwasserlage, die sich parallel durch die starken Regenfälle der vergangenen Tage in ganz Mitteleuropa ergeben hat. In Dresden, wo der Pegel der Elbe normalerweise bei 1,42 Metern liegt, ist er aktuell bei 5,66 Metern und soll in den kommenden Tagen noch bis auf sieben Meter steigen.

Der Pegel der Jahrhundertflut 2002 wird wohl in diesem Jahr nicht erreicht werden, damals stand er bei 9,40 Metern. Doch dieses Mal kommt eben hinzu, dass im Fluss liegende Brückenteile das Wasser aufstauen können. Der Wasserspiegel könnte so zusätzlich um etwa 30 bis 50 Zentimeter ansteigen, schätzen Hydrologen. Im Laufe des Montags soll die nächsthöhere Alarmstufe 3 ausgerufen werden. Für Mitte der Woche wird dann der Hochwasserscheitel der Elbe erwartet.

Michaela S. sitzt mit ihrer Freundin bei der Mittagspause unter grauem Himmel am Elbufer. Der Regen hat gerade aufgehört, sodass sie im Trockenen sind. "Ich wohne in Laubegast", sagt die 49-Jährige, also weit im Osten der Stadt, aber auch direkt an der Elbe. "Wir haben ja schon etwas Erfahrung", sagt sie, "ab acht Metern Hochwasser müssen wir uns Sorgen machen." Derzeit sei das noch nicht angezeigt. "Aber das mit der Brücke hat uns schon schockiert", sagt sie.

Der Stadtteil Laubegast ist bisher die einzige Gegend in Dresden, in der am Sonntag ein Sandsack-Schutzwall angelegt wurde. Ein Sprecher der Dresdner Feuerwehr sagt, dass sie die Lage "aufmerksam beobachten". Bisher gebe es derzeit darüber hinaus keine Einsätze.

Alarmstufe 3 bedeutet, dass auch Überschwemmungen von bebauten Gebieten möglich sind; ab Stufe 4 besteht Gefahr für Leib und Leben. Dieser Fall könnte für eine Stadt an der tschechischen Grenze bis zur Mitte der Woche ausgerufen werden: Schöna. Dort könnten Deiche brechen oder Straßen überflutet werden. Einzelne Landkreise in dieser Gegend rufen die Bevölkerung auf, sich auf eine Evakuierung vorzubereiten.

www.Berliner-Zeitung.de
Um Zugang zu allen exklusiven Artikeln von Berliner-Zeitung.de zu erhalten, können Sie hier ein Abo abschließen (1 Monat Gratis)

Am Montagmittag steht Christer Mühlbach an den Königsufer-Terrassen und diskutiert mit einem älteren Herrn über die Ursache des Brückeneinsturzes hinter ihm. Der 25-Jährige kommt aus Torgau, einer Gegend in Sachsen, wo es schon häufiger zu Überschwemmungen kam. "Ich schau sowieso immer auf die Pegelstände." Ihm machen die anderen Brücken mehr Sorgen. Die Sächsische Zeitung hatte über einen "Brücken-TÜV" berichtet, bei dem andere Brücken in Dresden weitaus schlechter abgeschnitten hätten als die Carolabrücke. "Auch das Blaue Wunder ist darunter", sagt Christer Mühlbach, "und das klingt nicht so rosig."  © Berliner Zeitung

JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.