Angesichts von Bedenken und Protesten gegen die geplante Fabrik des US-Elektroautobauers Tesla hat Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) zu Geduld aufgerufen.
"Die Fragen nach dem Infrastrukturausbau, nach der Wasserversorgung und nach vielem anderen werden beantwortet, aber das braucht auch eine gewisse Zeit", sagte
Tesla will in Grünheide (Kreis Oder-Spree) bei Berlin eine Fabrik bauen, in der ab Juli 2021 bis zu 500.000 Fahrzeuge der Typen Model 3 und Y sowie künftiger Modelle im Jahr vom Band rollen. Das umweltrechtliche Genehmigungsverfahren läuft derzeit. Der Wald auf dem Gelände muss noch gerodet werden. Derzeit wird dort Weltkriegsmunition geräumt und auch gesprengt. Am Freitag wurden laut Polizei zwei Sprengungen vorgenommen. Spezialisten sprengten vor einer Woche sieben Weltkriegsbomben. Bisher wurden nach Angaben des Brandenburger Innenministeriums rund 85 Kilo Kampfmittel in dem Waldgelände gefunden.
Tesla will Wasserverbrauch senken
Bedenken gibt es bei Bürgern, Verbänden und in der Politik auch wegen des erwarteten Gütertransports und der Wasserversorgung. Tesla braucht den Plänen zufolge bis zu 372.000 Liter pro Stunde für das Werk. Tesla-Vertreter hatten bei einer Infoveranstaltung für Bürger laut Teilnehmerangaben erklärt, den Verbrauch senken zu wollen.
Am Sonntag traf sich die Bürgerinitiative gegen die geplante Tesla-Fabrik zu einem Spaziergang in einem Landschaftsschutzgebiet in unmittelbarer Nähe des Tesla-Geländes, um auf die Themen Naturschutz und Wasser aufmerksam zu machen. Sie hält den Standort der Fabrik für ungeeignet, da das Tesla-Gelände nach eigenen Angaben zu zwei Drittel in einem Trinkwasserschutzgebiet liegt.
An dem Spaziergang im Löcknitztal nahmen etwa 100 Menschen teil, wie Steffen Schorcht von der Arbeitsgruppe Wasser der Initiative berichtete. Interessierte hätten sich ausgetauscht und geschaut, was in dem Feuchtgebiet gefährdet sei. Es bilde die Lebensgrundlage für viele Insekten, darunter zahlreiche Libellenarten und Wildbienen.
Bürger fühlen sich von Politik übergangen
Das Thema Wasser sei von der Landesregierung bei den Verhandlungen nicht ausreichend beleuchtet worden, kritisierte Schorcht. "Wir sehen deutliche Versäumnisse bei der Landesregierung in zwei Punkten: Bei der Betrachtung der Wasserproblematik und bei den Gesprächen mit den Bürgern". Man gehe auf die Verunsicherung der Menschen nicht genügend ein. Mehr Dialogangebote wären wichtig und nötig gewesen. Die Bürgerinitiative konzentriere sich aber jetzt auf die Einwendungen im Rahmen des Verfahrens zUr Umweltverträglichkeitsprüfung, so Schorcht.
In der Gemeinde Grünheide, der Stadt Erkner und dem Amt Spreenhagen sowie im Landesamt für Umwelt am Standort in Frankfurt (Oder) liegen nach Angaben der Landesregierung die Antragsunterlagen und der Bericht über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) zur Einsicht aus. Der UVP-Bericht kann auch im Internet eingesehen werden. Bis zum 5. März können Bürger Bedenken und Anregungen einreichen. Die öffentliche Erörterung der bis dahin eingegangenen Stellungnahmen und Einwendungen ist für den 18. März in der Stadthalle von Erkner vorgesehen.
Woidke zeigte sich zuversichtlich, dass Probleme gelöst werden können, sieht aber Aufgaben für alle Seiten. "Es gibt gute Fortschritte, aber vor allen Beteiligten liegt noch sehr viel Arbeit", sagte Woidke. Er betonte zugleich: "Wir sind in guten Gesprächen mit Tesla." Am vergangenen Mittwoch habe sich die Arbeitsgruppe mit Vertretern der Landesregierung, von Tesla und von Kommunen unter anderem zur notariellen Beurkundung des Kaufvertrags für das Fabrikgelände getroffen.
Woidke: Hier kann eine Geschichte entstehen
"Wir sind alle mit gutem Tempo dran", sagte der Regierungschef. Er geht davon aus, dass die E-Auto-Fabrik von Tesla positive Effekte auf das ganze Bundesland haben kann: "Wenn alles klappt, dann entsteht in Grünheide eine Geschichte, von der ganz Brandenburg profitieren wird." Das Projekt werde auch dem Thema einer klimaneutralen Produktion durch erneuerbare Energien einen Schub geben, sagte er. Woidke sieht großes Interesse in der Industrie, klimaneutral zu produzieren und Öko-Energien von vor Ort direkt zu verbrauchen.
Tesla-Chef Elon Musk hatte sich vor rund einer Woche bei Twitter in die Diskussion um Umweltschutzbedenken eingeschaltet. Er erklärte dort, die Fabrik werde unter dem Gesichtspunkt der Nachhaltigkeit und der Umwelt entwickelt. Woidke beurteilte die Äußerungen positiv. "Es ist durchaus ungewöhnlich, dass sich Tesla-Chef Elon Musk per Twitter zu einer Debatte äußert, die im Land Brandenburg läuft", sagte der Ministerpräsident. "Das war eine wichtige Klarstellung. Aber das ändert nichts daran, dass alle Beteiligten ihre ganz konkrete Arbeit machen müssen." © dpa
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