Bremen - Ein salafistischer Prediger aus Bremen darf aus Deutschland ausgewiesen werden. Das hat das Bremer Oberverwaltungsgericht entschieden.

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Es hob ein Urteil des Verwaltungsgerichts auf, das die Ausweisung untersagt hatte. Die neue Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig.

Nach Überzeugung des Gerichts hat der Tunesier als Imam des Islamischen Kulturzentrums in Bremen (IKZ) in seinen Predigten zum bewaffneten Kampf aufgefordert. Er hat außerdem zu Hass gegen Teile der Bevölkerung - gegen Jüdinnen und Juden - aufgerufen. Auch die Unterstützung einer terroristischen Vereinigung sei festzustellen, sagte der Vorsitzende Richter. So habe sich der Mann nicht kritisch mit dem früheren Al-Kaida-Führer Osama bin Laden auseinandergesetzt, sondern gesagt, gerade dieser hätte ein Totengebet verdient. In seiner Bewertung stützte sich das Gericht auf ein Gutachten eines Islamwissenschaftlers. Dieser analysierte mehrere Aussagen des Imams.

Der Professor erklärte, dass es im Salafismus eine klare Trennung zwischen Gut und Böse gebe. Nach seinem Gutachten hat der Imam teilweise eindeutige Formulierungen verwendet - gegen Juden und für die Unterstützung muslimischer Kämpfer. "Oh Gott, steh' unseren Brüdern, den Dschihadisten und Mudschahedin überall bei, in Palästina, Gaza, Irak, Bosnien, Afghanistan, Oman – und besiege die Enkel der Affen und Schweine", war eines von mehreren Zitaten, das der Gutachter analysierte.

Verfassungsschutz sieht den Mann als Gefahr

Die Bremer Innenbehörde hatte 2021 die Ausweisung des Mannes angeordnet, weil er laut Verfassungsschutz als Imam verfassungsfeindliche Ansichten verbreitete. Er soll sich auch werbend über terroristische Vereinigungen geäußert haben. Das Innenressort kam damals zu dem Schluss, dass er die öffentliche Sicherheit und Ordnung gefährdet. Die Innenbehörde verhängte damals ein 20-jähriges Einreise- und Aufenthaltsverbot und drohte die Abschiebung in die Tunesische Republik an. Gegen all dies ging der Imam gerichtlich vor.

Das Verwaltungsgericht hob die Bescheide des Innensenators im Jahr 2022 auf. Das Gericht sah keine Gefahr für die Öffentlichkeit. Demnach bewegten sich die Äußerungen des Mannes im Rahmen der Religions- und Meinungsfreiheit. Das Innenressort konnte diese Einschätzung nicht nachvollziehen und ging dagegen vor. Deshalb wurde der Fall nun vor dem Oberverwaltungsgericht verhandelt.

Nach dem jüngsten Urteil ist die Ausweisung gerechtfertigt, ein 20-jähriges Einreise- und Aufenthaltsverbot aber unverhältnismäßig. Dies müsse von der Innenbehörde neu festgelegt werden, sagte der Vorsitzende Richter.

Innensenator begrüßt Urteil

Politiker und Interessenvertretungen begrüßten das neue Urteil. "Solche Personen vergiften das gesellschaftliche Klima", sagte Bremens Innensenator Ulrich Mäurer (SPD). Das Kulturzentrum schaffe den Nährboden für Radikalisierungen. Die Gewerkschaft der Polizei sprach von einem wegweisenden Urteil. Es habe Signalwirkung für andere Bundesländer, die dem Beispiel folgen sollten.

Der Mann hat in Deutschland vier Kinder. Von der Mutter seiner Kinder lebt er inzwischen getrennt und ist nach islamischem Recht wieder verheiratet. Wegen Taten gegen die Mutter seiner Kinder wurde der Mann wegen Körperverletzung und Bedrohung vor Jahren zu einer Geldstrafe verurteilt. Seine Kinder durfte er zeitweise nur unter Aufsicht sehen. Inzwischen sieht er sie regelmäßig, wie er vor Gericht sagte. Mehrere Kinder wurden vor Gericht befragt - unter Ausschluss der Öffentlichkeit.

Dass der Mann in Deutschland Kinder habe, sei schwer zu gewichten, führte der Vorsitzende Richter aus. "Die Entscheidung ist uns nicht leicht gefallen", sagte er. Es gebe keine einfachen Lösungen, aber das öffentliche Interesse sei in diesem Fall schwerwiegender. Der Mann habe als Imam eine große Reichweite.

Bremer Moscheeverein als Anlaufstelle für Salafisten

Das Islamische Kulturzentrums in Bremen ist dem Verfassungsschutz zufolge eine Anlaufstelle für Personen der salafistischen Szene in Bremen und ganz Deutschland. Über Social-Media-Plattformen erreichen die Prediger inzwischen sehr viele Menschen - etwa mit Kurzvideos. "Salafisten lehnen die Demokratie ab", teilte eine Sprecherin der Innenbehörde mit. "In der salafistischen Rechtsauffassung sind Körperstrafen für Kapitalverbrechen und die Züchtigung der Frau legitimiert."

Der Imam sagte vor Gericht, er sei nicht gegen die Demokratie. Eine formelle Ausbildung zum Imam hat er eigenen Angaben zufolge nicht. Er lese viel und: "Ich frage die Leute, die mehr wissen als ich." Derzeit habe er keine bezahlte Arbeit und bekomme auch keine staatliche Unterstützung, sagte er. Er habe Schulden.

Das Oberverwaltungsgericht ließ keine Revision zu. Die Gegenseite kann aber eine Nichtzulassungsbeschwerde einreichen, wie die Gerichtssprecherin erklärte.   © Deutsche Presse-Agentur

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