Fallen für Wildschweine: Im Kampf gegen die Seuche sollen die Tierbestände mit Saufängen im Kreis Groß-Gerau reduziert werden.

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Das ist aufwendig und langwierig. Erst wenn eine komplette Rotte gefangen ist, darf sie ein Fachmann töten.

Die Schritte zur Bekämpfung der Afrikanischen Schweinepest zeigen Wirkung. Schutzzonen und lange Zäune, die ein Ausbrechen der Wildschweine aus den bisher betroffenen Gebieten verhindern sollen, haben sich bewährt und die Tiere, so gut es geht, eingekesselt.

Nächstes Ziel ist die Reduzierung der Wildschweinbestände im Seuchengebiet rund um den Kreis Groß-Gerau auf null. Um die dort noch vorhandenen Wildschweine einzufangen, kommt von sofort an der "Krefelder Saufang" zum Einsatz, eine stabile, geschlossene und mit einem Falltor versehene Holzkonstruktion, in der ganze Wildschweinrotten gefangen werden sollen.

Auch wenn in diesen Tagen einige Lockerungen von den bisher strengen Auflagen im Zusammenhang mit der Afrikanischen Schweinepest bekannt gegeben wurden, gibt es immer noch infizierte Tiere. Nur durch das Töten des kompletten Wildschweinbestandes könne das Seuchengeschehen dauerhaft beseitigt und könnten Neuansteckungen verhindert werden.

Tiere werden mit Maisfutter angelockt

Das sagen Volker Höhler, der Leiter der obersten Jagdbehörde beim hessischen Landwirtschaftsministerium, Michael Lierz von der Justus-Liebig-Universität Gießen und Markus Stifter vom hessischen Jagdverband am Freitag bei einem Ortstermin im Forstamt Mörfelden im Kreis Groß-Gerau. Deshalb werden jetzt mehrere Dutzend dieser Saufänge aufgestellt.

Das Problem dabei: Wildschweine lernen schnell. Sobald sie bemerken, dass von einem Saufang eine Gefahr ausgeht, werden sie ihn nicht mehr betreten. Das sollen sie aber. Möglichst soll mit den Saufängern immer eine komplette Rotte, bestehend aus einer Bache und ihren Jungtieren, gefangen und dann getötet werden. Zuerst müssen sich die Tiere an den Saufang gewöhnen.

Mit Maisfutter sollen sie angelockt werden. Nach und nach, so die Hoffnung der Seuchenbekämpfer, werden die Tiere sich dann in dem Saufang tummeln und gemeinsam fressen. Per App wird jeder Saufang nachts überwacht, denn dann sind die Wildschweine aktiv. Erst wenn eine Rotte komplett in dem Saufang versammelt ist, wird per Mobiltelefon das Falltor ausgelöst und geschlossen.

"Der Mensch ist der Übeträger"

Unmittelbar danach macht sich ein Fachmann auf den Weg und tötet die Wildschweine. Es werde Monate dauern, bis alle Wildschweine in Zonen 1 und 2 gefangen sind und die Seuche damit gebannt ist. Die Entnahme der Wildschweine aus der Natur solle möglichst ohne Leid für die Tiere geschehen. Nach diesem Kriterium wurden die Saufänge ausgewählt. Geschossen werden dürfen die Tiere bisher nur von Mitarbeitern von Hessen-Forst, die speziell geschult wurden.

Mitte Juni wurde im Gebiet der früheren Opel-Rennbahn bei Rüsselsheim das erste infizierte Wildschwein entdeckt. Schnell griff die Afrikanische Schweinepest auch auf Schweinezuchtbetriebe über. Mehr als 3000 Hausschweine wurden im Kreis Groß-Gerau deshalb gekeult. Dass es seit nunmehr fast zwei Monaten keine neuen Fälle mehr bei Hausschweinen gegeben hat, macht Hoffnung, sei aber noch kein Grund nachlässig zu werden, warnen die Fachleute.

Deshalb gelten weiterhin strenge Regeln "denn die Sauen sind nur der Wirt, der Mensch ist der Überträger", wie Michael Lierz hervorhebt. Aufklärung tue weiterhin not, denn noch immer kommt es offenbar vor, dass Spaziergänger ein erschöpftes junges Wildschwein finden, es aufheben und in eine Tieraufnahmestation bringen wollen. Damit tragen sie die Seuche im wahrsten Sinne des Wortes weiter. Andere verlassen Wege, laufen an Stellen vorbei, an denen sich Blutreste verendeter Wildschweine finden, und tragen damit das Virus mit ihren Schuhen weiter.

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Damit nicht mehr achtlos Wurstbrote weggeworfen und von Wildschweinen gefressen werden können, hat das Land inzwischen auf den umliegenden Rastplätzen Hinweisschilder aufstellen lassen. Essensreste sollen nicht auf dem Boden, sondern in Papierkörben landen.  © Frankfurter Allgemeine Zeitung

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