Schwalbach am Taunus: Die Stadt Schwalbach hat eine Starkregengefahrenkarte in Auftrag gegeben. Eine pauschale Lösung für besondere Wetterlagen wird es nicht geben, eher schon viele kleine.

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Wo Bäche kanalisiert und verrohrt werden, kann es passieren, dass sie mit dieser Zwangsjacke nicht zufrieden sind und bei Starkregen sich dort breitmachen, wo es eben möglich ist. Das muss auch die Stadt Schwalbach erkennen, deren alter Ortskern genau am Zusammenfluss von Waldbach und Sauerbornsbach zum Schwalbach liegt.

Während der Sauerbornsbach sich östlich des Ortes noch verhältnismäßig frei entfalten kann, hat der Waldbach im Westen diese Möglichkeit nicht, er fließt meist nahe der Siedlungen und ist teilweise verrohrt. Im Ortskern kommt dazu, dass das Gelände stark versiegelt ist und zusätzlich reichlich Wasser aus dem Siedlungsbereich in die Bäche fließt.

Kommt es zu einem Wolkenbruch wie im August 2023, als innerhalb von anderthalb Stunden mehr als 50 Liter pro Quadratmeter niederregneten, hat das die bekannten Folgen: Keller laufen voll, die Kanalisation ist überfordert, die Feuerwehr ist rund um die Uhr im Dauereinsatz, und rund um den verrohrten Waldbach entstehen plötzlich Stauseen.

Umgehungsstraße als Damm, Bahnlinie als tiefer Graben

Auch wenn dieses Unwetter eine Starkregengefahrenkarte nötig erscheinen lässt, den Beschluss dazu gibt es schon länger. Schon im Februar 2021 beschlossen die Stadtverordneten, eine solche Karte anfertigen zu lassen, beantragten Fördermittel und beauftragen ein spezialisiertes Planungsbüro. Seit Oktober liegt die Karte vor, nun wurde sie bei einer Bürgerversammlung vorgestellt.

"Zuerst haben wir uns einen Überblick verschafft, wie es gewässertechnisch aussieht", berichtet Markus Schieche von Kommunal-Consult Becker aus Pohlheim. Das geschah vor Ort, aber auch mittels eines datenbasierten Höhenreliefs des Landes Hessen, aus dem Gebäude herausgerechnet wurden.

Allerdings erscheint die Umgehungsstraße als Damm, und die Bahnlinie, die nach Soden und Sulzbach hin ansteigt, als tiefer Graben. Hier wird sich im Überschwemmungsfall sofort Wasser anstauen – immerhin nicht im Bereich des Bahnhofs Limes, sondern dahinter.

"Das sind voll versiegelte Flächen"

Dieses 3D-Modell wurde mittels der Wetterdaten des Deutschen Wetterdienstes beregnet. Als Grundlage nahm Schieche das Regenereignis vom 10. Juni 2007, das über Schwalbach weitgehend hinwegzog, den Frankfurter Westen aber mit voller Gewitterstärke erwischte. Bis zu 140 Liter pro Quadratmeter gingen nieder, anderthalb Stunden dauerte das Unwetter.

Wenn das nur wenige Kilometer früher abgeregnet wäre, so zeigt die Simulation im Zeitraffer, hätte es sich zuerst auf die Felder nördlich der Stadt ausgedehnt. Die Bäche laufen über, die Kleingartensiedlung südlich des alten Ortskerns steht unter Wasser, weil die Brücke als Nadelöhr wirkt. Etwa 100 Meter breit ist der See, der sich um die Bahntrasse herum bildet. Im Ortskern sind zahlreiche Straßen überflutet, die meisten Kanäle sind voll ausgelastet bis überlastet.

Was ist nun zu tun? Die schlechte Nachricht: Retentionsbecken am Oberlauf der Bäche bringen wenig. Der Waldbach sorgt dennoch dafür, dass die Bahnlinie vollläuft. Ein Großteil des Wassers kommt auch nicht aus dem Oberlauf aus fernen Taunushöhen, sondern läuft von den Versiegelungen des lokalen Schwalbacher Siedlungsbereiches ab, wenn die Kanäle voll sind.

"Das sind voll versiegelte Flächen", sagt Schieche. Einfach Kanäle mit größerem Durchmesser zu bauen klingt wie eine logische Schlussfolgerung, doch in der Praxis hilft das wenig.

Gründächer zur Wasserspeicherung

Doch jeder Einzelne könne etwas zu seinem Schutz tun, sagt Thomas Becker, Inhaber des Beratungsbüros. Rückstauklappen im Keller seien das Wichtigste. Auch andere Schwachstellen wie Lichtschächte oder Kellertüren müssten überprüft werden.

Zudem müsste man kommunizieren, wie man sich im Katastrophenfall richtig verhält. In Spanien seien beim jüngsten Unwetter noch Menschen in die Tiefgaragen gelaufen, um ihre Autos zu retten, während das Wasser auf den Straßen innerhalb kürzester Zeit auf bis zu vier Metern anstieg.

Auch in Sachen Prävention kann jeder etwas tun, etwa Gründächer anlegen, die viel Wasser speichern und erst zeitverzögert wieder abgeben. Noch zu prüfen ist, wie wirksam Entsiegelung ist, da Schwalbach teilweise über stark lehmigen Boden verfügt, der nur wenig Wasser aufnimmt. Viele kleine Maßnahmen seien in diesem Fall angebrachter, da es keine pauschale Lösung gebe. "Jetzt sind die Grundlagen da, um in die Diskussion einzusteigen", sagt Becker.

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Dennoch, so fügt sein Mitarbeiter Markus Schieche an, sei die Gefahr in Schwalbach noch relativ gering. Es stehe Wasser auf der Straße, es entstünden Schäden, doch für die Stärke des Ereignisses seien die Auswirkungen überschaubar. "In anderen Gemeinden sieht das ganz anders aus."  © Frankfurter Allgemeine Zeitung

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