Offenbach in Finanznot: Eingliederungshilfen für behinderte Kinder und andere Sozialausgaben sind wichtig. Umso schlimmer, dass Bund und Länder die Kommunen mit den Kosten allein lassen.
Am Beispiel der Eingliederungshilfen für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche zeigt sich einmal mehr, dass die Finanzausstattung von Städten wie Offenbach nicht fair geregelt ist. Bund und Länder beachten das Konnexitätsprinzip nicht oder nicht hinreichend. Vereinfacht ausgedrückt besagt es, dass der bezahlt, der bestellt hat. Länder und Bund bevorzugen aber die komfortablere Variante, eine Menge oft durchaus sinnvoller Dinge gesetzlich zu regeln und die Finanzierung zum erheblichen Teil den Kommunen zu überlassen.
Gerne wird dann auf den kommunalen Finanzausgleich und den Anteil an der Lohn- und Einkommensteuer verwiesen, den die Kommunen erhalten. Dieses Geld reicht aber oft nicht, um die Kosten aus der Sozialgesetzgebung zu decken. Der Offenbacher Kämmerer weiß ein trauriges Lied davon zu singen, er musste gerade aus diesem Grund einen Nachtragsetat vorlegen, der so gut wie alle Grausamkeiten enthält, die ein Kämmerer begehen kann: Ausgabensperre sowieso, Stellen werden nicht neu besetzt, anstehende Beförderungen finden nicht statt. Und für die nächsten Jahre ist mit einer weiter steigenden Belastung zu rechnen.
Allein in diesem Jahr hat sich das Defizit durch die unerwartet hohen Sozialkosten um 9,4 Millionen auf 47,5 Millionen Euro erhöht. Und man muss befürchten, dass das in naher Zukunft so weitergeht. Daher reichen auch die Offenbacher Rücklagen von 120 Millionen Euro womöglich nicht aus, um die Defizite in den nächsten Jahren auszugleichen, bevor die Gewerbesteuereinnahmen aus den erfreulichen Neuansiedlungen von Unternehmen in Offenbach sprudeln.
Bis es so weit ist, bleibt Offenbach wie anderen Kommunen in ähnlicher Lage nichts anderes übrig, als zu sparen, zu streichen und sich aus anderen Quellen das Geld für die Pflichtaufgaben zu besorgen. Diese Geldquellen von Kommunen sind aber rar, und eine der ganz wenigen kontinuierlich sprudelnden ist die Grundsteuer.
Deshalb legt die Finanzaufsicht des Regierungspräsidiums Kommunen in prekärer Lage oft nahe, ebendiese Grundsteuer zu erhöhen, um ausreichend stetige Einnahmen nachweisen zu können, ohne die kein Etat genehmigungsfähig ist. Dass das die Verdrossenheit unter den Bürgerinnen und Bürgern befeuert, die diese Grundsteuer als Eigentümer oder als Mieter zahlen, sollte in der Bundes- und in der Landespolitik bewusst sein – ist es aber offenbar nicht. © Frankfurter Allgemeine Zeitung
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