Private Universität: Die private EBS Universität zieht mit ihrer Law School von Wiesbaden an ihren Stammsitz im Rheingau. Sie strebt einen ausgeglichenen Etat an und muss eine wichtige Personalie klären.

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Der große Parkplatz vor Schloss Reichartshausen ist voll in diesen Tagen. Die Quote der Autobesitzer unter den Studenten dürfte an der EBS ohnehin höher sein als an anderen Universitäten – was nicht nur mit der Lage am Rand des Rhein-Main-Gebiets zu tun haben könnte, sondern auch mit dem Budget der Privathochschüler. Hinzu kommt, dass die EBS gerade dabei ist, ihren Lehrbetrieb auf den Standort Oestrich-Winkel zu konzentrieren: Die 110 Erstsemester der Law School haben ihr Jurastudium nicht in der Wiesbadener EBS-Dependance begonnen, sondern zusammen mit ihren Kommilitonen von den Wirtschaftswissenschaften in der kleinen Rheingaustadt. Ende November sollen auch die Professoren der Jurafakultät umziehen; ihr Quartier in einem gemieteten Bürobau nahe dem Hauptbahnhof der Landeshauptstadt gibt die Hochschule auf.

"One Campus" lautet nun die Parole: Nach dem Scheitern ihrer Expansionspläne in Wiesbaden investiert die EBS in ihren Stammsitz, dessen Mittelpunkt Schloss Reichartshausen bildet. Aber auch die "Burg" im Zentrum von Oestrich-Winkel wird derzeit ausgebaut, die Räume dort werden künftig ebenfalls von der Law School sowie der im Weiterbildungsgeschäft tätigen EBS Executive School genutzt. Mit der Sanierung von Schloss Reichartshausen soll die Umbau- und Erweiterungsphase bis 2028 abgeschlossen sein, wie EBS-Geschäftsführerin Dorothée Hofer im Gespräch mit der F.A.Z. erläutert. Die Gesamtkosten haben sich – wie bei vielen Bauprojekten der vergangenen Jahre – stark erhöht: Ursprünglich, so Hofer, habe man mit 32 Millionen Euro kalkuliert, nun belaufe sich die Schätzung auf "knapp über 50 Millionen".

Rektor Böhm ging "etwas überraschend"

Die Geschäftsführerin muss derzeit im Leitungsteam der EBS zusätzliche Aufgaben wahrnehmen: Rektor Martin Böhm, bisher zuständig für Forschung und Lehre, hat wie berichtet die Privatuni nach drei Jahren an ihrer Spitze Ende Juli verlassen und wechselt als Vice President an die Hult International Business School. Böhms Abgang sei "nicht absehbar" gewesen und "etwas überraschend" gekommen, gibt EBS-Präsident Günther Oettinger zu, der sich um Fundraising und Außenkontakte der Hochschule kümmert. Mithilfe einer Findungskommission wolle man nun die "zügige, aber gründliche" Suche nach einem Nachfolger einleiten.

Offen bleibt, ob Böhm, der für die EBS ambitionierte Ziele formuliert hatte, mit dem dortigen Reformtempo oder den finanziellen Möglichkeiten unzufrieden war. Eigentümer der EBS Universität für Wirtschaft und Recht ist der Heidelberger Bildungskonzern SRH, der auf Dauer an einer mindestens ausgeglichenen Bilanz seiner Tochter interessiert sein muss. Lange schrieb die EBS allerdings rote Zahlen; im jüngsten per Bundesanzeiger einsehbaren Geschäftsbericht für 2021 ist ein Minus von rund 727.000 Euro verzeichnet, und auch für die Jahre danach waren noch – wenn auch geringere – Fehlbeträge erwartet worden. Geschäftsführerin Hofer bekräftigt, für 2024 werde eine "schwarze Null" angepeilt; für die Zeit danach hoffe man auf positive Ergebnisse. "Wir wachsen seit fünf Jahren stetig und nachhaltig."

Law School wächst nur langsam

Das gelte auch für die Studentenzahlen, die der Studiengebühren halber ein wichtiger Budgetfaktor sind. Ginge es nach Hofer und Oettinger, würde jedoch gerade das Wachstum der Law School etwas kräftiger ausfallen. Die Anfängerzahlen hätten sich über die Jahre kaum verändert. Jura sei für Privathochschulen ein "umkämpfter und schwieriger Markt", meint die Geschäftsführerin, hebt aber hervor: "Die Law School ist profitabel."

Ebenfalls herausfordernd ist das Werben um Anfänger für die Bachelorprogramme der Business School. 215 Erstsemester nehmen dort in diesem Jahr ihr Studium auf. Oettinger sähe es gerne, wenn mehr internationale Studenten den Weg in den Rheingau finden würden. Ein Ausländeranteil von 70 Prozent, wie ihn der ausgeschiedene Rektor Böhm von seinem vorigen Arbeitgeber, der spanischen IE Business School, kannte, ist für die EBS laut Hofer allerdings unrealistisch.

Gute Argumente für die hessische Privatuni sind aus Sicht ihrer Führung die Rankingpositionen und das Gütesiegel der gemeinnützigen Akkreditierungsorganisation AACSB. Seit Jahren beteuert die EBS zudem immer wieder, sich um die Anerkennung durch das European Quality Improvement System EQUIS bemühen zu wollen. Nun sagt eine Sprecherin der Hochschule: "Wir stehen aktuell kurz vor der Entscheidung, ob wir EQUIS im kommenden Jahr angehen."

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Ein weiterer Pluspunkt für die EBS im Ausland ist nach Ansicht des früheren EU-Kommissars Oettinger das "noch immer gute Ansehen Deutschlands". Trotz der aktuellen Krisensymptome hält er die hiesigen Entscheidungsträger für "handlungsfähig genug, um eine Reformagenda aufzulegen". Eines stellt der ehemalige baden-württembergische Ministerpräsident von der CDU aber auch klar: "Wahlergebnisse wie in Sachsen, Thüringen und Brandenburg schaden dem Ansehen Deutschlands."  © Frankfurter Allgemeine Zeitung

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