Frankfurter Bahnhofsviertel: Die Pläne, das Wohnhaus von Oskar Schindler am Frankfurter Hauptbahnhof durch ein hotelähnliches Boarding-House zu ersetzen, sind vom Tisch. Abgerissen werden soll das Gebäude dennoch.

Mehr News aus Hessen finden Sie hier

Das Haus am Frankfurter Hauptbahnhof, in dem einst Oskar Schindler wohnte, soll weiterhin abgerissen werden. Der bauliche Zustand des Gebäudes habe sich in den vergangenen Jahren stark verschlechtert. Das teilte der Eigentümer, die Gesellschaft First Solid Rock Portfolio aus Luxemburg, in einer Mail mit. Der Grund für diesen Zustand sei die mangelnde Instandhaltung durch den vorigen Eigentümer.

Allerdings strebe man nicht mehr an, den Neubau gewerblich zu betreiben. Das wäre der Fall, wenn dort ein hotelähnliches Boarding-House eingerichtet würde, wie es den Mietern in Kündigungsschreiben mitgeteilt wurde. Diese Form des Wohnens hält die Stadt baurechtlich für nicht zulässig. Den Mieter war als Frist für den Auszug der 30. Oktober genannt worden. Frankfurts Dezernent für Planen und Wohnen, Marcus Gwechenberger (SPD), bezeichnete die Kündigungen als "nicht hinnehmbar".

"Sozialverträgliche Lösungen" für Mieter

In der Mail an die F.A.Z., in der als Absender die Eigentümergesellschaft ohne Anschrift und Ansprechpartner genannt wird, ist davon die Rede, dass "weiterhin eine wohnwirtschaftliche Nutzung" verfolgt werde. Offenbar geht es darum, künftig möblierte Wohnungen zu vermieten. Der Abriss des Gebäudes verzögere sich, da sozialverträgliche Lösungen für die verbleibenden Mieter gefunden werden sollten. Ihnen seien Abfindungen, Umzugshilfen, flexible Fristen und die Unterstützung bei der Suche nach Ersatzwohnraum angeboten worden. Die Gesellschaft spricht von einem "verantwortungsvollen und fairen Umgang mit den betroffenen Mietern". Zu Details und zur Zahl der verbliebenen Bewohner gibt sie keine Auskunft.

In der Vergangenheit habe es in dem Gebäude immer wieder Prostitution, Drogendelikte und illegale Untervermietung gegeben, heißt es in der Mitteilung. Zusammen mit Polizei und Rechtsanwälten versuche man, dieses Problem einzudämmen. Bis zum Abriss sollten die Mieter den Wohnraum "vertragskonform nutzen können". Dazu seien eine zusätzliche Reinigung sowie Kontrollgänge beauftragt worden.

Die Pläne für den Neubau würden derzeit erstellt. Es soll ein zusätzliches Geschoss geben, um mehr Wohnraum zu schaffen. Das irische Lokal im Erdgeschoss soll erhalten bleiben. Nach Darstellung des Eigentümers kommt die Aufstockung auch dem Stadtbild an dieser Stelle zugute. Wenn sich First Solid Rock Portfolio an die Vorgaben des Bebauungsplans hält, kann die Stadt Abriss und Neubau des Hauses nicht verhindern. Es steht nicht unter Denkmalschutz. Außerdem gilt für den Standort keine Erhaltungssatzung.

Interessieren Sie die Artikel der F.A.Z.?
Uneingeschränkter Zugriff auf diesen und alle weiteren zahlungspflichtigen F+ Inhalte auf FAZ.NET. Jetzt Abo abschließen.

In einer der Wohnungen des Gebäudes mit der Adresse "Am Hauptbahnhof 4" lebte von 1965 bis 1974 Oskar Schindler, der während der nationalsozialistischen Herrschaft mehr als 1200 Juden das Leben rettete. Eine Gedenktafel erinnert an den Unternehmer, der durch Steven Spielbergs Film "Schindlers Liste" weltweit bekannt wurde.  © Frankfurter Allgemeine Zeitung

JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.