Mehr Geld erst Ende 2025: Die hessische Landesregierung will die Besoldung von Beamten später erhöhen als geplant. Dagegen gehen Lehrer und Polizisten nun vor, sie halten die Verschiebung für verfassungswidrig.
Die Gewerkschaften der Lehrer und Polizisten kritisieren, dass die Landesregierung die Erhöhung der Beamtenbesoldung von August auf Dezember 2025 verschieben will. Auf diese Weise will die Landesregierung im Haushalt rund 180 Millionen Euro sparen.
Thilo Hartmann, Vorsitzender der hessischen Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft kritisiert, dass die Beamten "nach Kassenlage" besoldet werden sollen. "Sie sollen nun ein Sonderopfer für die falsche Finanzpolitik der Landesregierung erbringen." Die Arbeitszeit der Lehrer sei in Hessen schon jetzt besonders hoch, die Besoldung gehöre zu den niedrigsten im Bundesgebiet. "Mit der jetzt angekündigten Maßnahme und dem damit einhergehenden Vertrauensverlust ist zu befürchten, dass der Lehr- und Fachkräftemangel weiter ansteigen wird", sagt Hartmann.
Auch der Hessische Philologenverband, der die Gymnasiallehrer vertritt, lehnt die angekündigte Verschiebung der Besoldungserhöhung ab und fordert die Landesregierung auf, diesen Schritt umgehend zurückzunehmen. Die Lehrer seien verärgert und enttäuscht, heißt es in einer Mitteilung. Aus Sicht des Philologenverbandes setzt das Land seine Verlässlichkeit als Arbeitgeber aufs Spiel und schrecke Menschen ab, die gerade in Zeiten des Fachkräftemangels als künftige Beamtinnen und Beamte im Polizeidienst, in der Justiz, in der Verwaltung und auch als Lehrkräfte dringend benötigt würden.
Das Hessische Ministerium für Kultus, Bildung und Chancen werbe für den Beruf des Lehrers. "Verbunden mit dieser Maßnahme wird die Werbeaktion nicht erfolgreich sein", meint der Verband. Statt die Besoldung zu verschieben, sollte die Landesregierung schnellstmöglich eine verfassungskonforme Bezahlung in Angriff zu nehmen.
"Katastrophale" Stimmung bei der Polizei
Ähnlich äußerte sich die Gewerkschaft der Polizei (GdP). Der hessische Landesvorsitzende Jens Mohrherr sagte: "Die Stimmung innerhalb der Polizei ist nicht nur schlecht, sie ist katastrophal." Seit der Verkündung dieses "neuen Sonderopfers" für Beamte seien mehr als tausend E-Mails bei der GdP eingegangen. Viele Polizisten fühlten sich "schlichtweg betrogen". Die Inflationsausgleichszahlung sei umetikettiert worden, um seitens der Landesregierung Wertschätzung darzustellen. "Die wichtige prozentuale Tariferhöhung jedoch wurde auf das Jahr 2025 geschoben."
Als Gewerkschaft habe man damals "diese Kröte geschluckt", weil man gewusst habe, "dass sowohl die unteren Einkommensgruppen als auch die Besoldungsgruppen A6 bis A10 auf die Zahlung seit mehr als einem Jahr warteten", sagte Mohrherr weiter. Dass nun von dem Grundsatz, das Beamtenrecht folge dem Tarifrecht, signifikant abgewichen werden solle, sei "ein Schlag ins Gesicht" der Landesbeamten.
Einerseits werde die Verfassungskonformität "als Kompass der haushaltspolitischen Entscheidungen proklamiert", andererseits nehme die christlich-soziale Landesregierung den Rechtsbruch der verfassungswidrigen Beamtenbesoldung hin "und verweist stoisch auf die ausstehende Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts."
Die GdP habe deshalb einen offenen Brief an Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) übergeben. Darin stellt Mohrherr die Frage, wie die hessische Landesregierung es bei Mitarbeitern "ihrer eigenen Häuser" rechtfertige, "dass einerseits die Verfassungskonformität eingehalten werden muss, andererseits die seit Jahren verfassungswidrige Beamtenbesoldung aber billigend in Kauf genommen wird". © Frankfurter Allgemeine Zeitung
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