Evangelische Gemeinde: In Darmstadt organisiert eine evangelische Gemeinde einen "antikolonialen Weihnachtsmarkt". Dort wird das Existenzrecht Israels geleugnet und Hamas-Propaganda verbreitet.
Ein von der evangelischen Michaelsgemeinde in Darmstadt veranstalteter Weihnachtsmarkt sorgt für Empörung. Die Gemeinde aus dem Martinsviertel hatte die Veranstaltung als "antikolonialen Weihnachtsmarkt" angekündigt. Mit dem Verkauf von Kunsthandwerk sollten Spenden für Palästinenser gesammelt werden. Tatsächlich wurden dort am vergangenen Wochenende aber auch Anhänger, Taschen und Süßwaren verkauft, mit denen das Existenzrecht Israels geleugnet wird und die als Unterstützung der Terrororganisation Hamas gedeutet werden können.
So wurden auf dem Markt zum Beispiel Anhänger mit dem sogenannten Hamas-Dreieck angeboten. Das rote, auf dem Kopf stehende Dreieck ist ein Symbol, mit dem die Hamas in Propagandavideos ihre Feinde "markiert". Verkauft wurden auch Stofftaschen, auf denen eine Landkarte Israels mit dem Schriftzug "Palestine" darüber gezeigt wurde. Ein angebotener Aufkleber mit dem Slogan "Resistance" zeigt ein Kind, das einen Stein in Richtung eines Panzers wirft.
Auf einem Plakat wurde die Freilassung aller palästinensischen Gefangenen aus Israels Gefängnissen gefordert. Dass darunter auch zahlreiche Mitglieder der Hamas oder der Terrororganisation Islamischer Dschihad sind, wurde in dem Aufruf verschwiegen. Gezeigt wurde auch eine von der israelfeindlichen Gruppe "Darmstadt 4 Palestine" organisierte Fotoausstellung. Bekannt wurden die Vorfälle auf dem "antikolonialen Weihnachtsmarkt", weil ein jüdischer Aktivist Fotos davon bei Facebook veröffentlicht hatte.
Landeskirche distanziert sich von dem Markt
Die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) distanziert sich von dem Darmstädter Markt. Die Berichte und das Bildmaterial dazu nennen die Kirchenvertreter "zutiefst verstörend". "Das Anliegen, für Menschen in Not – auch in Gaza – zu sammeln, finden wir grundsätzlich legitim. Der Verkauf von Gegenständen mit Symbolen, die in Verbindung mit der Terrororganisation Hamas stehen, ist für uns inakzeptabel", heißt es in der Erklärung. Die EKHN hat die Michaelsgemeinde zu einer Stellungnahme aufgefordert. "Wir werden weiter das Gespräch mit den Verantwortlichen der Gemeinde suchen."
Scharf kritisiert wird der Markt auch von Uwe Becker (CDU), dem hessischen Antisemitismusbeauftragten. "Es ist unfassbar, völlig inakzeptabel und absolut skandalös, in welch infamer Weise in Darmstadt Hamas-Propaganda eine Plattform geboten wurde", sagt Becker.
Verkauft wurden auf dem Markt auch Kekse mit dem Slogan "Never again for everyone". Für Becker stellt dies eine Relativierung des Holocausts dar, weil damit "in bekannt antisemitischer Weise die Botschaft ,Nie wieder‘ sprachlich und bildlich auf Palästina übertragen wurde". Dies sei "eine antisemitische Gleichsetzung des industriellen Massenmordes an sechs Millionen europäischen Juden mit den gegenwärtigen Kriegshandlungen im Nahen Osten".
Er habe "den Vorgang an die zuständigen Behörden zur Strafverfolgung weitergereicht". Außerdem erwarte er, dass "vor Ort die notwendigen Konsequenzen gezogen werden".
Der Darmstädter Oberbürgermeister Hanno Benz (SPD) kritisiert die Michaelsgemeinde ebenfalls. Er fordert den Kirchenvorstand auf, sich zu erklären. "Die Unterstützung solcher Veranstaltungen und Haltungen widerspricht den Werten der Nächstenliebe, des Respekts und der Toleranz." Der Pfarrer der Gemeinde hat auf eine Anfrage der F.A.Z. bislang nicht reagiert. © Frankfurter Allgemeine Zeitung
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