Start-ups aus Rhein-Main: Wenn Handwerk und Forschung zusammentreffen, kann Altbewährtes noch besser werden. Bei einer Messe mit Start-ups aus Rhein-Main war das zu erleben.

Mehr News aus Hessen finden Sie hier

Ein intensives Aroma aus Kräutern, Gewürzen und mediterranem Gemüse entfaltet sich am Gaumen. Gerade hat Gründerin Jenny Aßmann eine weitere Portion ihrer Pastasauce zubereitet, als schon die nächsten Gäste in der Schlange stehen. Sie hat ihre kleine Küche in den Räumen der Handwerkskammer aufgebaut, wohin die Kammer zusammen mit der Wirtschaftsförderung Frankfurt und der Frankfurt University of Applied Sciences (FUAS) unter der Überschrift "Handwerk meets Start-ups" eingeladen hatte.

Die Veranstaltung soll den Auftakt einer langfristigen Zusammenarbeit dieser drei Akteure bilden. Man wolle die "Sichtbarkeit der Start-ups fördern" und so Fachkräfte an den Standort Frankfurt binden, sagte Wirtschaftsdezernentin Stephanie Wüst (FDP) bei der Vorstellung des Konzepts. Die Mainmetropole biete "ideale Voraussetzungen", um die "digitale Disruption" voranzutreiben. Das heißt: Bestehende Abläufe im Handwerk sollen durch Innovation ersetzt oder ergänzt werden.

Susanne Rägle, Hochschul-Vizepräsidentin für Forschung, Transfer und Internationalisierung, spricht sich darum bei der Präsentation dafür aus, das "kreative Potential" der Studenten in die Praxis zu bringen. Dafür wolle man "im konsequenten Austausch" mit dem Handwerk bleiben.

Oder um es mit den Worten von Christof Riess, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Frankfurt-Rhein-Main zu sagen: "Warum soll der Fleischer nicht auch Chirurg werden?"

Chatbot gegen Fachkräftemangel

Ganz so weit geht es bei dem ersten Termin am Dienstag mit dem Berufswechsel dann aber doch noch nicht. Das ist allerdings auch nicht das primäre Ziel der Veranstaltung. Viel solle es um "Synergieeffekte aus Wissenschaft und Praxis" gehen, wie Jesús Pineda erläutert.

Der Leiter der FUAS-Abteilung "House of Science" (HoST) sagt, dass Unternehmen Herausforderungen wie den Fachkräftemangel nicht immer allein bewältigen könnten. Allerdings könne die Wissenschaft hier möglicherweise einige wertvolle Beiträge leisten.

Wie solch eine Unterstützung aussehen kann, zeigt Corinna Haas, Ko-Gründerin von Inga, einem Start-up, das Stellenanzeigen in den sozialen Medien platziert und damit Unternehmen bei der Personalsuche unterstützen will. Es gebe rund 200 "Engpassberufe", sagt Haas. 70 Prozent davon entfielen auf den "handwerklichen Bereich", zu dem Haas auch Tätigkeiten im Gesundheitssektor zählt – jenseits der ärztlichen Berufe. Der Lebenslauf gebe oft nur bedingt Aufschluss darüber, ob ein Bewerber zu einer Stelle passe. Stattdessen hat Haas mit ihrem Team einen speziellen Chatbot entwickelt. Damit sollen handwerkliche Fähigkeiten abgefragt werden.

Die Arbeitszeit effizienter zu gestalten bietet eine weitere Möglichkeit, dem Fachkräftemangel entgegenzutreten. Das beispielsweise ermöglich ein digitales Kabellängenmessgerät, das das Start-up "Aufmaster" entwickelt hat. Damit kann die Länge eines Kabels auf einer Rolle gemessen werden. Das soll Mitarbeitern von Handwerksbetrieben, zum Beispiel bei der Inventur des Lagers, eine Zeitersparnis von bis zu 30 Prozent bringen.

Innovation für Küche, Handwerk und Baustelle

Auch Niklas Paffrath von "Buildingplan" möchte die Produktivität steigern. Das Wichtigste auf der Baustelle sei der Grundrissplan. Mit dem von ihm entwickelten Tool sollen Architekten und Bauarbeiter "relevante Stellen im Plan" markieren oder "Bilder und Kommentare an einer Position" hinterlegen können. Damit könnten Kollegen fast ohne Zeitverzögerung über Änderungen im Grundrissplan informiert werden, sagt er.

Die Sicherheit zu Hause und am Arbeitsplatz erhöhen möchte "Fisego". Fabian Goedert und Sophia Reiter haben mit ihrem Team eine Steckdose mit integriertem Brandschutzsystem entwickelt. Seit 2013 ist Goedert als Feuerwehrmann in Butzbach aktiv und musste 2015 einen Brand bei einem Freund löschen. Als Ursache stellte sich ein Defekt in einer Mehrfachsteckdose heraus. Seitdem hatte Goedert die Idee, ein Brandschutzsystem zu entwickeln.

Allein in Deutschland gebe es 200.000 Brände im Jahr und 600 Tote. 60 Prozent der Brände würden durch Elektrizität ausgelöst. Das könne zum Beispiel eine Überlastung durch zu viele eingesteckte Geräte sein, so Goedert. Das integrierte Brandschutzsystem soll solch eine Gefahr erkennen. So enthält die Steckdose zum Beispiel ein Strommessgerät und einen Stromzähler. In Kombination mit der Zeitschaltfunktion kann der Nutzer das Ein- und Ausschalten der Steckdose festlegen. Auch eine automatische Abschaltfunktion ist in die Steckerleiste integriert, die zudem noch eine Anbindung an Smart-Home-Systeme ermöglicht.

Interessieren Sie die Artikel der F.A.Z.?
Uneingeschränkter Zugriff auf diesen und alle weiteren zahlungspflichtigen F+ Inhalte auf FAZ.NET. Jetzt Abo abschließen.

Wer es beim Kochen ganz bequem mag, der greift am besten wieder auf die Pastasaucen des Start-ups "Soulsa" von Jenny Aßmann zurück. 2022 reiste die Gründerin einen Monat durch Italien und entdeckte dort in Supermärkten "getrocknete Gemüsesaucen", wie sie erzählt. Nach der Ernte wird das frische Gemüse getrocknet und mit Kräutern und Gewürzen abgepackt, sodass es für zwei Jahre haltbar ist. Wird die mediterrane Mischung dann mit Wasser verarbeitet, "kommt sie in ihren Ursprungszustand zurück", sagt Aßmann. "Dadurch hat man immer frisches Gemüse im Vorratsschrank."  © Frankfurter Allgemeine Zeitung

JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.