Theater in Wiesbaden: Die Stadt führt Gespräche mit dem neuen Eigentümer über einen theatergerechten Umbau des Gebäudes. Der Arbeitskreis Stadtkultur setzt sich für den Erhalt des freien Theaters ein.
Das drohende Aus des freien Theaters "kuenstlerhaus43" sorgt weiter für Diskussionen in der Landeshauptstadt. Nach Recherchen der F.A.Z. wurden in der vergangenen Woche abermals Gespräche geführt, um die Zukunft des renommierten Theaters zu sichern. Wiesbadens Kämmerer und Kulturdezernent Hendrik Schmehl (SPD) sagte am Montag auf Nachfrage: "Wir sind dran und versuchen, schnellstmöglich eine Lösung zu finden." Laut Schmehl gibt es derzeit mehrere Alternativen, damit das Theater künftig dauerhaft über eine Spielstätte verfügen kann.
Unterdessen hat sich der Arbeitskreis Stadtkultur in einem dringenden Appell an den Magistrat sowie die Stadtverordnetenversammlung in Wiesbaden gewandt. Er fordert den Erhalt des freien Theaters "kuenstlerhaus 43". Damit reagiert der Arbeitskreis, ein Zusammenschluss von mehr als 40 freien Kulturträgern, -initiativen und -vereinen, auf den Verkauf des Stammhauses in der Oberen Webergasse 43 an einen privaten Investor. Trotz eines Magistratsbeschlusses von 2021 war es der Stadt nicht gelungen, mit dem früheren Eigentümer einen Erbpacht-Vertrag für das Gebäude abzuschließen. Als der Eigentümer Ende 2023 verstarb, trat eine Erbengemeinschaft an seine Stelle und verhandelte mit der Stadt über das Haus. Nachdem die Verhandlungen aufgrund unterschiedlicher Preisvorstellungen gescheitert waren, verkauften die Erben ihr Haus an einen privaten Unternehmer. Zu diesem Zeitpunkt hatte sich die Stadt die Planungen für die Sanierung und den Umbau des Gebäudes bereits fast 380.000 Euro kosten lassen. Ein Bauantrag war schon eingereicht worden, wurde aber zurückgezogen, als klar war, dass es nicht mehr zu einer Einigung mit den Erben kommen würde.
Derzeit spielt das Theater im Palasthotel am Kranzplatz, aber auch die Zukunft dieser Interimsspielstätte ist nach Auskunft des Arbeitskreises ungewiss. In der Tat soll das Palasthotel saniert werden, und der Pachtvertrag mit den Theaterleuten läuft Ende 2025 aus. "Was danach ist, ist unklar", moniert der Arbeitskreis und schreibt weiter: "Es bleibt also nur ein kurzer Zeitraum, um zu klären, wie es mit dem kuenstlerhaus43 weitergeht." Um die professionelle Weiterführung des Betriebes zu gewährleisten, müsse bis Ende des Jahres eine Entscheidung fallen.
Langfristiger Mietvertrag geplant
"Alle in Wiesbaden, die sich mit Räumen für Kunst und Kultur beschäftigen, wissen, dass es außer dem Haus Obere Webergasse 43 und den Räumen im Palasthotel keine Räume in Wiesbaden gibt, die für dieses freie Theater geeignet wären", heißt es in dem Appell. Für beide Gebäude seien Lösungen im Gespräch, so könnte das Stammhaus in der Oberen Webergasse durch den neuen Eigentümer umgebaut und an die Stadt vermietet werden oder das Palasthotel bliebe der Spielort für das Theater. Der Arbeitskreis gibt zu bedenken, dass das "kuenstlerhaus 43" seit 2005 existiert und jährlich rund 8000 Besucher anziehe. "Es ist eine von vielen geliebte Bühne mit eigenem Profil, die selbst produziert und auch soziokulturell durch ihre Angebote in die Stadt hineinwirkt", schreibt der Arbeitskreis.
Der neue Eigentümer soll weiterhin bereit sein, anstelle der früher geplanten Wohnungen das Gebäude theatergerecht umzubauen und dann an die Stadt zu vermieten. Um dies zu realisieren, ist eine abgespeckte Version des ursprünglich mit bis zu 7,8 Millionen Euro veranschlagten Umbaus im Gespräch. Dieser Umbau könnte dann nur noch rund 2,5 Millionen Euro kosten und damit die zu zahlende Pacht für die Stadt verringern. Der Unternehmer möchte offenbar einen langfristigen Mietvertrag über einen Zeitraum von 20 bis 30 Jahren abschließen. In etwa anderthalb Jahren könnte das Gebäude umgebaut sein, kolportieren Immobilien-Experten.
Am kommenden Dienstag tagt der Kulturbeirat, und dort soll es weitere Informationen geben, wie eine Lösung für das "kuenstlerhaus43" aussehen könnte. Kämmerer Schmehl warnte aber auch vor überzogenen Hoffnungen und erläuterte, dass es eher unwahrscheinlich sei, dass die Politik noch in diesem Jahr mit einer konkreten Vorlage über ihre Handlungsmöglichkeiten informiert werde. Der Kulturdezernent geht jedoch davon aus, dass bis Ende des Jahres zumindest eine Grundsatzentscheidung getroffen werden könne. © Frankfurter Allgemeine Zeitung
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