Gegen RS-Virus: Die Infektion mit dem RS-Virus ist für Erwachsene harmlos, für Säuglinge kann sie lebensgefährlich sein. Seit Herbst ist eine neue Impfung für Kleinkinder zugelassen. Doch es braucht Überzeugungsarbeit.
Im Winter wird es sich wieder ausbreiten: RSV, das respiratorische Synzytial-Virus. Der Erreger von Atemwegsinfektionen hat vor zwei Jahren traurige Berühmtheit erlangt, weil er viele Klein-kinder krank machte, die nach den abgeschotteten Corona-Jahren erstmals mit dem Virus in Kontakt kamen. Die Stationen waren voll, im Klinikum Höchst mussten 50 Kinder, darunter Babys, stationär aufgenommen werden, erinnert sich Chefarzt Christopher Meudt.
Die Gefahren, die das RS-Virus für Kleinkinder, aber auch Hochbetagte mit sich bringen kann, sind seither noch stärker in den Fokus der Medizin geraten. Seit Herbst ist eine Prophylaxe für die Kleinsten zugelassen, die vor schweren Verläufen schützen kann. Dabei werden Antikörper gespritzt, die dem Körper sofort zum Schutz zur Verfügung stehen, er muss nicht selbst Abwehrzellen bilden. Die Wirkung hält etwa sechs Monate an. Das Robert-Koch-Institut hat dazu eine neue Impfempfehlung herausgegeben: Alle Kinder, die außerhalb der RSV-Saison zwischen April und September geboren werden, sollen im Oktober und November in Kinderarztpraxen geimpft werden. Bei Geburten in den übrigen Monaten empfiehlt die Ständige Impfkommission die Prophylaxe bereits wenige Tage nach der Geburt, sogar schon in der Entbindungsklinik.
In Spanien konnten die meisten Klinikeinweisungen verhindert werden
Christopher Meudt, der im Varisano Klinikum Höchst die Klinik für Kinder- und Jugendmedizin leitet, muss Aufklärungsarbeit leisten, weil viele Eltern noch nichts von dieser Impfung gehört haben. Aber weit mehr als die Hälfte von ihnen lasse sich überzeugen, dass der kleine Piks notwendigen Schutz vor einer Infektion gewährleistet, die nur für Erwachsene harmlos ist. Die Klinik setzt auf Information und berät dazu schon in den Geburtsvorbereitungskursen – seit der neue Wirkstoff Anfang Herbst zugelassen wurde. Im Januar und Februar, wenn die Infektionswelle des RS-Virus voraussichtlich ihren Höhepunkt erreichen wird, können dann die meisten Babys bereits geschützt sein.
In Spanien wurde der Wirkstoff Nirsevimab, hier unter dem Handelsname Beyfortus bekannt, bereits im vergangenen Jahr zugelassen. Dadurch habe man eine noch breitere Studienlage, wie verträglich und gut wirksam das Mittel ist, sagt Meudt. Dort konnten 80 Prozent der Hospitalisierungen von Kleinkindern im Vergleich zum Vorjahr vermieden werden. Die Impfung werde von den kleinen Patienten sehr gut vertragen, sagt der Kinderarzt, allenfalls sei eine kleine Rötung an der Einstichstelle sichtbar.
Für die meisten Erwachsenen ist das RS-Virus harmlos
Eine Infektion mit dem RS-Virus gleicht normalerweise einer Erkältung – so erleben sie auch die meisten Erwachsenen, ohne zu wissen, mit welchem Erreger sie sich gerade herumschlagen. Bei Kleinkindern, deren Immunsystem noch nicht stark genug ist, kann der Infekt auf die Lunge schlagen, erst als Bronchitis, dann ausgeweitet auf die kleinen Lungenverästelungen, als Bronchiolitis, erklärt Meudt. Das Kleinkind bekommt dann nur noch schwer Luft, "die Organe werden nicht mehr ausreichend mit Sauerstoff versorgt, und trinken ist dann für Babys so anstrengend wie joggen für uns", beschreibt der Kinderarzt den Zustand. Dann sei nur noch Linderung der Symptome möglich, aber keine Therapie. In einigen Fälle muss dann sogar eine Magensonde gelegt werden. Typisch sei ein Verlauf der Krankheit in Wellen, meist tritt am fünften Tag eine Verschlechterung ein.
Das tückische respiratorische Synzytial-Virus kann jedoch nicht nur für Babys, sondern auch für Senioren mit Vorerkrankungen eine Gefahr darstellen. Seit dem Herbst empfiehlt die Ständige Impfkommission daher allen, die älter als 75 Jahre sind, einen zusätzlichen Schutz gegen das RSV. Für sie ist jedoch keine Prophylaxe mit Beyfortus vorgesehen, sondern eine aktive Impfung, bei der der Organismus selbst Antikörper produzieren muss. Zugelassen sind dafür zwei proteinbasierte Impfstoffe namens Abrysvo und Arexvy, die für Patienten von 60 Jahren an zugelassen sind. Ende August wurde ein weiterer, ein mRNA-Impfstoff (mResvia von Moderna), von der EU zugelassen. Bisher ist diese Impfung nur einmal geplant. © Frankfurter Allgemeine Zeitung
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