Vorlesungsbeginn: Rund 540 Anfänger beginnen in diesen Tagen mit dem Studium der Rechtswissenschaft an der Goethe-Universität Frankfurt.

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Ihre Mentoren stimmen sie auf eine harte Zeit vor dem Staatsexamen ein. Aber es gibt etwas, das ihnen Hoffnung macht.

Ich bin gespannt, was für Leute hier so sind", sagt Marie Droscha und schaut sich im Hörsaal um. Vor ein paar Monaten hat die 19 Jahre alte Kelkheimerin noch in einem Klassenzimmer gesessen, nun beginnt sie ein Jurastudium an der Goethe-Universität in Frankfurt. In der Woche vor Beginn der Vorlesungen ist sie zur Begrüßungsveranstaltung des Fachbereichs gekommen.

Droscha sagt, es sei schon immer ihr Plan gewesen, Rechtswissenschaft zu studieren. Nur eines hat sie immer wieder verunsichert: "Es ist natürlich schon hart, dass man nach zu vielen Fehlversuchen im Staatsexamen komplett ohne Abschluss dasteht." Jurastudenten haben zwei oder – bei schnellem Studium – drei Anläufe, um das erste Staatsexamen zu bestehen.

Ihre Bedenken überwand Droscha nach Gesprächen mit den Eltern, die beide Juristen sind. "Ich hab total Lust, Inhalte zu lernen, mit denen ich später im Leben etwas anfangen kann", sagt sie. In der Schule hingegen lerne man alles Mögliche, darunter auch Dinge, die nicht besonders interessant seien.

"Die ersten Semester sind wirklich in Ordnung"

Droscha sitzt mit zwei Freunden in der letzten Reihe des Hörsaals. Langsam kehrt dort Ruhe ein, und die Erstsemesterbegrüßung beginnt. "Das ist jetzt eine sehr aufregende und herausfordernde Zeit", sagt Fachbereichs-Geschäftsführerin Susanne Pelster. Für die 540 Anfänger sei die Einführungswoche sehr wichtig. "Ihnen wird in den nächsten Tagen alles vermittelt, was Sie über den Studiengang wissen sollten." Wer unsicher über seinen weiteren Weg oder das Studium selbst sei, könne jederzeit die Studienberatung aufsuchen. "Ich wünsche Ihnen einen guten Start und freue mich, dass Sie hier sind", sagt Pelster zum Schluss.

Nach Nummern sortiert folgen die Studienanfänger in Gruppen ihren Mentoren, die selbst noch Studenten sind, über den Campus. Einige ermutigen sich gegenseitig: "1000 andere haben es schon geschafft, dann schaffen wir es auch", sagt eine Anfängerin zu ihrer Begleiterin.

In einem kleinen Raum findet sich die Gruppe von Eloise Knaf zusammen. "Viele sagen immer, Jura sei so hart. Aber die ersten Semester sind wirklich in Ordnung. Ihr werdet auf jeden Fall am Wochenende weggehen und in den Urlaub fahren können", sagt die Mentorin gleich zu Beginn. In den Gesichtern der Studenten ist Erleichterung zu erkennen.

Vorbereitungen für das Staatsexamen sind besonders hart

Schnell kommt die Rede auf Abschlüsse und Prüfungen. "Wie ist das mit dem Bachelor of Laws, weißt du da mehr drüber?", fragt einer die Mentorin. Das Land Hessen hat in Abstimmung mit den Universitäten beschlossen, Jurastudenten, die alle Voraussetzungen für die Anmeldung zum ersten Staatsexamen erfüllen, künftig automatisch den Bachelorgrad zu verleihen.

Schon in einem Jahr könnte die Regelung in Kraft sein. "Für euch ist das sehr relevant", sagt Knaf. "Ich bin sehr sicher, dass der Bachelor of Laws kommen wird."

Die Mentorin empfiehlt den neuen Studenten, in den ersten Semestern nicht zu viele Leistungsnachweise aufzuschieben. "Leute, tut mir den Gefallen und schreibt im ersten Semester Strafrecht. Das ist die einfachste Klausur." Am Schuldrecht wiederum sollten die Studenten immer dranbleiben. "Wenn ihr das könnt, dann könnt ihr auch alles andere", sagt Knaf. Für Strafrecht interessiert sich Marie Droscha sehr. "Ich glaube, das ist wahrscheinlich noch mit am verständlichsten."

Knaf erklärt die Bestandteile des Studiums mit allen kleinen und großen Scheinen, von der Zwischenprüfung bis hin zum ersten und zweiten Staatsexamen. Was man sich beim Zuhören denkt, spricht sie schließlich aus: "Jura hat einfach keine Semesterferien, Punkt."

Zusammenhänge lernen und verstehen

Nach Ansicht der Mentorin sollten sich die neuen Studenten aber keinen zu großen Druck machen, immer alles bestehen zu müssen, da früher oder später jeder mal "auf die Schnauze" falle. "Ich kenne niemanden, der noch nicht durch eine Prüfung gefallen ist." Die Vorbereitung auf das Staatsexamen sei besonders hart. "Es ist ein Jahr einfach extrem viel und extrem anstrengend." Anfängerin Droscha gibt sich gefasst. "Mit dem Druck haben wir alle gerechnet, schätze ich mal."

Während die Studentin in ihrer Mentorengruppe den Stundenplan für das erste Semester aufstellt, bereitet sich die Jura-Fachschaft auf die Begrüßung der Neulinge vor. Schon im Treppenhaus des Gebäudes der Rechts- und Wirtschaftswissenschaften ist Musik zu hören. Im Fachschaftsraum laufen Studenten an einem großen Tisch hin und her. Auf ihm liegen Broschüren, Sticker und Blöcke, daneben stehen Energydrinks. Hier werden gerade die "Ersti-Tüten" gepackt.

Auch Leoni Mannchen hilft dabei. Die 22 Jahre alte Jurastudentin im siebten Semester engagiert sich schon länger in der Fachschaft. Sie sagt, anfangs habe sie sich das Jurastudium anders vorgestellt. "Ich dachte, man muss viel auswendig lernen, aber es ist viel wichtiger, Zusammenhänge zu sehen und zu verstehen."

Bachelor of Laws könnte Studenten entlasten

Geradezu "Hass" empfindet die gebürtige Schwedin, wenn sie an die begrenzte Zahl von Versuchen für das Staatsexamen denkt. "Es ist so ein unnötiger Stress, der uns Studenten damit gemacht wird. Man schneidet damit gute potentielle Anwälte von der Gesellschaft ab, nur weil man sie so unter Druck setzt."

Ein integrierter Bachelor gäbe den Studenten von Anfang an eine Perspektive, meint sie. "Damit würde rein psychisch schon Druck von einem abfallen." Mannchen empfiehlt allen Erstsemestern, das Jurastudium ernst zu nehmen, aber trotzdem die "wunderbare Zeit" zu genießen, die es mit sich bringe.

Zwei Tage nach Beginn der Einführungswoche holt sich Marie Droscha bei der Fachschaft ihre "Ersti-Tüte" ab. "Ich habe gestern beim Feiern echt nette Leute kennengelernt", sagt sie. Anfangs habe sie befürchtet, keine neuen Bekanntschaften zu machen, da sie "eigentlich etwas introvertierter" sei. Diese Sorgen hätten sich aber erledigt – zum Freizeitteil des Mentorenprogramms gehörte auch ein Besuch im Frankfurter "Velvet Club".

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Droscha sagt, sie sei froh, dank der vielen Informationen aus der Einführungswoche zum Studienbeginn nicht so "ins kalte Wasser springen" zu müssen. Ein wenig Bedenken wegen des Staatsexamens hat sie noch immer. Aber die Aussicht auf den Bachelor, sagt sie, nehme ihr ein wenig von dem Druck.  © Frankfurter Allgemeine Zeitung

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