Komödie Frankfurt: Wie es hinter der Bühne zugeht, wüsste man gerne: Mit unzähligen Kostümwechseln stemmt die Komödie Frankfurt bravourös das Musical "Der kleine Horrorladen".
Sonderlich gruselig geht es nicht zu in Mister Mushniks kleinem Blumenladen, der schon bessere Zeiten gesehen hat. Zusammen mit seinem schusseligen Angestellten Seymour Krelborn und der attraktiven Blondine Audrey wartet Mishnik vergeblich auf Kundschaft, während die schönen Schnittblumen vor sich hin welken. Weit und breit kein Horror, die ganz normale Tristesse des Einzelhandels.
Die Rettung naht in Form einer kleinen unscheinbaren Pflanze, die eher hässlich in ihrem Blumentopf hockt. Seymour hat sie einem geheimnisvollen chinesischen Straßenhändler abgekauft und bemüht sich vergeblich, das verstockte Grünzeug zum Wachsen zu bewegen. Als er sich versehentlich in den Finger schneidet, kommt auf einmal Leben in das Blattwerk, und Seymour wird klar: Mit Blut muss er das Pflänzchen nähren. Bald sind nicht nur seine Finger mit Pflastern übersät, sondern der Laden ist auch voller Kundschaft, die das faszinierende und täglich üppiger werdende Gewächs bestaunt und nebenbei mal eben teure Sträuße kauft. Aus dem verklemmten Gärtner-Nerd Seymour wird ein Star, Zeitungen und Radiosender reißen sich um Interviews. Dabei wird Audrey 2, wie er sie nach seiner angeschmachteten Kollegin genannt hat, jeden Tag ein wenig größer und blutrünstiger. Langsam schleicht sich der Horror in die Idylle. Auf der Bühne der Komödie in Frankfurt hält man sich brav ans Original, und das bedeutet: Kein Mensch überlebt, wenn Audrey 2 Hunger hat.
Stück basiert auf "trashigem" B-Movie
Das Musical "Little Shop of Horrors" beruht auf einem B-Movie aus den frühen Sechzigerjahren und ist genau deswegen an abstruser Trashigkeit kaum zu überbieten. Aber genau dies macht seinen Charme aus, weswegen das von Alan Menken (Musik) und Howard Ashman (Text) geschaffene und 1982 in New York uraufgeführte Werk bis heute zu den beliebtesten Musicals auf deutschen Bühnen zählt. Seinen Erfolg verdankt es sicher auch der überaus erfolgreichen Verfilmung von Frank Oz, in der Billy Murray, Steve Martin und James Belushi in Nebenrollen brillierten. Im Gegensatz zum Musical endet der Film mit einem Happy End. Hier bekommt Seymour seine Audrey und lebt mit ihr in einem Haus mit Garten und gewissen Pflanzen.
In Iris Limbarths Inszenierung und Choreographie von "Der kleine Horrorladen" plumpst einer nach dem anderen in den gefräßigen Schlund der beinahe die Hälfte der kleinen Bühne einnehmenden Pflanze. Zunächst ist es der eher versehentlich zu Tode gekommene brutale Freund Orin (Louis Dietrich) von Audrey (Nina Links), der von Seymour (Peter Lewys Preston) in appetitliche Häppchen zerlegt und verfüttert wird, dann schubst Seymour aber sehr aktiv auch Mr. Mushnik (Guido Kleineidam) in den grünen Rachen, um seine Taten zu vertuschen und mit seiner geliebten Audrey zusammen zu sein. Dass diese dann selbst der ausschließlich Menschenfleisch goutierenden Audrey 2 zum Opfer fällt, ist makabre Ironie, und dass Seymour hinterherstürzt und sich opfert, nur folgerichtig.
Zwei Stunden echtes Entertainment
Man wäre gerne Mäuschen hinter der Bühne im Frankfurter Boulevard-Theater der Komödie. Denn nahezu alle Darsteller spielen mehrere Rollen, schlüpfen im Handumdrehen in immer neue Kostüme. Die drei tanzenden Sängerinnen Crystal, Chiffon und Ronette (Melodi Yurtsever, Rosa Abruscato, Victoria Pfitzner) bringen mal als Straßengören, mal im Glitzerkleid fetzigen Motown-Sound auf die Bühne, und Michael E. Dixon, der das ganze Stück über der Pflanze seine soulige Bassstimme verleiht, bekommt zum Schlussapplaus noch eine Extra-Solonummer spendiert.
Man kann nur staunen, wie es das kleine Team der Komödie schafft, nach langer Zeit endlich mal wieder ein Musical auf die Beine zu stellen und mit vielen ebenso einfachen wie wirkungsvollen Mitteln zwei Stunden lang echtes Entertainment zu bieten. Dazu trägt entscheidend die kleine Band mit Percussion, Gitarre, Bass und Piano bei (Musikalische Leitung Frank Bangert und Ulrich Bareiss), die versteckt hinter dem Bühnenbild (Britta Lammers) agiert. Es wird auf hohem Niveau gesungen und getanzt. So wird aus dem ganzen Abend ein fröhliches, trashiges Fest.
Der kleine Horrorladen, Komödie Frankfurt, Neue Mainzer Straße 14, bis 9. Februar in teilweise alternierenden Besetzungen. © Frankfurter Allgemeine Zeitung
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