Keine Lösung in Sicht: Ein privater Unternehmer wollte ein marodes städtisches Gebäude in Frankfurt durch eine Neubau ersetzen. Das lehnten die Stadtverordneten ab. Seit Jahren passiert nichts.

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Das Haus an der Stiftstraße, ganz in der Nähe des Eschenheimer Turms, sieht nicht gut aus: Die beigefarbene Fassade ist notdürftig geflickt, im Erdgeschoss stehen zwei der fünf Läden leer, und in den oberen drei Geschossen sind augenscheinlich nur wenige Wohnungen bewohnt. Dass die städtische Immobilie überhaupt noch genutzt wird, überrascht.

Denn schon im vergangenen Jahr stellte der Magistrat fest, dass der Bauzustand zu schlecht ist, um dort Flüchtlinge unterzubringen, wie es sich die Koalition aus Grünen, SPD, FDP und Volt gewünscht hatte. Es gebe einen erheblichen Sanierungsstau. Mehr als 200.000 Euro hätten investiert werden müssen – nur um vier leer stehende Wohnungen für acht bis zehn Jahre nutzbar zu machen. Das war unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten nicht zu vertreten.

Längst könnte an dieser Stelle ein sechs- bis siebengeschossiger Neubau stehen. Der Frankfurter Immobilienunternehmer Andrzej Lyson wollte die Liegenschaft auf Basis eines Erbbaurechts übernehmen. Wohnungen sollten dort entstehen, 30 Prozent davon gefördert, ein Teil für behinderte Menschen. Im Erdgeschoss war eine kulturelle Nutzung vorgesehen. Der Magistrat stimmte der Vergabe im Dezember 2021 zu.

Beschluss zur Stiftstraße ist zweieinhalb Jahre her

Doch die Stadtverordneten wiesen die Vorlage im März 2022 zurück und forderten eine Vergabe nach einem sogenannten Konzeptverfahren. Das bedeutet, das Grundstück soll nicht ausschließlich nach wirtschaftlichen Kriterien vergeben werden, sondern an den Bieter, dessen Konzept den größten Nutzen für die Allgemeinheit verspricht.

Dieses Verfahren wurde zum Beispiel vor acht Jahren bei der Vergabe der ehemaligen Gaststätte "Paradieshof" in Alt-Sachsenhausen angewandt. Der gewünschte Erfolg trat nicht ein, nach mehreren Jahren hat die Stadt die Verhandlungen mit dem ausgewählten Bieter eingestellt, das Gebäude steht immer noch leer.

Der Beschluss des Stadtparlaments zum Haus Stiftstraße ist jetzt zweieinhalb Jahre her, ohne dass etwas passiert ist. Der CDU-Stadtverordnete Thomas Dürbeck erkundigte sich deshalb kürzlich in der Fragestunde des Stadtparlaments nach dem Sachstand.

Keine Auskunft über die Anzahl ungenutzter Liegenschaften

Baudezernentin Sylvia Weber (SPD) teilte ihm schriftlich mit, dass zunächst das grundsätzliche Vorgehen bei Konzeptvergaben geklärt werden müsse. Dazu befinde man sich in der "finalen Phase der Ämterabstimmung". Eine Beschlussvorlage werde den Magistrat "demnächst erreichen". Erst nach diesem grundsätzlichen Beschluss könnten die größeren Konzeptvergaben auf den Weg gebracht werden. Einen Zeitplan dafür nennt Weber nicht.

Dürbeck, angesprochen auf diese Antwort, zeigt sich fassungslos. "Das ist doch absurd", sagt er. "Da wird erst ein Konzept erstellt, um eine Konzeptvergabe zu machen." Ein Ergebnis sei nicht zu erkennen. Das gelte nicht nur für das Haus Stiftstraße 32, sondern auch für andere städtische Immobilien wie die seit sechs Jahren geschlossene Gaststätte "Steinernes Haus" an der Braubachstraße.

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Wie viele städtische Liegenschaften ungenutzt seien, wolle der Magistrat aber nicht veröffentlichen, so Dürbeck. Der von der CDU vor einem Jahr beantragte regelmäßige Leerstandsbericht wurde mit den Stimmen der Koalition abgelehnt.  © Frankfurter Allgemeine Zeitung

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